Chlor 17Cl | ||||||
engl. Chlorine; griech. chlorós („gelbgrün“) | ||||||
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Physikalisch-chemische Eigenschaften | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Chlor
ist ein toxisches, stark stechend riechendes, in höherer Konzentration gelbgrün erscheinendes Gas. Beim Arbeiten mit Chlor ist besondere Vorsicht geboten, da das Chlor immer nach unten fließt: Die Dichte ist 2,5 Mal höher als Luft. Chlor besteht aus zweiatomigen Cl2-Molekülen.
Chlor wirkt nicht nur auf den Menschen
toxisch, es tötet
auch Mikroorganismen wie Schimmelpilze, Algen oder Bakterien ab. Chlor wirkt bleichend: Viele
Farbstoffe werden durch Chlor zerstört. Beim Abkühlen unter −34,06 °C lässt sich Chlor zu einer gelben Flüssigkeit verflüssigen, unterhalb −101,5 °C erstarrt flüssiges Chlor zu gelben Kristallen.
Chlor ist nach Fluor eines der reaktivsten Elemente, es reagiert bei Zimmertemperatur mit den meisten Elementen in exothermer Reaktion. In Verbindung mit Feuchtigkeit hat Chlor eine stark korrodierende Wirkung auf alle Metalle. Mit allen Alkalimetallen und Erdalkalimetallen erfolgt eine heftige Reaktion. Mit Natrium bildet sich unter heller, gelblicher Lichterscheinung Natriumchlorid, mit Eisen entsteht Eisenchlorid. 2 Na + Cl2 2 NaCl ΔHR = −822 kJ/mol 2 Fe + 3 Cl2 2 FeCl3 ΔHR = −800 kJ/mol
Hält man eine brennende Kerze in Chlor, brennt sie unter starker Rußbildung weiter, da das Chlor den
verbrennenden Kohlenwasserstoff
in der Kerze zu Kohlenstoff reduziert, gleichzeitig entsteht Chlorwasserstoff. Phosphor, Bor und Silicium entzünden
sich in Chlorgas von selbst. Dies gilt auch für einige andere Metalle
in fein verteiltem Zustand wie Kupfer und Zinn oder Halbmetalle wie Antimon, Arsen und Selen. Selbst die Edelmetalle Platin, Gold und Silber bilden
nach Erwärmen mit Chlor die entsprechenden Chloride. Ein Wasserstoff-Chlor-Gemisch
im Verhältnis 1 zu 1 wird als Chlorknallgas bezeichnet, da es unter Lichteinwirkung
heftig detoniert. Als Reaktionsprodukt entsteht dabei in einer stark exothermen
Reaktion Chlorwasserstoff:
H2 + Cl2 2 HCl ΔHR = −184 kJ/mol
Chlorwasserstoff bildet mit Wasser die im Labor häufig benutzte Salzsäure.
Neben der Salzsäure existieren noch vier
Chlorsauerstoffsäuren wie die Hypochlorige Säure HClO, die
Chlorige Säure HClO2, die Chlorsäure HClO3 und die Perchlorsäure HClO4. Die Perchlorsäure wird in der Industrie aus ihrem Salz, dem Kaliumperchlorat und aus konzentrierter Schwefelsäure hergestellt.
Es sind mindestens elf Chloroxide bekannt, wobei einige nur als Radikale in der Natur vorkommen. Zu den Chloroxiden zählen zum Beispiel Dichloroxid Cl2O, Chlormonooxid ClO, Chlordioxid ClO2, Dichlordioxid Cl2O2, Dichlorhexoxid Cl2O6 oder Dichlorheptoxid Cl2O7. Chlordioxid ist ein orangefarbenes, toxisches Gas, das mit Luft explosive Gemische bilden kann oder bei Erwärmung explodiert und zu Chlor und Sauerstoff zerfällt. Chlormonooxid und Chlordioxid bilden sich in der Stratosphäre als Radikale mit Hilfe der vom Menschen freigesetzten FCKWs. Sie sind maßgeblich an der Zerstörung der Ozonschicht beteiligt.
Ein Liter Wasser löst bei 20 °C etwa 2,3 Liter Chlorgas. Die 0,5%-ige Lösung von Chlor
in Wasser nennt man Chlorwasser.
Bei der Reaktion von Chlor mit Wasser entstehen wenig Chlorwasserstoff und Hypochlorige Säure HOCl. Das Gleichgewicht liegt stark auf der linken Seite:
Cl2 + H2O HCl + HOCl Chlorwasser muss in braunen Flaschen aufbewahrt werden, da die in der Lösung vorhandene Hypochlorige Säure unter dem Einfluss von Sonnenlicht in Salzsäure und Sauerstoff zerfällt. Das in Haushaltsreinigern verwendete Javelwasser enthält Salze der Hypochlorigen Säure. Diese ist ein noch stärkeres Oxidationsmittel als Chlor. Im basischen Bereich ist Javelwasser stabil. Sobald aber zum Javelwasser eine Säure gegeben wird, entsteht Chlor, weil sich das chemische Gleichgewicht entsprechend verschiebt.
Der einfache Nachweis von Chlor im Labor erfolgt mit Kaliumiodid-Stärke-Papier. Dieses färbt sich beim Vorhandensein von Chlor blauviolett, wenn es vorher angefeuchtet wurde. Das Chlor reagiert dabei mit dem Kaliumiodid zu Kaliumchlorid und Iod, das mit der vorhandenen Stärke den violetten Polyiodidstärke-Komplex bildet: 2 KI + Cl2 2 KCl + I2 Chlor ist nach dem Normalpotenzial ein stärkeres Oxidationsmittel als Sauerstoff. Allerdings wird es in dieser Wirkung zum Beispiel vom Wasserstoffperoxid, vom Ozon oder vom Fluor noch übertroffen. Wasserstoffperoxid wirkt als Oxidationsmittel aus diesem Grund sogar noch besser gegen Schimmel, Bakterien und Gerüche als Chlor. Es wird empfohlen, in Haushaltsreiniger keine Reiniger wie Javelwasser einzusetzen, das ja durch Erwärmung und Zerfall oder durch eine Reaktion mit Säuren toxisches Chlor freisetzen kann.
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Physiologie – Toxikologie | |||
Chlorid-Ionen Cl− sind im menschlichen Körper im
Kochsalz enthalten. Zusammen mit den Natrium-Ionen regulieren sie den Wasserhaushalt
im Körper. Die verdünnte Salzsäure im Magen besitzt eine
Konzentration von 0,1 bis 0,5 Prozent, auch dort finden sich die Chlorid-Ionen.
Das Bioelement wird über das Speisesalz aufgenommen.
Während Chlorid-Ionen für den menschlichen Körper lebensnotwendig
sind, zerstört Chlorgas leicht tierisches und pflanzliches
Gewebe. Die Geruchsschwelle liegt etwa bei 0,05 bis 0,2 ppm. Ab 0,5 ppm
beginnt eine Reizwirkung im Atemtrakt, ab 1 ppm tritt eine Verminderung
der Lungenfunktion auf, die Augen werden gereizt. Asthmatiker reagieren
generell empfindlicher. Bei der Einatmung von 500 ppm über wenige
Minuten wirkt das Gas tödlich. [Lit u.a. 87 EURAReport: Chlorine] Chlorgas-Spuren werden im oberen Atemtrakt abgefangen, da das Gas wasserlöslich ist. Dabei entstehen Salzsäure und Hypochlorige Säure, die beide aber die Schleimhäute angreifen. Mit zunehmender Konzentration und Dauer beim Einatmen gelangt Chlorgas auch in die Lungen. Eine Vergiftung beginnt mit schwerem, lang anhaltendem Husten. Die Membranen und das Muskelgewebe der Lunge werden geschädigt. Ein lebensbedrohliches Lungenödem kann entstehen. Bei höheren Konzentrationen bilden sich auch Blutungen im Magen-Darm-Bereich, sowie Gewebeschädigungen im Bereich der Luftröhre und in den Bronchien. Die chronische Wirkung begünstigt Bronchialerkrankungen. Bei einer dauerhaften Belastung treten Magenschleimhautentzündungen, Nervenschäden oder Kreislaufbeschwerden auf. Bei Personen, die häufig in einer Chloratmosphäre arbeiten – beispielsweise in Bädern – besteht die Gefahr von allergischen Reaktionen. Wenn das im Wasser vorhandene Chlor mit dem Harnstoff aus dem Urin oder mit stickstoffhaltigen Verbindungen aus dem Hautschweiß reagiert, entstehen Chloramine. Diese führen zu den roten, entzündeten Augen, und sie erzeugen den typischen Schwimmbadgeruch. Sie stehen im Verdacht, bei Kleinkindern Asthma und allergische Erkrankungen auszulösen. Chlorgas kann aber auch direkt über die Haut aufgenommen werden. Beim Baden in chlorhaltigem Wasser können Entzündungen an der Bindehaut oder der Hornhaut auftreten. Bei der Chlorakne reagieren bestimmte Menschen besonders empfindlich auf Chlor. Es entstehen Knötchen und Blasen, verbunden mit einem Brennen und Stechen. Beim Arbeiten in einer chlorhaltigen Atmosphäre kann die „Perna-Krankheit“ entstehen: Unter starkem Juckreiz entzünden sich die Talgdrüsen unter der Haut. Mit Chlor gebleichte Faserstoffe (Papiertaschentücher oder Toilettenpapier) enthalten Rückstände, die Krebs erzeugen können. Schon beim Bleichen selbst werden umweltbelastende Gifte erzeugt. Außerdem setzen sie nach der Entsorgung auf Mülldeponien wieder schädliche Stoffe frei. Daher sollten chlorgebleichte Produkte gemieden werden. |
Vorkommen | |||
Häufigkeit häufig
In der Elementhäufigkeit steht Chlor mit etwa 0,2 Prozent Anteil an der Erdhülle an 11. Stelle. Aufgrund seiner Reaktionsfreudigkeit kommt Chlor in der Natur im elementaren Zustand kaum vor. In Spuren findet man Chlor in Vulkangasen. Chlor-Atome sind in chemisch gebundener Form in den Salzen der Salzlagerstätten oder im Meerwasser in großen Mengen vorhanden. Aus den Mineralien Halit oder Sylvin lässt sich Chlor durch eine Schmelzflusselektrolyse gewinnen. Der Chlorargyrit wird zur Chlorherstellung nicht verwendet, er ist stattdessen ein bedeutendes Silbererz.
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Geschichte | |||
Der schwedische Chemiker Carl
Wilhelm Scheele (1742–1786) tropfte um 1774 Salzsäure auf Mangandioxid und erhielt dabei ein stark stechend riechendes Gas. Scheele hielt das
Produkt für eine chemische Verbindung und nannte es
„dephlogistierte
Salzsäure“. Er beschrieb auch die Bleichwirkung des
Gases. Ab 1792 wurde in Javelle bei Paris (heute Javel) das Bleichmittel Kaliumhypochlorit durch Einleiten des Gases in eine Pottasche-Lösung in einem industriellen Verfahren hergestellt. Die dabei entstehende Bleichlauge nannte man Eau de Javelle. Dies war danach lange
Zeit die wichtigste Verwendung für das Gas.
Erst im Jahr 1810 erkannte Sir Humphry Davy (1778–1829) das Chlor als Element und nannte es Chlorine nach dem griechischen Wort chlorós („gelbgrün“). Michael
Faraday (1791–1867) verflüssigte 1823 als erster Forscher Chlorgas.
Von 1886 bis 1890 entwickelte die Firma Matthes & Weber in Duisburg
ein industrielles Verfahren zur elektrolytischen Herstellung von Chlor
nach dem Diaphragmaverfahren.
1892 folgte in den USA und in Österreich das Amalgamverfahren.
Somit war es möglich, Chlor in großen Mengen zu produzieren.
Eine traurige Geschichte
schrieb das Gas bei seiner Verwendung als Kampfmittel im Ersten Weltkrieg.
Am 22. April 1915 öffneten die deutschen Truppen unter der Aufsicht
von Fritz Haber (1868–1934) tausende
Chlorgasflaschen, als der Wind in eine günstige Richtung wehte. Die
Stahlflaschen waren zuvor an vorderster Front im Boden vergraben worden.
Eine Wolke mit etwa 150 Tonnen Chlor wälzte sich auf einer Breite
von 6km über die Schützengräben der Franzosen. Nach einem
anfänglichen Kratzen in Nase und Kehle, folgten Husten und starke
Atembeschwerden. Die Soldaten spuckten Blut, bevor sie flüchten konnten
oder in ihren Schützengräben grauenvoll erstickten. Über
die Zahl der Verletzten und Vergifteten gab es widersprüchliche Angaben,
die Zahlen schwanken von nur wenigen bis zu mehreren tausend Opfern. Da
das Chlorgas nicht die gewünschte Wirkung zeigte, mischte man bei
späteren Angriffen Phosgen bei. |
Herstellung | |||
Im
Labor lässt sich Chlor durch das Zusammenwirken von konzentrierter Salzsäure und einem Oxidationsmittel
wie Braunstein oder Kaliumpermanganat herstellen. Die Sauerstoff-Atome des Oxidationsmittels wirken dabei prinzipiell
nach folgender Reaktion:
4 HCl + O2 2 H2O + 2 Cl2 In der chemischen Industrie gewinnt
man Chlor durch die Chlor-Alkali-Elektrolyse.
Hier besteht das Prinzip darin, eine wässrige
Natriumchlorid-Lösung zu elektrolysieren. Am Pluspol bildet sich
Chlor. Am Minuspol
zersetzt sich Wasser zu Wasserstoff und Hydroxid-Ionen, die
mit den Natrium-Ionen Natronlauge bilden.
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Verwendung | ||||||
Chlor
ist ein wichtiges Zwischenprodukt zur Herstellung zahlreicher anorganischer
und organischer Verbindungen. Dazu gehören Salzsäure,
sämtliche Chloride wie Eisenchlorid, Natriumchlorid oder Silberchlorid,
außerdem Chlorkalk, Chlormethan, Chlorbenzole, Phosgen, Polyvinylchlorid
(PVC), Chloroform, Tetrachlormethan, viele Insektizide und Zwischenprodukte
für Farbstoffe, sowie die ozonzerstörenden CFKW (Chlorfluorkohlenwasserstoffe)
als Treibgase für Sprays, in Feuerlöschern und in Kältemitteln.
Ferner dient Chlorgas in Schwimmbädern und im Trinkwasser zur Desinfektion
und wird zum Bleichen von Papier, Zellstoffen und Textilien verwendet.
Javelwasser (auch Eau
de Javelle) ist eine Lösung von Natriumhypochlorit oder Kaliumhypochlorit
in Wasser. Man erhält es durch das Vermischen von Chlorkalk mit Wasser
und einer nachfolgenden Zugabe von Natriumcarbonat (Soda). Eine andere
Möglichkeit wäre das Einleiten von Chlorgas in eine 10%ige Sodalösung.
Javelwasser ist ein altes Haushaltsmittel zum Bleichen, zum Entfernen
von Obst-, Wein- oder Tintenflecken, und es dient zur Desinfektion, da es
stark keimtötend wirkt. Da das Produkt giftiges
Chlorgas freisetzen kann, muss die fest verschlossene Flasche im Dunkeln und
in einem abgeschlossenen Schrank aufbewahrt werden. Beim Arbeiten ist für
eine ausreichende Lüftung zu sorgen. Schutzbrille und
Schutzhandschuhe müssen getragen werden. Vermischt eine Hausfrau oder ein Hausmann Javelwasser mit einem Sanitärreiniger, der zum Beispiel Salz-, Essig- oder Ameisensäure enthält, besteht akute Lebensgefahr, weil durch eine chemische Reaktion mit Säuren Chlor entsteht! Es wird empfohlen, auf Javelwasser im Haushalt zu verzichten und für hartnäckige Gerüche Reiniger auf der Basis von Peroxiden oder Percarbonaten zu verwenden. Sehr wirksam sind Tabs, die beim Lösen im Wasser Wasserstoffperoxid freisetzen.
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Experimente – Medien | |
Entwicklung
der Kampfstoffe unter Fritz Haber Demonstrationen mit Halogenen Digitale Folien zu den Halogenen Unfälle mit Halogenen |
Ausgewählte Chlorverbindungen | ||||||||||||||||||||||||||||||
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