Bor engl. Boron 5B | ||||||
nach dem Vorkommen im Borax und seiner Ähnlichkeit zu Kohlenstoff: bor(ax + carb)on | ||||||
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Physikalisch-chemische Eigenschaften | |||||||||
β-rhomboedrisches
Bor besitzt eine ungewöhnliche hohe Härte, es ist nach dem Kohlenstoff (Diamant) das zweithärteste aller Elemente. Das Element Bor hat sehr hohe Schmelz- und Siedetemperaturen, seine Dichte ist noch geringer als die von Kohlenstoff. Bei Zimmertemperatur ist die elektrische Leitfähigkeit von Bor gering, sie steigt aber beim Erwärmen stark an. Bei 600 °C ist sie hundertmal höher als bei Raumtemperatur.
Amorphes Bor bildet in reiner Form braune Brocken, die leicht zerbröseln. Kristallines Bor lässt sich durch Erhitzen des amorphen Bors auf 1400 °C im Vakuum herstellen [Lit 7]. Es kommen vier kristalline Modifikationen vor [Lit 4 und 5].
In diesen
sind die Bor-Atome in B12-Ikosaedern angeordnet:
Bor ist relativ unedel,
aber bei Zimmertemperatur nicht sehr reaktionsfähig. Kristallines
Bor lässt sich mit einem Brenner kaum entzünden. Beim amorphen Bor nimmt die Reaktionsfähigkeit
mit Zunahme der Temperatur stark zu. In Pulverform entzündet sich
an der Luft bei etwa 700 °C und verbrennt zu Bor(III)-oxid:
4 B + 3 O2 2 B2O3 ΔHR = −2548 kJ/mol Bei höheren Temperaturen
reagiert Bor mit Stickstoff, Chlor, Brom und Schwefel. Heiße, konzentrierte Salpetersäure oxidiert Bor leicht
zu Borsäure. In Gegenwart von
Luft entstehen mit alkalischen Schmelzen die entsprechenden Alkaliborate. Bei sehr hohen Temperaturen ist glühendes Bor ein hervorragendes Reduktionsmittel: Es kann dann Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid und sogar Siliciumdioxid reduzieren. Bor und seine Salze färben die Brennerflamme in der Flammprobe grün. Vermischt man Borsäure mit Methanol, bildet sich Borsäuretrimethylester, der die Flamme beim Verbrennen des Methanols grün färbt.
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Physiologie und Toxikologie |
Bestimmte
Borverbindungen sind vermutlich für die Bildung von Hormonen und für
den Stoffwechsel im Gehirn von Bedeutung. Außerdem spielen Bor-Ionen
beim Schutz von Zellen vor dem Eindringen unerwünschter Ionen eine
bedeutende Rolle. [Lit 16] Als Mangelerscheinung treten Störungen im Hormonhaushalt auf. Sojamehl,
Pflaumen, Rotwein, Rosinen und Nüsse enthalten besonders viel von
diesem Spurenelement.
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Vorkommen | ||||||||||||||||||
Häufigkeit weniger häufig
In der Natur kommt Bor nicht elementar vor. Zu den typischen Bormineralen werden der Boracit, der Ulexit oder der Kernit gezählt. Aber auch von der Borsäure (Mineralname Sassolin) und ihren Salzen wie Borax gibt es natürliche Vorkommen. Die natürlichen Boraxkristalle ähneln den Gipskristallen. Sie sind an der Luft wenig beständig und verwandeln sich meistens zu dem weißen Bormineral Tincalconit, das dann weiße Überzüge bildet. Die Borminerale wie der Kernit oder der Ulexit zur Erzgewinnung kommen teilweise in mächtigen Lagerstätten vor. Sie finden sich in der Türkei, in den USA (Kalifornien und Nevada), in den GUS-Staaten, in Argentinien, Chile, Italien (Toscana), China und Tibet. Ergiebige Borquellen stellen die boraxhaltigen Solen des Searles See in Kalifornien oder das borathaltige Wasser des Indersees in Kasachstan dar. Der Borax Lake in Kalifornien enthält pro Liter fast vier Gramm Borax. Am Boden des Sees befinden sich Unmengen an kristallisiertem Borax.
Die Minerale aus der Turmalin-Supergruppe enthalten Borsilicate mit unterschiedlicher Zusammensetzung der beteiligten Ionen. Sie kommen in einer großen Farben- und Formenvielfalt vor. Der schwarze Schörl, der Uvit und der mehrfarbige Elbait gelten zum Beispiel als eigenständige Minerale. Der grüne Verdelith und der blaue Indigolith sind dagegen Varietäten des Elbaits.
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Geschichte | |||
Das Mineral Borax ist seit der Antike bekannt. Der Alchemist Dschabir ibn Hayyan, der „Geber arabicus“, verwendete den Begriff im 8. Jahrhundert. Der Ursprung des Wortes liegt im persischen Wort burah, das für verschiedene Stoffe wie Pottasche, Salpeter oder für „borsaures“ Natron verwendet wurde. In Europa benötigte man Borax als Flussmittel beim Löten von Gold. Diese Verwendungsmöglichkeit wurde schon im 9. Jahrhundert in der Schrift Mappae Clavicula erwähnt. Avicenna bezeichnete den Borax in seinem Canon medicinae als Tinkal. Dieser Begriff geht auf das persische Wort tincal für „persisches Salz“ zurück.
1702 gelang dem deutschen Naturphilosophen Wilhelm Homberg (1652–1715) die erstmalige Synthese von Sal sedativum (Borsäure). Er erhielt den neuen Stoff durch die Reaktion von Borax mit Schwefelsäure. Georg Ernst Stahl zeigte 1723, dass das Sal sedativum auch mit Hilfe anderer Säuren aus Borax gewonnen werden konnte. Den Säurecharakter erkannte Tobern Bergmann 1785. Eine natürliche Quelle für das Sal sedativum wurde um 1777 erstmals bei Florenz entdeckt. Im Jahr 1800 benannte der deutsche Mineraloge Dietrich Karsten das wasserlösliche Mineral mit dem Namen Sassolin nach der Typlokalität bei Sasso Piano in der Toscana. Bis zum 18. Jahrhundert glaubte man, dass Borax oder Tinkal künstlich produziert wurde. Dieses Missverständnis war wohl dadurch entstanden, dass die Venezianer um ihr Venezianisches Tinkal ein großes Geheimnis machten. In Wirklichkeit stellten sie den Tinkal nicht her, sondern reinigten lediglich den aus Asien stammenden Rohstoff mit Calciumhydroxid und Calciumchlorid und ließen die Lösung nach dem Filtrieren auskristallisieren. So konnten sie Tinkal mit hohem Gewinn auf dem europäischen Markt verkaufen. In einer Publikation aus dem Jahr 1772 widersprach der Kaufmann Johan Abraham Grill der Meinung, dass Tinkal künstlich hergestellt wird. Er bescheinigte dem Stoff Pounxa – der aus dem Tibet stammte – einen natürlichen Ursprung. [Lit. 138, 140] Ein erster Hinweis auf ein neues Element findet sich bei Lavoisier 1789: In seiner berühmten Tabelle aus dem Traité élémentaire de chimie ist die Substanz Radical boracique („Radikal der Borsäure“) aufgeführt. 1808 wurde Bor erstmals fast gleichzeitig von mehreren Chemikern in Europa hergestellt. Die Franzosen Joseph-Louis Gay-Lussac (1778–1850) und Louis Jacques Thénard (1777–1857) erhielten es in unreiner Form durch starkes Erhitzen der Borsäure mit Kalium. Den beiden Chemikern gelang nicht nur die Dekomposition der Borsäure, sondern auch deren Herstellung aus dem Reaktionsprodukt. In London leitete Humphry Davy (1778–1829) elektrischen Strom durch geschmolzene Borsäure. Dabei fiel ihm auf, dass am negativen Pol eine dunkle, nicht brennbare Substanz entstand. Er erhitzte Borsäure mit Kalium in einem Kupferrohr. Nach der Reaktion beobachtete er, dass das Kalium verschwunden war und dass das entstandene, olivgrüne Pulver mit Wasser und auch mit Säuren nicht sprudelte. Davy nannte das neue Element zunächst „Boracium“, was später auf „boron“ verkürzt wurde. Das chemische Symbol B für Bor schlug J.J. Berzelius 1814 vor.
Die Herstellung von hochreinem Bor gelang dem Amerikaner E. Weintraub im Jahr 1909 bei der General Electric Company durch die Reduktion von Bortrichlorid mit Wasserstoff im Lichtbogen. Der US-amerikanische Chemieingenieur Robert Wentorf (1926–1997) entwickelte 1957 ein Verfahren zur Herstellung von kubischem Bornitrid. Dieser Werkstoff ist fast so hart wie ein Diamant. |
Herstellung |
Zur
Herstellung von Bor sind je nach der gewünschten Reinheit des Produktes
verschiedene Verfahren von Bedeutung. Stark verunreinigtes, amorphes Bor
kann man durch Reduktion von Bor(III)-oxid mit Magnesium erhalten:
B2O3 + 3 Mg 2 B + 3 MgO ΔHR = −533 kJ Als Reduktionsmittel
würden sich auch Lithium, Natrium, Calcium, Aluminium oder Eisen eignen,
als Ausgangsstoff auch Borsäure und Magnesiumpulver. Eine nachfolgende Reinigung erfolgt mit Wasserstoff unter Luftabschluss bei 2200 °C. Durch die Reaktion von Bor(III)-chlorid mit Zink bei 900 °C erhält man kristallines Bor mit etwa 96 Prozent Reinheit. Dieses erscheint je nach Verunreinigungsgrad braun bis dunkelgrau.
Bei der Schmelzflusselektrolyse eines Gemisches von Kaliumfluoroborat KBF4, Bor(III)-oxid B2O3, Kaliumchlorid KCl und Kaliumfluorid KF bei etwa 900 °C sammelt sich an der Eisen-Kathode 99%iges Bor. Als Anode dient der Schmelztiegel aus Graphit. Will man die verschiedenen Bormodifikationen herstellen, greift man auf die Umsetzung von Bor(III)-Halogeniden BBr3 oder BCl3 mit Wasserstoff an Wolfram- oder Tantaldrähten zurück. Unterhalb 1000 °C entsteht amorphes Bor, zwischen 1000 °C und 1200 °C bilden sich die alpha- und beta-rhomboedrischen Modifikationen und oberhalb 1200 °C erhält man tetragonales Bor. Dieses Verfahren liefert sehr reines Bor mit einem Reinheitsgrad von 99,9 Prozent: 2 BBr3 + 3 H2 2 B + 6 HBr ΔHR = + 262 kJ Das reinste Bor liefert
die Thermolyse von Diboran B2H6 bei 650 bis 800 °C
an Wolfram- oder Tantalflächen:
B2H6 2 B + 3 H2 ΔHR = −36kJ |
Verwendung | |||
Von
großer technischer Bedeutung sind die Borverbindungen Borsäure und Borax. Kristallines Bor in hoher
Reinheit mit über 99,99 Prozent wird in elektronischen Halbleitern und Bauteilen
verwendet. Faserförmige Haarkristalle von kristallinem Bor eignen
sich zur Faserverstärkung von Kunststoffen und Leichtmetallen im Flugzeugbau
und in der Raumfahrt. Sie werden für Helikopter-Rotoren, Tennisschläger oder auch für Stealth-Flugzeuge verwendet. Amorphes Bor dient als Zusatz in Feuerwerks-Mischungen
oder in festen Raketentreibstoffen. Die Legierung mit Eisen (Ferrobor) ermöglicht die Herstellung von sehr hartem Stahl. Diese Legierungen kommen zusammen mit dem B-10-Isotop auch
als Neutronenfänger in Kernreaktoren zum Einsatz. Mit Kohlenstoff erhält man Borcarbid, mit Aluminium quadratisches
Bor (Bordiamant). Beide werden wegen ihrer großen Härte als Schleifmittel
und für Verschleißteile zum Beispiel in Sandstrahldüsen eingesetzt.
Das härteste Material
mit Bor stellt das kubisch kristalline Bornitrid (CBN) dar. Es erreicht
einen Härtewert nach Knoop von 4500, die Härte des Diamants
liegt bei 8800 nach Knoop. Der Korund erreicht dagegen nur 2200 und das Siliciumcarbid
2700. CBN wird heute überwiegend zum Schleifen von Werkzeugen eingesetzt.
Die Markteinführung erfolgte im Jahr 1969 durch die Firma General Electric
in den USA unter dem Namen Borazon. Zeitweise übertraf der Preis für
das neue Material sogar den Goldpreis. Erst in den 1990er-Jahren setzte
eine breite Anwendung als Schleifmittel ein. Beim Diamant nimmt die Härte
oberhalb 700 °C dramatisch ab, während sie beim kubischen Bornitrid
auch in der Hitze weitgehend erhalten bleibt. Ähnlich wie beim Diamant
besitzt das Bornitrid eine hervorragende Wärmeleitfähigkeit.
Im Vergleich zum Korund erwärmen sich dadurch die Werkstücke
beim Schleifen nicht so stark, da das Bornitrid und der Diamant Wärme
gut aufnehmen.
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Weitere Informationen | |
Das Phänomen Turmalin |
Borverbindungen | |||||
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Borminerale | |||||||||||||||||||||||||
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