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Carbonsäuren
Inhalt
Gruppenmerkmal
Unterteilung
Eigenschaften
Herstellung
Verwendung

Ethansäure Molekül

Ethansäure, Essigsäure

Die Carbonsäuren stellen eine Gruppe organischer Verbindungen dar, die im Molekül mindestens eine COOH-Gruppe (Carboxy-Gruppe) enthalten. Ein bekannter Vertreter ist Ethansäure.


Vorkommen und Gruppenmerkmal

Die Carbonsäuren beinhalten eine große Gruppe organischer Säuren, die in der Natur weit verbreitet sind. Zu ihnen gehört beispielsweise die Ameisensäure oder die Essigsäure. In reiner Form wirken einige der Carbonsäuren stark ätzend und toxisch, in den Nahrungsmitteln nehmen wir aber auch geringe Mengen auf: Sauerkraut ist zum Beispiel mit Milchsäure vergoren, Trauben enthalten natürliche Weinsäure, Citrusfrüchte Citronensäure, Äpfel und Birnen Äpfelsäure und Rhabarber sogar Oxalsäure.


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Das kennzeichnende Merkmal des Carbonsäure-Moleküls ist die COOH-Gruppe, die Carboxy-Gruppe (veraltet auch Carboxyl-Gruppe).
Gesättigte Carbonsäuren ohne Doppelbindungen im Kohlenstoffgerüst sind gesättigt, sie werden Alkansäuren genannt. Nach der Nomenklatur werden die Namen nach dem Grundgerüst vergleichbarer Alkane gebildet, wobei die Endung -säure angehängt wird. Carbonsäuren werden auch Fettsäuren genannt, da sie Fett-Moleküle aufbauen.
 
  
Ameisensäure Essigsäure Propionsäure Buttersäure
  Flasche   Flasche Flasche Flasche
   
Methansäure Ethansäure Propansäure Butansäure
     

Unterteilung der Carbonsäuren

Besitzen die Carbonsäuren in ihrer Kohlenstoff-Kette mindestens eine Doppelbindung, handelt es sich um ungesättigte Fettsäuren. Diese sind im Vergleich zu den gesättigten Fettsäuren wie Stearinsäure oder Palmitinsäure daran zu erkennen, dass sie eine oder mehrere Doppelbindungen im Fettsäure-Molekül enthalten, beispielsweise bei der Ölsäure oder der Linolsäure. Bei den ungesättigten Fettsäuren verläuft die Probe mit Bromwasser zum Nachweis von Mehrfachverbindungen positiv.  
  

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Ungesättigte Fettsäuren haben einen niedrigeren Schmelzpunkt, da die Doppelbindungen zu einem Knick in der Molekülkette führen und die Moleküle nicht mehr so dicht gepackt werden können. Dadurch sind die Van-der-Waals-Kräfte zwischen den Ketten schwächer. Bei der Fetthärtung werden ungesättigte Fettsäuren in gesättigte umgewandelt, die Schmelzpunkte steigen dadurch. 
  
 
Gesättigte und ungesättigte Fettsäuren
  
Gesättigte und ungesättigte Fettsäuren

 Ungesättigte Fettsäuren haben mindestens eine Doppelbindung in der C-Kette.
     
  
Zu den einfach ungesättigten Fettsäuren zählen zum Beispiel die in pflanzlichen Fetten vorkommende Ölsäure (cis-9-Octadecensäure) oder die Palmitoleinsäure (cis-9-Hexadecensäure), zu den mehrfach ungesättigten mit mehreren Doppelbindungen die Linolsäure (cis-cis-9,12-Octadecadiensäue) oder die Linolensäure (cis-cis-cis-9,12,15-Octadecatriensäure). Nach der Nomenklatur kann die Numerierung am C-Atom mit der Carboxy-Gruppe beginnen oder aber auch umgekehrt vom letzten C-Atom aus, das als Omega bezeichnet wird. Die Zählung vom Omega-Ende aus wird aber meist nur verwendet, wenn die Fettsäuren klassifiziert werden: Die Ölsäure wäre demnach eine Omega-9-Fettsäure. In tierischen Fetten findet man vorwiegend trans-Fettsäuren.

Pflanzenöle werden aus Ölpflanzen gewonnen. Im Gegensatz zu den etherischen Ölen enthalten Pflanzenöle eine Mischung schwer flüchtiger, fetter Öle. Je nach Zusammensetzung variiert die Dichte der pflanzlichen Öle. Eines der schwersten, pflanzlichen Öle ist das Rizinusöl, das aus den Samen der Rizinuspflanze durch Kaltpressen gewonnen wird. Die hohe Dichte wird durch den Hauptbestandteil 12-Hydroxy-9-octadecensäure (Ricinolsäure) verursacht. Rizinusöl ist ein wichtiger Rohstoff für die Kosmetik- und Farbenindustrie.


Name
Rohstoff
Dichte g/cm³
Rapsöl
Rapssamen
0,91
Olivenöl
Steinfrucht des Olivenbaums
0,91
Sonnenblumenöl
Sonnenblumenkerne
0,92
Erdnussöl
Samen der Erdnuss
0,92
Distelöl
Frucht der Färberdistel
0,92
Sojaöl
Samen der Sojabohne
0,93
Leinöl
Samen der Leinpflanze
0,93
Rizinusöl
Samen der Rizinuspflanze
0,95


Dicarbonsäuren sind an ihren zwei COOH-Gruppen zu erkennen. Zu ihnen zählen die im Sauerklee vorkommende Oxalsäure (Ethandisäure), die Malonsäure (Propandisäure), die Bernsteinsäure (Butandisäure) oder die ungesättigte Fumarsäure (trans-Butendisäure) als Beispiel für eine ungesättigte Dicarbonsäure. Die Hydroxycarbonsäuren enthalten zusätzlich mindestens eine OH-Gruppe. Ein einfacher Vertreter dieser Gruppe ist die Milchsäure (Hydroxypropansäure). Zu den Hydroxycarbonsäuren mit mehreren COOH-Gruppen zählen die Citronensäure oder die Weinsäure. Bei den aromatischen Carbonsäuren ist die COOH-Gruppe mit einem Benzolring verbunden wie bei der Benzoesäure. Bei der Phthalsäure handelt es sich um eine aromatische Dicarbonsäure. Ist der Benzolring zusätzlich noch mit einer OH-Gruppe verbunden, erhält man die aromatischen Hydroxycarbonsäuren, zu denen die Gallussäure oder die Salicylsäure gehören. 
  

Eigenschaften

Im Vergleich zu den kurzkettigen Alkoholen liegen die Siedepunkte der kurzkettigen Alkansäuren noch höher, weil die Moleküle an der Carboxy-Gruppe noch mehr polarisiert sind. Das Wasserstoff-Atom in der Carboxy-Gruppe ist gegensätzlich zum Sauerstoff-Atom der Doppelbindung polarisiert. Die Moleküle ziehen sich dadurch untereinander an, es bilden sich Wasserstoffbrücken. Die kurzkettigen Alkansäuren bilden untereinander Dimere, das sind zwei Moleküle, die über die Wasserstoffbrücken ein Doppel-System eingehen.


Polarität im Molekül Intermolekulare Wasserstoffbrücken
 
Polarität im Methansäure-Molekül 


Intermolekulare Wasserstoffbrücken
 
Die Carboxy-Gruppe ist polar, dadurch wirken zwischen den Molekülen Kräfte.
     

Mit zunehmender Kettenlänge nehmen aufgrund der steigenden Van-der-Waals-Kräfte die Siedepunkte zu, während die Wasserlöslichkeit sinkt. Die Pentansäure ist nur noch schlecht wasserlöslich, während die Octansäure im Wasser gar nicht mehr löslich, dafür aber gut in unpolaren Lösungsmitteln wie Benzin löslich ist. 
 
 
 Schmelz und Siedepunkte der Alkansäuren im Vergleich

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 Mit zunehmender Kettenlänge nehmen die Schmelz- und Siedepunkte zu.
      

Die Säurewirkung der Carbonsäuren beruht auf einer Säure-Base-Reaktion. Ein Proton der Carboxy-Gruppe kann aufgrund der hohen Polarität leicht abgegeben werden. Es entsteht das für die Säuren typische H3O+-Ion. Mit zunehmender Kettenlänge hebt der Alkylrest die polare Wirkung wieder auf, so dass das Proton schwerer abgespalten wird. Die Säurestärke nimmt daher mit zunehmender Kettenlänge ab.

  
 Säurewirkung der Carbonsäuren

Methansäure  +  Wasser  im Gleichgewicht zu    Formiat-Ion   +   Hydronium-Ion

 
Methansäure reagiert relativ heftig mit einem Magnesiumband (RG im Bild unten links), während bei der Ethansäure die Reaktion schon langsamer abläuft (2. RG von links). Die Reaktion mit Magnesium ist zwar nicht ein quantitativer Maßstab, aber ein grober Hinweis auf die Säurestärke. Buttersäure (RG ganz rechts) ist nur noch eine relativ schwache Säure. 
 
 
 Reaktion der Carbonsäuren mit Magnesium
   
Magnesium reagiert mit Carbonsäuren

Methansäure  +  Magnesium reagiert zu   Magnesiumformiat  +  Wasserstoff
Ethansäure    +  Magnesium reagiert zu   Magnesiumacetat  +  Wasserstoff
Propansäure  +  Magnesium reagiert zu   Magnesiumpropionat  +  Wasserstoff
Butansäure    +  Magnesium reagiert zu   Magnesiumbutyrat  +  Wasserstoff
 
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Bei der Reaktion einer Carbonsäure mit einem unedlen Metall entstehen unter Wasserstoff-Entwicklung die Salze der Carbonsäure. Einige der Salze wie Natriumtatrat oder Natriumcitrat werden als Lebensmittel-Zusatzstoffe eingesetzt. Die Natrium- und Kaliumsalze der langkettigen Carbonsäuren entstehen bei der Herstellung von Seifen. 
  
  
Name der Säure Name der Salze Verwendungszweck
Ameisensäure Formiate Reinigungsmittel
Essigsäure Acetate Lebensmittel-Konservierung
Propionsäure Propionate Früher zur Konservierung
Buttersäure Butyrate Kunststoffherstellung
Stearinsäure Stearate Seifen- und Kerzenherstellung
Milchsäure Lactate Kochsalzersatz Diätnahrung
Äpfelsäure Malate Lebensmittel-Konservierung
Citronensäure Citrate Säuerungsmittel
Weinsäure Tartrate Säuerungsmittel
Benzoesäure Benzoate Lebensmittel-Konservierung
  

Chemische Reaktionen (Beispiele) 
  
a) Eine typische chemische Reaktion der Carbonsäuren stellt die Ester-Reaktion mit einem Alkohol dar. Bei der Veresterung von Glycerin mit drei Fettsäuren erhält man ein Fett-Molekül.

b) Wenn zwei Carbonsäure-Moleküle unter Wasserabspaltung reagieren, erhält man die entsprechenden Carbonsäureanhydride. Aus zwei Essigsäure-Molekülen entsteht zum Beispiel Essigsäureanhydrid. Da dieses beim Vorhandensein von Essigsäure aber sofort wieder zerfallen würde, wählt man in der Praxis andere Herstellungsmöglichkeiten der Anhydride.

c) Durch eine Substitutionsreaktion lassen sich Halogencarbonsäuren herstellen. Die Stoffe dieser Gruppe sind außergewöhnlich reaktiv. Sie sind auch stärkere Säuren als die Carbonsäuren. Mit Wasser reagieren sie wieder zu der entsprechenden Carbonsäure und Chlorwasserstoff. Durch eine Umsetzung mit Ammoniak erhält man Aminosäuren wie Glycin (Aminoethansäure), die als Bausteine für die Eiweiße von großer Bedeutung sind. 
  
  
 Herstellen der Aminosäure Glycin aus Essigsäure
  Herstellen der Aminosäure Glycin aus Essigsäure, 1. Schritt  
Schritt 1: Substitution eines Halogens
  Herstellen der Aminosäure Glycin aus Essigsäure, 2. Schritt   
 Schritt 2: Umsetzung mit Ammoniak
     
  
Herstellung 
  
Lässt man Wein längere Zeit an der Luft offen stehen, bildet sich durch eine enzymatische Oxidation Essigsäure. Im Labor kann man eine Alkansäure mit Hilfe von starken Oxidationsmitteln aus primären Alkoholen darstellen. Einfache Alkansäuren können auch durch eine Oxidation eines Aldehyds dargestellt werden. 
  

Verwendung 
  
Die Verwendung der Carbonsäuren und ihrer Salze ist vielseitig. Sie dienen als Lebensmittelzusatzstoffe und stellen wichtige Zwischenprodukte für zahlreiche andere Stoffe und Stoffgruppen der organischen Chemie dar. Sie werden zum Beispiel bei der Herstellung von Riechstoffen, Kunststoffen, Medikamenten oder Farbstoffen benötigt.



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