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Doppelkontaktverfahren
Die Schwefelsäure ist in der chemischen Industrie ein bedeutender Rohstoff zur Herstellung von Stoffen wie Sulfate, Düngemittel oder Waschmittel. Das Kontaktverfahren zur Gewinnung von Schwefelsäure wurde durch die deutschen Chemiker Clemens Winkler (1838–1904) und Rudolf Knietsch (1854–1906) entwickelt. Als Ausgangsprodukt eignet sich flüssiger Schwefel, der aus der Aufbereitung von Erdgas stammt und eine Temperatur von etwa 135 °C besitzt. Die Synthese der Schwefelsäure erfolgt in mehreren Schritten: 
  
 
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1. Schritt

Im Verbrennungsofen verbrennt der flüssige Schwefel mit Luftsauerstoff und mit Hilfe eines Brenners. Er oxidiert dabei zu Schwefeldioxid:
 
  
Schwefel  +  Sauerstoff  reagiert zu   Schwefeldioxid 
S  +  O2  reagiert zu   SO2   
ΔHR = −297 kJ/mol 
  
Die nachgeschaltete Kühlung (auch Abhitzer) bringt das Gasgemisch auf die optimale Temperatur. Diese beträgt im oberen Teil des nachgeschalteten Kontaktofens etwa 420 °C. 
  

2. Schritt

Im Kontaktofen wird das entstandene Schwefeldioxid mit dem im Gasgemisch enthaltenen Sauerstoff weiter oxidiert, dabei entsteht Schwefeltrioxid.
 
  
Schwefeldioxid  +  Sauerstoff  im Gleichgewicht zu   Schwefeltrioxid 
2 SO2  +  O2 im Gleichgewicht zu   2 SO3    
ΔHR = −198 kJ/mol 
  
Damit diese Reaktion abläuft, wird das Gasgemisch durch Siebböden (Horden) mit einer Aufschüttung eines Katalysators geleitet. Es sind mehrere solcher Horden hintereinander angeordnet. Die Reaktion wird durch den Einsatz von Katalysatoren wie Vanadiumoxid und durch einen exakt berechneten Anteil an Sauerstoff im Überschuss begünstigt. Nach dem Prinzip von Le Chatelier sinkt mit steigender Temperatur der Anteil an Schwefeltrioxid bei diesem chemischen Gleichgewicht, daher erweist sich eine Arbeitstemperatur von 420 bis 440 °C optimal. Bei zu niedrigen Temperaturen würde wiederum die Reaktionsgeschwindigkeit abnehmen. Am Ausgang der Siebböden kann die Temperatur auf bis zu 620 °C ansteigen. Daher sind die einzelnen Horden durch Wärmeaustauscher voneinander getrennt. Die Wärmeaustauscher leiten überschüssige Wärme ab. 
  

3. Schritt

Im Absorber wird das Schwefeltrioxid mit 96%iger Schwefelsäure vermischt. Das Schwefeltrioxid reagiert mit dem Wasseranteil in der leicht verdünnten Säure:
 
  
Schwefeltrioxid   +   Wasser  reagiert zu   Schwefelsäure 
SO3  +   H2reagiert zu   H2SO4 

Die so gebildete Schwefelsäure lässt die Konzentration des Gemisches insgesamt auf bis zu 99% ansteigen. Das Zugeben einer leicht verdünnten, 96%igen Säure verhindert das Entstehen von Dischwefelsäure H2S2O7. Der dabei entstehende Nebel würde sich nur noch schwer abscheiden lassen. Dischwefelsäure würde entstehen, wenn Schwefeltrioxid in konzentrierte Schwefelsäure eingeleitet wird: 
  
SO3  +   H2SO4 reagiert zu   H2S2O7 

Als „Oleum“ (auch rauchende Schwefelsäure) wird eine Mischung von Schwefelsäure und Dischwefelsäure bezeichnet. Manche Anlagen stellen ganz bewusst Oleum her, da das Produkt für einige organische Synthesen benötigt wird. Dann werden bei der Zwischenabsorption zwei Absorber eingesetzt. 

4. Schritt

Im ersten Kontaktofen wird nicht alles Schwefeldioxid vollständig umgesetzt. Beim Doppelkontaktverfahren wird das verbleibende Schwefeldioxid nach dem Durchgang durch den Zwischenabsorber nochmals über eine Kontaktschicht geleitet. Im Endabsorber wird das in dieser letzten Kontaktschicht entstehende Schwefeltrioxid in Schwefelsäure gelöst. Moderne Anlagen erreichen eine Umsetzung des Schwefeldioxids von mindestens 99,8%. 
  
 
Schwefelsäuresynthese im Modellversuch 

Erzeugung Schwefeltrioxid
Schwefelsäure Modellversuch
Beim ersten Brenner (links) wird Pyrit zu Schwefeldioxid geröstet. Am Vanadium(V)-oxid-Katalysator (2. Brenner) oxidiert das Schwefeldioxid zu Schwefeltrioxid.
Das Schwefeltrioxid wird durch die Apparatur gesaugt; es löst sich im Wasser des Reagenzglases links nur wenig, in der konzentrierten Schwefelsäure im Reagenzglas rechts gut.
 
Diese Demonstration darf nur im Abzug durchgeführt werden.  >Film
  
  
Weitere Informationen 
  
Schwefeldioxid 
Schwefelsäure


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