Quecksilber 80Hg | ||||||
engl. Mercury; griech.-lat. hydrargyrum („flüssiges Silber“) | ||||||
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Physikalisch-chemische Eigenschaften | ||||||||||||||||||
Quecksilber
ist ein silbrig glänzendes, bei Zimmertemperatur
flüssiges
Schwermetall. Es dehnt sich beim Erwärmen
ungewöhnlich stark
aus und besitzt eine große Oberflächenspannung. Es
bildet leicht
Tröpfchen und benetzt andere Substanzen nicht. Schon bei
Zimmertemperatur
verdampfen aufgrund des hohen Dampfdrucks immer geringe Mengen
Quecksilber.
Die Dämpfe sind sehr toxisch, das Einatmen ist
gefährlich. Quecksilberdampf sendet beim Anlegen einer Hochspannung
intensives UV-Licht aus. Die thermische und die elektrische Leitfähigkeit von flüssigem Quecksilber sind nicht besonders gut. Bei etwa
−39 °C erstarrt es zu einem festen Metall, das sehr weich und gut dehnbar ist. Aufgrund des sehr niedrigen Schmelzpunktes eignet sich Quecksilber für Temperaturmessgeräte.
Vermischt man Quecksilber mit bestimmten Metallen, bilden sich Quecksilber-Legierungen. Sie werden in Anlehnung an die griechischen Wörter amalgos („weich“) und gamos („Vereinigung“) Amalgame genannt. Sie kommen – sofern der Quecksilbergehalt überwiegt – in einer flüssigen Zustandsform vor; je mehr aber vom fremden Metall darin enthalten ist, werden die Amalgame teigig oder fest. Blattgold „löst“ sich zum Beispiel in flüssigem Quecksilber langsam auf und bildet ein Amalgam.
Mit Zinn erfolgt die Amalgierung unter Wärmeverbrauch, mit anderen Metallen unter Wärmeabgabe. Zinnamalgam wurde zum Beispiel bis Mitte des 19. Jahrhunderts zur Beschichtung von Spiegeln benutzt. Mit Natrium oder Kalium kann die Reaktion sehr heftig verlaufen. Quecksilber bildet nicht mit allen Metallen Amalgame, aus diesem Grund bewahrte man Quecksilber früher in Eisenbehältern auf. Im Mittelalter wurde das Quecksilber sogar in einem Lederbeutel und einem Holzkübel transportiert.
Gibt man einen Tropfen Quecksilber(II)-chlorid-Lösung auf ein Kupferblech oder auf eine Kupfermünze, bildet sich eine dunkelgraue Schicht, die aus einem Amalgam und teilweise auch aus Quecksilber
besteht:
Cu + HgCl2 Hg + CuCl2
Gibt man Quecksilber auf kompaktes Aluminium, bildet sich ein Aluminium-Amalgam. Dadurch wird die schützende Oxidschicht des Aluminiums zerstört. Das sehr reaktionsfähige Aluminium-Amalgam reagiert mit dem Luftsauerstoff und bildet fadenförmiges Aluminium(III)-oxid. Gibt man einen Tropfen Quecksilber(II)-chlorid-Lösung auf eine Aluminiumfolie, scheidet sich zunächst wenig Quecksilber ab. Dann bilden sich schwarze Punkte mit dem Aluminiumamalgam, später entstehen weiße Krümel, die Folie wird zerstört.
Quecksilber ist ein relativ edles Metall, es steht in der Spannungsreihe zwischen Silber und Palladium,
es ist edler als Kupfer und Silber. Darin unterscheidet es sich erheblich von Zink und Cadmium, die ebenfalls in der 12. Gruppe des Periodensystems stehen. Reines Quecksilber ist an der Luft beständig und überzieht sich nur langsam mit einer dünnen Oxidschicht. Beim Erhitzen reagiert es oberhalb von 300 °C
zu Quecksilber(II)-oxid, das bei weiterer Zunahme der Temperatur wieder in Quecksilber und Sauerstoff zerfällt:
ab 300 °C: 2 Hg + O2 2 HgO ΔHR = −182 kJ/mol ab 450 °C: 2 HgO 2 Hg + O2 Quecksilber wird von Wasser, Salzsäure und verdünnter Schwefelsäure nicht angegriffen.
Konzentrierte Schwefelsäure,
Salpetersäure oder Königswasser zersetzen das Schwermetall und
bilden die entsprechenden Salze. Mit Salpetersäure bildet sich Quecksilber(II)-nitrat und Stickstoffmonooxid:
3 Hg + 8 HNO3 3 Hg(NO3)2 + 2 NO + 4 H2O Mit Chlor reagiert Quecksilber zu Quecksilber(II)-chlorid und mit Schwefel zu Quecksilber(II)-sulfid, das in der Natur im Zinnobererz vorkommt:
Hg + Cl2 HgCl2 ΔHR = −224 kJ/mol Hg + S HgS ΔHR = −58 kJ/mol Quecksilber bildet Verbindungen mit den Oxidationsstufen +1 und +2. Das Quecksilber(I)-chlorid Hg2Cl2 ist in Wasser nur schwer löslich, während das Quecksilber(II)-chlorid HgCl2 in Wasser besser löslich ist. Während das Quecksilber(II)-chlorid stabil ist, verfärbt sich das Quecksilber(I)-chlorid unter Lichteinfluss schwarz und zerfällt zu Quecksilber und Quecksilber(II)-chlorid. Daher stammt auch der alte Name Kalomel, der aus den altgriechischen Wörtern kalos („schön“) und melas („schwarz“) gebildet wurde. Auch das schwarze Quecksilber(I)-oxid ist nicht stabil und zerfällt entsprechend.
Die Vorproben zur Analyse wie die Flammenfärbung, die Phosphorsalzperle oder die Lötrohrprobe zeigen keine typischen Reaktionen, die auf Quecksilber hinweisen. Erhitzt man Quecksilberverbindungen in einem gebogenen Reagenzglas aus Quarzglas, schlagen sich die entstehenden Dämpfe am kalten Glas nieder. Die meisten Quecksilberverbindungen lassen sich durch Erhitzen sublimieren oder zersetzen. Beim Zersetzen entsteht Quecksilber, zum Beispiel beim Erhitzen von rotem Quecksilber(II)-oxid. Allerdings kann man all diese Reaktionen heute in einem gewöhnlichen Labor nicht mehr durchführen, weil dies nur mit Hilfe einer Adsorptionseinrichtung und in einem geeigneten Abzug möglich ist. Auch die Entsorgung der Reste ist ein Problem. Die oben beschriebenen Amalgambildungen – zum Beispiel mit einer salpetersauren Lösung der Probe und Kupfer – sind empfindliche Reaktionen, die einen Hinweis auf vorhandenes Quecksilber geben.
Quecksilber(II)-Ionen in wässriger Lösung bilden mit Kaliumiodid unlösliches Quecksilber(II)-iodid, das als roter Niederschlag ausfällt:
Hg2+ + 2 I− HgI2↓ Das Quecksilber(II)-iodid kann man durch Erhitzen wieder zersetzen, wobei ein schwärzliches Produkt entsteht, das auf die Entstehung von Quecksilber hinweist. Mit Natronlauge fällt gelboranges, schwer lösliches Quecksilber(II)-oxid aus:
Hg2+ + 2 OH− HgO↓ + H2O |
Toxikologie | |||
Flüssiges
Quecksilber wirkt lange nicht so toxisch, wenn es verschluckt wird im Vergleich
zur Wirkung beim Einatmen der Dämpfe. Allerdings kann das Quecksilber
im Verdauungstrakt teilweise zu löslichen Salzen umgebaut werden,
die dann die Nieren schädigen. Bis Ende des 19. Jahrhundert diente
Quecksilber zur Behandlung von Syphilis. Das Quecksilber wurde mit Schmalz,
Vaseline, Lanolin oder Olivenöl vermischt und als Salbe auf die Haut
aufgetragen. Bei Darmverschluss musste ein Patient sogar das flüssige
Metall literweise trinken. Allerdings überlebten nicht alle Patienten
diese Prozedur. In der Literatur wird auch von Fällen berichtet, bei
denen Personen flüssiges Quecksilber tranken oder sich in selbstmörderischer
Absicht das flüssige Metall in die Venen spritzten. Der Markgraf von
Brandenburg soll im Jahre 1515 in seiner Hochzeitsnacht einen Schluck Quecksilber
getrunken haben, ohne dass er Schaden nahm. Eine Krankenschwester überlebte,
nachdem sie sich 27 Gramm Quecksilber intravenös gespritzt hatte. Sie starb
viele Jahre später an Tuberkulose. Bei der Obduktion fand man in ihrem
Körper Quecksilber-Kügelchen, aber daran war sie nicht gestorben. Lit [55] Bei anderen funktionierte der Selbstmord, sie starben nach einigen Wochen unter großen Qualen.
Der englische König Karl II. hatte eine große Schwäche für die Alchemie. In seinem eigenen Labor versuchte er zusammen mit Gehilfen Gold zu machen. Ab 1684 zeigten sich bei dem König Symptome, die nach heutigem Wissen auf eine Quecksilbervergiftung hinwiesen. Er wurde reizbar und fühlte sich immer häufiger unwohl. Am 6. Februar starb Karl. Man nahm zunächst an, dass er einen Schlaganfall erlitten hatte. Bei der Autopsie ergab sich, dass die äußeren Hirnregionen mit Blut gefüllt waren. Lit [55] E. Holmes untersuchte im Jahr 2003 (in seinem Buch The Sickly Stuarts) den Fall Karls erneut und kam zum Schluss, dass der König wahrscheinlich beim Destillieren von Quecksilber die Dämpfe in größeren Mengen eingeatmet haben musste. Lit [56] Quecksilberdämpfe können sich bilden, wenn beispielsweise ein alter Fieberthermometer zerbricht und sich die kleinen Kügelchen am Fußboden in Ritzen festsetzen. In einem dokumentierten Fall brachte ein Zehnjähriger 250 Milliliter Quecksilber von der Schule mit nach Hause. Lit [55] Er spielte damit und goss dann das Metall auf die Möbel und die Teppiche. Nachdem die ganze Familie Vergiftungssymptome entwickelt hatte, diagnostizierte der Arzt Akrodynie. Dabei traten aufgrund einer chronischen Quecksilbervergiftung symmetrische Rötungen auf der Haut auf. Der Schweizer Arzt Dr. Emil Feer beschrieb das Krankheitsbild im Jahr 1923 erstmals ausführlich. Gasförmiges Quecksilber wird von den Lungen besonders leicht aufgenommen. Das Metall passiert die Blut-Gehirn-Schranke und lagert sich im Gehirn ab. Bei einer akuten Vergiftung kann eine Lungenentzündung mit tödlichem Ausgang entstehen. Bei der regelmäßigen Aufnahme der Dämpfe in kleineren Mengen entstehen chronische Krankheitsbilder, die sich in Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Entzündungen in der Mundschleimhaut und am Zahnfleisch, Bildung von dunklen Säumen am Zahnfleisch, Zittern, Gedächtnisschwäche und massiven Störungen im zentralen Nervensystem manifestieren. Anorganische und wasserlösliche Quecksilber-Verbindungen wie Quecksilber(II)-oxid oder Quecksilber(II)-chlorid können besonders leicht bei Berührung über die Haut aufgenommen werden. Hier besteht akute Lebensgefahr. Bereits 200 Milligramm dieser Substanzen können tödlich wirken, wenn sie gegessen werden. Der Hauptangriff bei einer akuten Vergiftung durch anorganische Quecksilbersalze erfolgt auf die Nieren. Das als Pigment (Zinnober) verwendete und wasserunlösliche Quecksilbersulfid ist im Gegensatz dazu nicht so toxisch. In den 1950er-Jahren kam es bei Bewohnern der Minimata-Bucht in Japan zu einer Massenvergiftung bei den Anwohnern, weil sie über Jahre hinweg Fische gegessen hatten, die mit organischen Quecksilber-Verbindungen belastet waren. Viele Personen litten an Kopf- und Gliederschmerzen, Lähmungserscheinungen oder Psychosen. Etwa 3000 Menschen starben, 17000 litten an Vergiftungssymptomen. Als Verursacher wurden später die Abwässer einer chemischen Fabrik festgestellt. Mikroorganismen im Wasser bauen die anorganischen Quecksilber-Verbindungen zu organischem Methylquecksilber um. Dieser Stoff reichert sich über die Nahrungskette in den Fischen an. Am meisten betroffen sind die letzten Verwerter der Nahrungskette, die Raubfische und die Menschen. So weisen Thunfische oder Kabeljau (Dorsch) besonders hohe Quecksilberkonzentrationen auf, wenn sie in einem belasteten Gewässer leben. Methylquecksilber kann besonders leicht vom menschlichen Organismus aufgenommen werden, es schädigt weniger die Nieren, greift dafür aber das zentrale Nervensystem massiv an. Es kann auch den Fötus schädigen, da es die Plazentaschranke leicht überwindet. Lit [37] In die Diskussion geraten sind auch die Amalgam-Füllungen in den Zähnen. Eine Studie der Universität Tübingen aus dem Jahr 1996 belegte, dass mit der Zunahme der Zahl der Amalgam-Füllungen die Quecksilber-Konzentration im Speichel deutlich ansteigt. Lit [40] Von 18000 untersuchten Testpersonen überschritten demnach 44% den ADI-Grenzwert (Acceptable Daily Intake) der Weltgesundheitsorganisation von 43 Mikrogramm (= 43 Millionstel Gramm) Quecksilber-Aufnahme pro Tag. Dieser Wert berücksichtigt die gesamte Aufnahme an Quecksilber pro Tag aus allen Quellen.
Wie viel von dem Quecksilber
im Speichel vom menschlichen Körper tatsächlich aufgenommen wird
und Schaden anrichtet, ist umstritten. Durch eine elektrochemische Korrosion
können im Mund Quecksilber-Ionen aus der Dental-Legierung herausgelöst
werden, wenn verschiedene Metalle eingesetzt wurden. Chronische Krankheitsbilder
werden in der Literatur beschrieben und einige Patienten berichten von
einer Besserung bei fachgemäßer Entfernung des Amalgams. Wie
gefährlich Amalgam in den Zähnen wirklich ist, wurde noch nicht
abschließend geklärt. Bei kaum einem Thema zur Toxikologie hat
es in der Vergangenheit so viele Diskussionen gegeben. Lit
[29] Das Europäische Parlament beschloss im März 2017 ein
Amalgam-Verbot in der EU ab Juli 2018 für Kinder unter 15 Jahre und
für schwangere und stillende Frauen. Lit
[105]
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Vorkommen | |||
Häufigkeit selten
In kleinen Mengen ist das Element Quecksilber überall auf der Erde verteilt, so auch im Meerwasser oder in den Gasen von Vulkanen. Abbauwürdige Erzvorkommen sind jedoch relativ selten. Das wichtigste Quecksilbererz ist der Cinnabarit (Zinnober). Eine wichtige Lagerstätte, die seit der Antike bekannt ist, liegt bei Almaden in Südspanien. Auf dem Zinnobererz finden sich manchmal kleine Kügelchen Quecksilber gediegen. Andere Zinnober-Vorkommen liegen in Monte Amiata in der Toskana, in den GUS-Staaten, in China, in den USA, Algerien, Mexiko, Brasilien, Peru, Tschechien, Rumänien und in der Türkei. Der Tiemannit ist ein Quecksilber-Selen-Mineral, das aber so selten ist, dass es als Erz keine Bedeutung hat. Quecksilber kommt in der Natur auch in verschiedenen Legierungen vor, beispielsweise im Kupferamalgam Belendorffit, in den Silberamalgamen Eugenit, Kongsbergit und Moschellandsbergit oder im Goldamalgam Weishanit.
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Geschichte |
Quecksilber
gehört zu den im Altertum bekannten Metallen. Eine Gewinnung aus Zinnober wurde 315 vor Christus von Theophrast beschrieben. Arabische Kalifen und
Herrscher besaßen als Attraktion in ihren Gärten Quecksilber-Springbrunnen oder Quecksilber-Teiche,
in die Gäste ihre Finger tauchen konnten. Einen solchen Teich hatte auch der Kalif von Córdoba. Der Mercury fountain von Alexander Calder ist ein modernes Kunstwerk, das in der Stiftung Joan Miró in Barcelona
untergebracht ist. Der Künstler schuf es für die Pariser
Weltausstellung 1937. Damals konnten die Besucher Münzen hineinwerfen,
die darauf schwammen. Heute ist es hinter einer Sicherheitsverglasung
untergebracht. [Lit 71] Im Foyer des Besucherzentrums der Minen in Almadén befindet sich die Installation Lágrimas de iluvia
(„Tränen-Regen“) des Künstlers Javier Velasco mit einem
farbigen Glasfenster, das sich in einem Quecksilberbecken spiegelt, in
dem Luftblasen aufsteigen. Das Becken ist nur wenige Zentimeter tief, es
enthält aber vier Tonnen Quecksilber. [Lit 106]
Amalgame benutzten bereits die Römer. Zosimos von Panopolis war einer der ersten Alchemisten. Er stammte aus Oberägypten und lebte im 3. und 4. Jahrhundert nach Christus in Alexandria. Das Quecksilber beschrieb er als „Körper und flüssiges Silber“ aber auch als flüchtigen Geist. Quecksilber verdampft beim Erhitzen und reagiert mit Schwefel zu Quecksilber(II)-sulfid (Zinnober) und mit Kochsalz zu Quecksilber(II)-chlorid (Sublimat). Diese Eigenschaften wiesen dem Quecksilber Flüchtigkeit zu, sein Bestehen als flüssiges Metall verkörperte das Prinzip der Beständigkeit. Insofern verkörperte das Quecksilber in der Alchemie das Prinzip eines „Zwitterstoffes“ und wurde dem Planeten Merkur zugeschrieben, wovon die Verwendung des Merkursymbols zeugt (erstes Symbol von links). Die Alchemisten hielten Quecksilber und Zinnober für Vorstufen des sogenannten „Stein der Weisen“. Darunter stellte man sich einen magischen Stoff vor, der die Fähigkeit besaß, aus wertlosen Metallen Gold herzustellen. Im 16. Jahrhundert setzte Paracelsus Salben mit fein verteiltem Quecksilber oder Quecksilberoxid zur Behandlung von Syphilis ein. Auch die chinesische Medizin benutzte Quecksilberpräparate in geringen Dosen gegen Schlaflosigkeit und zur geistigen Beruhigung. Der deutsche Name leitet sich vom althochdeutschen quecksilabar ab, was so viel wie „lebendiges Silber“ bedeutet. Das Symbol für Quecksilber führte Berzelius im Jahre 1814 ein. Im zweiten Weltkrieg wurde das flüssige Metall in erheblichem Umfang für Quecksilberschalter zum Zünden von Bomben benötigt. So konnten die Bomben mit dem Abwurf durch Neigen oder Beschleunigen scharf gemacht werden. Aus diesem Grund war Quecksilber im Krieg ein enorm begehrter Rohstoff. Kurios dabei ist, dass die Minen in Almadén das Metall gleichzeitig an Francos und Hitlers Truppen und auch an die Engländer lieferten. [Lit 106] |
Herstellung | |||||||||
Die
Herstellung erfolgt durch das Erhitzen von Zinnobererz in Öfen unter Luftstrom bei Temperaturen über 400 °C. Das
gasförmige Quecksilber entweicht zusammen mit dem gleichzeitig entstehenden
Röstgas Schwefeldioxid:
HgS + O2 Hg + SO2 Die Herstellung kann
auch mit gebranntem Kalk oder mit Eisenspänen
erfolgen:
4 HgS + 4 CaO 4 Hg + 3 CaS + CaSO4 HgS + Fe FeS + Hg Die
Quecksilberdämpfe kondensieren in Kühlrohren und werden in
eisernen
Behältern gesammelt. Man erhält relativ reines
Quecksilber mit mindestens 99,99 Prozent Reinheit.
Schwermetall-Verunreinigungen lassen
sich mit verdünnter Salpetersäure entfernen. Im Labor reinigt man Quecksilber, indem man es durch fein durchlöchertes
Papier oder durch Leder fließen lässt.
Bis zum 15. Jahrhundert erfolgte das Rösten des Zinnobers in tönernen Töpfen bei aufgesetztem Deckel über einem mit Holz gefeuerten Ofen. Das entstehende Quecksilber konnte nach dem Prozess abgegossen werden. Ab dem 16. Jahrhundert wurde der Zinnober in einem hohen Schachtofen je nach Größe und Qualität geschichtet und dann erhitzt. Durch Löcher im Ofen entwich der Quecksilberdampf und strömte dann durch eine schräg liegende Reihe aneinander gesetzter Keramik-Gefäße, den Aludeln. Die Aludel waren wassergekühlt, so dass der Quecksilberdampf darin kondensierte. Durch gebohrte Löcher am Boden floss das Quecksilber in eine Rinne und von dort in einen Sammelbehälter. Die Aludel wurde von Zeit zu Zeit demontiert und gereinigt. Die Anlage war nicht dicht, so dass die Quecksilberdämpfe und natürlich auch das Schwefeldioxid freigesetzt wurden. [Lit 106, 107 und 108]
Bis zur Abschaffung der Sklaverei in Spanien um 1838 wurden Strafgefangene und Sklaven als Arbeiter eingesetzt. Diese lebten meistens nicht sehr lange. Im 19. Jahrhundert konstruierte man ein aktives Lüftungssystem im Bergwerk. Zuvor verwendete man unter Tage nur eine Durchzugslüftung. Mit Beginn des 20. Jahrhundert erfolgte eine vollständige Modernisierung der Anlage. Die Öfen wurden mit Propangas erhitzt, das Kondensieren der Dämpfe erfolgte in vertikalen Kühlrohren, die aus Chromnickelstahl bestanden.
Die drei Minen bei Almadén waren vom Altertum bis zum 17. Jahrhundert die bedeutendsten Quecksilber-Minen der Welt. Nach dem allmählichen Erschöpfen der reichhaltigen Vorkommen verlagerte sich die Quecksilbergewinnung in die USA und später auch nach China. Die Stilllegung der Mine in Almadén erfolgte im Jahr 2003. Durch umfangreiche Sanierungsmaßnahmen mit Hilfe der EU entgiftete man die Mine und deckte die ehemalige Abraumhalde ab. Seit 2008 ist Almadén eines der interessantesten Besucher-Bergwerke in Europa.
Besichtigung des Bergwerks: http://www.parqueminerodealmaden.es
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Verwendung | |||
Die
Hauptmenge des gewonnenen, flüssigen Quecksilbers dient bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse im Amalgamverfahren als Kathoden-Material.
Dieses Verfahren wird jedoch zunehmend durch das modernere Membranverfahren ersetzt. Quecksilberdampflampen bestehen aus einem luftdicht gepumpten
Quarzrohr, das eine geringen Menge eines Edelgases und etwas Quecksilber
enthält. Beim Anlegen einer Hochspannung entsteht zunächst ein
Lichtbogen im Edelgas und gleichzeitig Quecksilberdampf. Hierbei findet
eine Gasentladung über den Quecksilberdampf statt, wobei vor allem
UV-Licht ausgestrahlt wird. Die Lampen finden in Straßenscheinwerfern,
Solarien und UV-Lampen Anwendung.
Amalgame werden zum Herauslösen von Gold und Silber aus edelmetallhaltigen Sanden und für die Herstellung von Füllmaterial für defekte Zähne verwendet. Quecksilber dient auch zur Herstellung anderer Quecksilber-Verbindungen wie Knallquecksilber (Quecksilberfulminat, Initialsprengstoff), Quecksilber(II)-chlorid oder Quecksilber(II)-oxid. Die Verwendung als Füllmaterial für Thermometer, Barometer oder Blutdruckmesser wird heute aufgrund der Giftigkeit des Quecksilbers nur noch im wissenschaftlichen Bereich eingesetzt, wenn sehr genaue und standardisierte Messungen vorgenommen werden müssen. Quecksilber-Spritzmittel auf der Basis von quecksilberorganischen Verbindungen sind in Deutschland seit 1980 verboten.
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Weitere Informationen | |
Von der Alchemie zur modernen Chemie |
Quecksilberverbindungen | |||||
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Quecksilberminerale | |||||
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