Phosphor 15P | |||||||||
engl. Phosphorus; griech. phosphoros („Lichtträger“) | |||||||||
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Physikalisch-chemische Eigenschaften | |||||||||||||
Das Element Phosphor kommt in mehreren Modifikationen vor: Weißer
Phosphor ist bei Zimmertemperatur eine weiße
Masse mit einem leicht stechenden Geruch nach Knoblauch. Der weiße Phosphor
wandelt sich im Laufe der Zeit unter bestimmten Lagerbedingungen teilweise
zu anderen Phosphor-Modifikationen um. Bei längerer Lagerung im
Wasser erscheint der weiße Phosphor durch diese Umwandlungen oft
gelb oder sogar orange. Man bezeichnet daher den gelagerten,
weißen Phosphor oft auch als „gelben“ Phosphor. Bei Kälte
ist der reine, weiße Phosphor glasklar und sehr spröde, bei Raumtemperatur
wird er wachsweich. Weißer Phosphor leitet den elektrischen Strom
nicht, er schmilzt bei etwa 44 °C zu flüssigem
Phosphor. Erhitzt man die Flüssigkeit,
siedet sie bei 280,5 °C und man erhält gasförmigen
Phosphor. In Wasser ist der weiße Phosphor
nur schlecht löslich, daher kann man ihn längere Zeit im Wasser
aufbewahren. Die Modifikation kristallisiert tetraedrisch, im P4-Molekül
sind vier Phosphor-Atome tetraedrisch angeordnet.
Weißer
Phosphor oxidiert an der Luft spontan, dabei entsteht ein weißer
Phosphorpentoxid-Rauch. Durch die exotherme Reaktion schmilzt der
Phosphor. Oberhalb 50 °C
kann er sich von selbst entzünden und verbrennt
dann mit sehr heißer, gelblich-weißer und relativ
heller Flamme zu Phosphorpentoxid:
P4 + 5 O2 P4O10 ΔHR = −2995 kJ/mol Daher muss weißer
Phosphor unter Wasser aufbewahrt werden. Brände mit weißem Phosphor
sind nur schwer zu löschen, da nach dem Verdunsten des Wassers eine
erneute Zündung eintritt. Weißer
Phosphor löst sich gut in Schwefelkohlenstoff CS2, Dischwefeldichlorid S2Cl2 und
in Phosphortrichlorid PCl3, etwas weniger gut in Benzol
und Ether. Im Dunkeln tritt unter bestimmten Bedingungen bei weißem Phosphor in feinster Verteilung eine
Chemolumineszenz auf, da sich das an der Oberfläche gebildete P2O3 in das stabilere P2O5 umwandelt. Bei dieser Oxidation wird Energie in Form von Wärme und Licht abgegeben.
Beim Erwärmen des weißen Phosphors in alkalischer Umgebung entstehen der stark toxische Phosphorwasserstoff PH3 und Phosphinsäure H3PO2. Erhitzt man weißen Phosphor längere Zeit auf über 450 °C, erhält man je nach Bedingung roten Phospor und gleichzeitig auch violetten Phosphor. Der rote, amorphe Phosphor sublimiert etwa 30 °C tiefer als der violette, kristalline Phosphor. Roter Phosphor ist chemisch stabiler als weißer Phosphor, er entzündet sich erst oberhalb von 300 °C und verbrennt unter Bildung eines weißen Rauches zu Phosphorpentoxid.
Erhitzt man roten Phosphor
unter Luftabschluss, beispielsweise in einem Reagenzglas mit einem Wattebausch,
erhält man wieder weißen Phosphor, der sich nach dem Abkühlen
der Dämpfe an der Reagenzglaswand niederschlägt. Roter Phosphor
ist im Gegensatz zum weißen Phosphor in den genannten Lösungsmitteln
nicht löslich. Mit starken Oxidationsmitteln wie Kaliumchlorat bildet er explosionsgefährliche und reibungsempfindliche Gemische. Der violette
Phosphor (auch „Hittorf'scher Phosphor“) lässt sich durch mehrwöchiges
Erhitzen von weißem Phosphor bei etwa 550 °C herstellen. Das Produkt
hat Metallglanz und erscheint an den Rändern violett, es ist leicht
spaltbar und löst sich wie schwarzer Phosphor nicht in Schwefelkohlenstoff.
Violetter Phosphor ist eine kristalline Modifikation, die Phosphor-Atome
ordnen sich in fünfeckigen Röhren an, diese bilden gitterartige
Vernetzungen.
Setzt man den weißen Phosphor hohen Temperaturen und hohem Druck bis 12000 Bar aus, erhält man schwarzen Phosphor. Eine andere Herstellungsmöglichkeit wäre die Zugabe von fein verteiltem Quecksilber und das Erhitzen auf 380 °C. Gibt man dann Impfkristalle von schwarzem Phosphor zu der Schmelze, dann entsteht der schwarze Phosphor auch ohne den hohen Druck. Diese Modifikation bildet grauschwarz glänzende, rhombische Kristalle, die eine gute thermische und elektrische Leitfähigkeit besitzen. Sie eignet sich auch als Halbleitermaterial. Beim schwarzen Phosphor sind die Atome als P6-Ringe in Sesselform angeordnet, wobei jedes Phosphoratom drei Nachbar-Atome hat. Neben den genannten Modifikationen kennt man noch den faserigen Phosphor, der sich beim langsamen Abkühlen von gasförmigem Phosphor bei 500 bis 600 °C bildet. Die dünnen Fasern sind oft mit Plättchen des violetten Phosphors verwachsen. |
Physiologie – Toxikologie | |||
Bei
den Kleinstlebewesen der Meere, aber auch bei allen Wirbeltieren spielt
das Phosphorsalz Calciumphosphat beim Aufbau von Knochen und Schalen eine
bedeutende Rolle. Der äußere Zahnschmelz in den Zähnen
des Menschen enthält das harte Phosphormineral Apatit. Phosphor-Atome kommen auch
in der DNS vor. Das Adenosintriphosphat (ATP) spielt eine bedeutende Rolle
im Energiestoffwechsel. Bei der Phosphorylierung wird die Phosphatgruppe
an ein Protein angehängt. Dadurch können Signale übermittelt
werden. Als Puffer steuern die Phosphate im Blut
das Säure-Base-Gleichgewicht.
Der rote Phosphor ist
im Gegensatz zum weißen Phosphor nur wenig toxisch. Weißer
Phosphor sublimiert bereits bei Zimmertemperatur und setzt giftige Dämpfe
frei. Diese reagieren an der Luft relativ schnell zu Phosphor(V)-oxid weiter.
Brennender, weißer Phosphor erzeugt auf der Haut sehr schmerzhafte
und kaum heilbare Brandwunden. In
fein verteilter Form kann weißer Phosphor auch schwere
Augenschäden
auslösen. Bei der oralen Aufnahme treten zunächst
Magenschmerzen,
Erbrechen und Durchfall auf, in gravierenden Fällen auch
Schocksymptome.
Tritt der Tod nicht sofort ein, beginnt nach ein bis drei
Tagen eine schwere Leberzellen- oder Nierenschädigung. Die
Stoffwechselvorgänge in der Leber
werden massiv gestört. Der Tod tritt meist durch ein
Leberkoma ein.
Schon 50 Milligramm weißer Phosphor gelten als
tödliche Dosis für
einen erwachsenen Menschen. Lit [33] |
Vorkommen | |||
Häufigkeit relativ häufig
Mit einem Massenanteil von etwa 0,09% ist Phosphor ein relativ häufiges Element. Es steht an 12. Stelle der Elementhäufigkeit in der Erdhülle. In der Natur kommt Phosphor elementar nicht vor. Bedeutende Phosphor-Minerale stellen die Apatite dar. Die Hauptvorkommen liegen in den USA, in den GUS-Staaten, in Marokko und in China. Auch aus den Mineralen Pyromorphit oder Vivianit lässt sich Phosphor gewinnen.
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Geschichte | |||
Der
Hamburger Henning Brand (1630–1710) war in seinen jungen Jahren Soldat. Nach seinem Bankrott als Kaufmann führte er fälschlicherweise den Arzttitel, obwohl er kein Wort Latein verstand. Er heiratete eine wohlhabende Frau, die seine alchemistischen Experimente förderte. Zur Verbesserung seiner finanziellen Situation suchte er den „Stein der Weisen“, der Silber in Gold verwandeln sollte. Er glaubte, dass diese geheimnisvolle Substanz in den Körperflüssigkeiten enthalten sei. Aufgrund seiner Beziehungen zur Hamburger Kaserne hatte er Zugang zu großen Mengen Urin. Ab 1669 dampfte er den Urin so weit ein, bis die Masse zähflüssig wurde. Nach dem Destillieren erhielt er ein rotes Urinöl, in dem sich Kristalle bildeten. Durch Glühen entstand ein weißes Pulver, das im Dunkeln leuchtete. [Lit. 7, 138]
In Sachsen lebte zu dieser Zeit der Alchemist und Glasmacher Johannes Kunckel (1630–1703). Kunckel zeigte einem Freund in Hamburg eine phosphoreszierende Substanz. Zu seiner Überraschung hatte der Freund etwas Ähnliches schon gesehen und ging mit ihm zum Haus von Henning Brand. Kunckel schrieb an seinen Kollegen Johann Daniel Kraft einen Brief. Kraft war Kaufmann und Alchemist in Dresden, er kam – ohne dass Kunckel davon wusste – sofort nach Hamburg. Brand verkaufte das Geheimnis und eine Probe des Phosphors hinter dem Rücken von Kunckel an Kraft. Dieser führte dann das Phänomen an verschiedenen Fürstenhäusern in Europa vor. Kunckel konnte – trotz dieses Verrats – herausfinden, dass die Substanz aus Urin hergestellt wurde. Er behauptete später, das selbst entdeckt zu haben. Er verbesserte das Verfahren und erhielt eine weiße, wachsartige Masse, die sich an der Luft von selbst entzündete, solange sie noch warm war. Robert Boyle (1627–1691) entdeckte das Verfahren zur Herstellung von Phosphor aus Urin unabhängig davon in London. [Lit. 138]
Der Name Phosphor leitet sich vom griechischen Wort phosphorus ab und bedeutet so viel wie „Lichtträger". Schon bald nach Brands Entdeckung wurde dieser Name für die im Dunkeln leuchtende Substanz verwendet. Die Erkennung als chemisches Element wird teils A.S. Marggraf (1743), aber auch A. Lavoisier (1772) zugeschrieben. Die Herstellung von weißem Phosphor aus Urin ist aufgrund der benötigten Urinmengen im Tonnenbereich extrem aufwändig. Ab 1769 entwickelten Carl Wilhelm Scheele und Johan Gottlieb Gahn in Schweden ein Verfahren, bei dem der Phosphor viel einfacher aus Knochenasche hergestellt werden konnte. Weißer Phosphor wurde erstmals im Ersten Weltkrieg in Brandbomben eingesetzt. Im Zweiten Weltkrieg verursachten die Phosphorbomben in Verbindung mit den Luftminen, die die Dächer zuerst großflächig abdeckten, verheerende Wirkungen. In den Feuerstürmen in Hamburg kamen bis zu 40000 Menschen ums Leben. Heute ist der Einsatz von weißem Phosphor gegen Zivilisten nach dem weltweiten Chemiewaffenverbot nicht erlaubt. Diese Definition ist aber höchst umstritten: Der Einsatz gegen „militärische Ziele“ erfolgte zum Beispiel im Vietnam-, Irak- und Syrienkrieg. In einigen Fällen wurden auch Zivilisten getroffen. In den Phosphor-Brandbomben ist der weiße Phosphor mit Kautschuk vermischt. Die brennbare Masse erreicht Temperaturen von bis zu 1300 °C, sie kann praktisch nicht gelöscht werden. Ein Mensch verbrennt, wenn er von wenigen Spritzern getroffen wird. Er wird auch durch die toxischen Phosphor-Dämpfe selbst oder durch den entstehenden Rauch mit Phosphorpentoxid vergiftet oder verätzt. Als Chemiewaffe gelten nur Stoffe, die die menschliche Gesundheit aufgrund ihrer Toxizität gefährden. Eine Abgrenzung davon erscheint beim weißen Phosphor aufgrund der gravierenden Mehrfach-Wirkungen kaum möglich. [Lit 103] |
Herstellung |
Die
technische Herstellung erfolgt aus Apatit durch Reduktion mit Koks. Der gemahlene Apatit
wird
mit Koks, Quarzsand und Kies gemischt und im elektrischen
Lichtbogen bei etwa 1400 °C umgewandelt. Hier soll nur die
Hauptreaktion betrachtet
werden:
2 Ca5[F | (PO4)3] + 9 SiO2 + 15 C 3 P2 + 9 CaSiO3 + 15 CO + CaF2 Der weiße Phosphor
besitzt nach einer Destillation und mehreren Reinigungsschritten einen
Reinheitsgehalt von 99,9 Prozent. Zur Umwandlung in roten Phosphor wird
der weiße Phosphor unter Luftabschluss 24 Stunden lang auf 270 °C
erhitzt. |
Verwendung | |||
Roter
Phosphor dient zur Herstellung von Feuerwerkskörpern und Zündhölzern.
Die Reibflächen der Zündholzschachteln enthalten ein Gemisch
von rotem Phosphor, Glaspulver und Bindemitteln. Die Zündmasse des
Zündholzes besteht aus einem Gemisch von 50 bis 60% Kaliumchlorat (Oxidationsmittel), 4 bis 7% Schwefel (Brennstoff),
1 bis 4% Mangandioxid (Katalysator), 20% Glasmehl (Erhöhung der Reibungsempfindlichkeit)
und Füllstoffe. Die Reibungswärme führt zur Zündung
des Streichholzkopfes, was vor allem auf die Reaktion des roten Phosphors
mit dem Kaliumchlorat zurückzuführen ist. In
den militärischen Nebelgranaten wird roter Phosphor zu
Phosphor(V)-oxid verbrannt. Der dabei entstehende dichte weiße
Nebel verbirgt etwa eine Minute lang militärische Ziele. Bei der
Nutzung in Täuschkörpern werden Flugzeuge vor Angriffen
geschützt.
Der größte
Anteil des produzierten weißen Phosphors dient zur Herstellung von
Phosphorverbindungen wie Phosphor(V)-oxid, Phosphorsäure und vor allem von Phosphaten. Diese wiederum stellen wichtige Ausgangsstoffe
zur Herstellung von Düngemitteln und Waschmitteln
dar. |
Phosphorverbindungen | ||||||
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