Sauerstoff 8O | |||
engl. Oxygen, lat. oxygenium („Säurebildner“) | |||
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Physikalisch-chemische Eigenschaften | |||||||||||||||
Sauerstoff
ist bei Zimmertemperatur ein farb- und geruchloses Gas, das schwerer als
Luft ist. Sauerstoff gehört zur Familie der Chalkogene. Beim elementaren Sauerstoff tritt das Phänomen der Allotropie auf: Im gleichen Aggregatzustand kommen zwei verschiedene Formen vor: Der Sauerstoff in der Luft besteht überwiegend aus zweiatomigen O2-Molekülen, Ozon ist in der Luft nicht oder nur in sehr geringer Konzentration vorhanden, es ist aus dreiatomigen O3-Molekülen aufgebaut. Bei −182,97 °C kondensiert Sauerstoff
zu einer hellblauen Flüssigkeit.
In Wasser und in Ethanol ist Sauerstoff schwach löslich. Die Wasserlöslichkeit nimmt mit
zunehmender Temperatur ab. Dies erklärt, warum Fische schon bei einer
geringfügigen Erwärmung der Wassertemperatur ersticken können.
Die höchste Sauerstoff-Löslichkeit mit knapp über 14 Milligramm pro Liter
hat reines Wasser am Gefrierpunkt. Die maximale Löslichkeit hängt
auch von den gelösten Salzen im Wasser ab: In Meerwasser sind nur
etwa 8 Milligramm pro Liter Sauerstoff bei 0 °C löslich. Ist das Wasser
mit Luft gesättigt, lösen sich bei 0 °C im Süßwasser
nur noch 10,3 Milligramm pro Liter.
Sauerstoff ist im Gegensatz
zu Stickstoff sehr reaktionsfreudig und verstärkt
Verbrennungen. Er verbrennt die meisten Elemente wie Eisen oder Schwefel unter Feuer- und
Lichterscheinung zu ihren Oxiden. Eine sehr heftige Reaktion
erfolgt mit dem Element Cer. Dabei entstehen Temperaturen bis zu 4000 °C.
3 Fe + 2 O2 Fe3O4 ΔHR = −1118 kJ/mol S + O2 SO2 ΔHR = −297 kJ/mol Ce + O2 CeO2 ΔHR = −975 kJ/mol
Eine extrem hohe, auf chemischem Weg erreichbare Temperatur mit über 4660 °C erhält man bei der Verbrennung von Zirconium-Pulver oder Zirconium-Wolle in reinem Sauerstoff: Zr + O2 ZrO2 ΔHR = −1101 kJ/mol Derartige Reaktionen
werden als Oxidationen bezeichnet. Zu den Oxidationen
zählen die Verbrennungen, aber auch der Rostvorgang oder die Atmung gehören dazu.
Je höher die Sauerstoffkonzentration ist, umso heftiger
ist die Reaktion. Zur Zündung benötigt es meist Aktivierungsenergie. Ein lauter Knall tritt nach der Zündung eines Wasserstoff-Sauerstoff-Gemisches im Verhältnis
2 zu 1 auf. Bei dieser Knallgasreaktion entsteht Wasserdampf als Reaktionsprodukt.
Sauerstoff-Atome kommen in zahlreichen chemischen Verbindungen vor, zum Beispiel in
anorganischen Mineralsäuren wie Phosphorsäure, Salpetersäure oder Schwefelsäure und deren jeweiligen Salzen, in Laugen,
in Alkoholen wie Methanol oder Ethanol,
in Aldehyden wie Formaldehyd, in Ketonen
wie Aceton und organischen Säuren
wie Methansäure oder Ethansäure.
Im Labor wird gasförmiger Sauerstoff mit der Glimmspan-Probe nachgewiesen. Dazu entzündet man einen Holzspan, lässt ihn eine Weile glühen und bläst dann die Flamme wieder aus. Hält man den glühenden Span in einen Behälter mit reinem Sauerstoff, entzündet sich der Span wieder. Wenn ein Stück glühende Holzkohle in einen mit Sauerstoff gefüllten Standzylinder getaucht wird, beginnt die Kohle ebenfalls zu brennen. Das Blasen mit einem Blasebalg auf ein Feuer führt mehr Luftsauerstoff zu und verstärkt dadurch das Feuer.
Beim Durchleiten von Chlor durch eine alkalische Wasserstoffperoxid-Lösung in einer Gaswaschflasche mit Fritte bildet sich ein Hypochlorit-Ion. Dieses reagiert mit dem Wasserstoffperoxid zu einem Chlorperoxid-Ion, das unter Chlorid-Abspaltung Singulett-Sauerstoff bildet. Dieser stellt eine energetisch angeregte Form des Sauerstoffs dar. Beim Umwandeln in den gewöhnlichen Triplett-Sauerstoff wird Energie abgegeben, die wir als rotes Licht wahrnehmen. Beim Singulett-Sauerstoff ist der Spin der Elektronen antiparallel ausgerichtet.
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Physiologie – Toxikologie | ||||||
Für
die Lebewesen ist Sauerstoff von elementarer Bedeutung: Die Pflanzen stellen
bei der Photosynthese aus Kohlenstoffdioxid und Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht Sauerstoff und Kohlenhydrate her.
Den Sauerstoff benötigen die Tiere zum Atmen. Über
die Atmungsorgane
gelangt er in die Blutbahnen und von dort zur Muskulatur und
den Organen.
Beim Atmungsprozess in den Zellen werden die Kohlenhydrate zur
Energiegewinnung
mit Hilfe des Sauerstoffs wieder zu Kohlenstoffdioxid
oxidiert. Beim Menschen
wird vom gesamten Grundumsatz an Sauerstoff bei den einzelnen
Organen am meisten im Gehirn verbraucht. Das Gehirn verbraucht 19
Prozent des Sauerstoffs, die Muskulatur 18 Prozent und das Herz 14
Prozent. Pro Minute setzt der Mensch 230 Milliliter Sauerstoff um. Lit[13] Im menschlichen Körper finden Oxidationen und Reduktionen unter Beteiligung von Sauerstoff auch
bei zahlreichen anderen biochemischen Vorgängen statt.
Sauerstoff ist das bedeutendste Bioelement im menschlichen Körper. Die meisten
Sauerstoff-Atome sind beim Menschen im Wasser chemisch
gebunden. Da die
relative Atommasse von einem Sauerstoff-Atom etwa 16 Mal
höher ist als bei einem Wasserstoff-Atom, fällt der Sauerstoff
mehr ins Gewicht,
obwohl im Wasser-Molekül H2O zwei Wasserstoff-Atome mit einem
Sauerstoff-Atom verbunden sind.
Das Einatmen von Luftsauerstoff
über Luft mit normaler Zusammensetzung ist unschädlich. Ist der
Sauerstoffgehalt jedoch höher oder wird reiner Sauerstoff eingeatmet,
kann es nach einem bestimmten Zeitraum zu einer Lungenschädigung kommen.
Die Lungenbläschen schwellen an, der Gasaustausch in der Lunge wird
gestört. Die Symptome entsprechen dem Effekt, wenn ein Taucher längere
Zeit einem hohen Wasserdruck ausgesetzt ist.
Ozon O3 ist ein Gas, das die Gesundheit akut und chronisch gefährdet.
Das Einatmen von Luft mit erhöhten Ozonwerten im Sommer kann zu Kopfschmerzen,
Schleimhautreizungen und zu einer erhöhten Anfälligkeit für
Atemwegserkrankungen führen. Ozon steht im Verdacht, Krebs auslösen
zu können.
Bei den Sauerstoff-Radikalen
haben die Atome oder Moleküle mindestens ein ungepaartes Elektron
(Beispiel: O=O•−).
Freie Radikale entstehen grundsätzlich bei Oxidationen und vielen
Stoffwechselprozessen im menschlichen Organismus. Ihre Hauptaufgabe ist
die Abwehr von Infekten. Sie sind sehr reaktionsfähig
und können daher aber auch das Entstehen von Krebstumoren oder von
allergischen Erkrankungen begünstigen. Die Antioxidanzien als Gegenspieler
werden vom menschlichen Körper selbst gebildet, sie sind als Radikalfänger
in der Lage, Radikale zu neutralisieren. Bestimmte Spurenelemente wie Zink oder Selen, aber auch die Vitamine C oder E sind
als Antioxidanzien wirksam. Mit fortschreitendem Alter wird das Radikal-Antioxidanz-Gleichgewicht
gestört, dadurch können zahlreiche Krankheiten verursacht
werden. |
Vorkommen | |||
Häufigkeit sehr häufig
Elementarer Sauerstoff tritt in der Natur verschiedenartig auf: Gewöhnlicher Sauerstoff in Form zweiatomiger Moleküle O2, als Ozon in Form dreiatomiger Moleküle O3 und als freie Radikale. Sauerstoff-Atome kommen im Universum nach Wasserstoff und Helium am dritthäufigsten vor. Viele Mineralien in der Erdkruste wie Eisenerz oder Kalk enthalten Sauerstoff-Atome. Sie stellen mit über 50% Massenanteil die häufigste Atomsorte in der Erdhülle dar. Der Sauerstoff-Anteil der Luft beträgt 21 Volumenprozent. Sauerstoff-Atome machen im Wasser den Hauptanteil der Masse aus.
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Geschichte | |||
Der
elementare Stoff wurde um 1771 oder 1772 von dem schwedischen Chemiker Carl Wilhelm Scheele erstmals durch
das Erhitzen von Braunstein mit konzentrierter Schwefelsäure hergestellt. Da das entstandene Gas Verbrennungen förderte, nannte
es Scheele zuerst „Feuerluft“. Völlig unabhängig davon entdeckte
der englische Chemiker Joseph Priestley,
dass sich beim Erhitzen von Quecksilberoxid ein Gas bildete, das er „dephlogistisierte Luft“ nannte. Die Mitwirkung
des Sauerstoffs bei Oxidationen und bei Atmungsvorgängen wurde von
dem französischen Chemiker Antoine
Lavoisier aber erst im Jahre 1775 genau erklärt. Von ihm stammt
auch der französische Name Oxygéne, da er irrtümlich
angenommen hatte, dass Sauerstoff Bestandteil aller Säuren ist.
In eine durch einen Kohleofen
geheizte Retorte (A) gab Lavoisier eine bestimmte Menge Quecksilber.
Der flache Behälter auf dem Tisch (L) war ebenfalls mit
Quecksilber gefüllt. Das Ende der Retorte tauchte in die schwimmende
Glocke (E), die mit einer abgemessenen Menge an Luft gefüllt
war. Das Quecksilber in der Retorte wurde 12 Tage lang fast bis zum Siedepunkt
erhitzt. Mit der Zeit bildeten sich auf dem Quecksilber in der Retorte
Schuppen von rotem Quecksilberoxid.
Gleichzeitig begann das Quecksilber in der Glocke zu steigen. Nach dem
Verbrauch von einem Fünftel der Luft kam die Reaktion zum Stillstand.
Das gebildete, rote Quecksilberoxid wurde gesammelt und in einer neuen
Retorte erhitzt. Dabei entstand genau dieselbe Menge an Sauerstoff, die
beim vorigen Versuch verbraucht worden war. Durch diesen Versuch widerlegte
Lavoisier die Phlogistontheorie,
nach deren Vorstellung in allen brennbaren Stoffen ein
„Brennstoff“ oder ein „Phlogiston“ enthalten sei, das bei der
Verbrennung entweiche. Dieses
mische sich mit der Luft und mache sie dadurch ungeeignet,
weitere Verbrennungen
zu unterhalten („phlogistisierte Luft“). Obwohl zu dieser Zeit
schon bekannt
war, dass Metalle bei ihrer „Verkalkung“ (Oxidation) an
Gewicht zulegten,
hielten die Chemiker jener Zeit an der Phlogistontheorie eine
Weile fest.
Lavoisier bewies mit dem beschriebenen Versuch aber, dass der
Sauerstoff
alleine für die Oxidationen und Verbrennungen
verantwortlich war. |
Herstellung | |||
Im
Labor erhält man Sauerstoff neben Wasserstoff durch die elektrolytische Zersetzung von Wasser im Hofmannschen Wasserzersetzungsapparat
oder in einem U-Rohr mit Elektroden am Pluspol. Dabei entsteht Wasserstoff
und Sauerstoff im Verhältnis 2 zu 1. Das elektrolytische Verfahren ist für die Wasserstofftechnologie von Bedeutung.
Wasser Wasserstoff + Sauerstoff ΔHR = +572kJ/mol 2 H2O 2 H2 + O2
Eine andere Möglichkeit zur Sauerstoff-Darstellung im Labor ist die thermische Zersetzung sauerstoffreicher chemischer Verbindungen wie Kaliumchlorat, Kaliumpermanganat oder Silberoxid. In der Industrie erfolgt die Gewinnung von Sauerstoff für technische Anwendungen nach dem Lindeverfahren und einer nachfolgenden fraktionierten Destillation. |
Verwendung | |||
Sauerstoff ist im Handel in blauen oder grauen Stahlflaschen mit weißer Schulter
erhältlich. In
der chemischen Industrie wird Sauerstoff überall dort verwendet, wo Verbrennungsvorgänge
unter hohen Temperaturen durchgeführt werden sollen: beim Schweißen,
im Hochofen oder bei der Stahlerzeugung nach
dem Sauerstoffblasverfahren. Das Space Shuttle verwendet flüssigen Sauerstoff als Oxidationsmittel und Wasserstoff als Brennstoff. Außerdem benötigt man Sauerstoff zur Herstellung
zahlreicher chemischer Verbindungen: Die Oxidation von Ammoniak führt im Ostwald-Verfahren zur Salpetersäure. Durch die Oxidation von Schwefel und Schwefeldioxid
erhält man nach dem Doppelkontaktverfahren die Schwefelsäure.
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Sauerstoffverbindungen | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
Sauerstoff befindet sich in vielen anderen chemischen Verbindungen, so auch in vielen Säuren und Basen oder in organischen Stoffen. |