Bindemittel | ||
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Kalk | Leime | Harze | Wachse | Öle |
Kalk | |||
Die Höhlenmaler vermischten ein Pigmentpulver mit Wasser und trugen diese Paste auf den
Fels auf. Im Lauf der Zeit tränkte das Sickerwasser aus der
Felswand die Malereien. Das darin gelöste Calciumhydrogencarbonat
zersetzte sich beim Verdunsten des Wassers zu Kohlenstoffdioxid und
Kalk. Dieser bildete in den Farbschichten Kalksinter, der das Kunstwerk
dauerhaft konservierte.
Die Freskomalerei kam ebenfalls schon in der Antike vor, man findet sie beispielsweise im
alten Pompeji. Es waren aber die großen italienischen Meister wie
Giotto di Bondone (1267–1337) oder Masaccio (1401–1428), die sie weiterentwickelten
und erneuerten. Die Freskotechnik benutzt zum Binden von Pigmenten den noch feuchten Putz, der das Pigment durch eine chemische Reaktion dauerhaft
und stabil verbindet. Insofern ist die Freskomalerei mit der Höhlenmalerei verwandt. |
Leime | |||||||||
Leime
sind wasserlösliche Klebemittel auf pflanzlicher, tierischer oder
synthetischer Basis. Zu den eiweißhaltigen Leimen gehören die
aus Schlachtabfällen gewinnbare Gelatine, der aus Knochen herstellbare Knochenleim oder das Casein der Milch. Dieses Eiweiß lässt sich erst mit gelöschtem
Kalk oder Borax in Wasser aufschließen.
Mit dem Ausgang des Mittelalters wurden Eier zusammen mit Leinöl in Eitemperafarben als Bindemittel eingesetzt. In der Tafelmalerei auf Holz und auch in der Ikonenmalerei kamen Caseinfarben mit Casein als Bindemittel oder Eitemperafarben zum Einsatz. Fra Angelico (gestorben 1455 in Rom) war einer der bedeutendsten Maler der frühen Renaissance. Er arbeitete zunächst als Buchmaler in Florenz, die Zellen und der Kreuzgang im Kloster San Marco enthält bedeutende Werke, aber auch viele Altarbilder sind bekannt. Nach ihm ist das berühmte Fra-Angelico-Blau benannt. Der flämische Meister Jan van Eyck (1390–1441) verwendete neben den Ölfarben auch Eitemperafarben. So ist der berühmte Genter Altar mit Ölfarben auf Holz gemalt, während die Hochzeit des Giovanni Arnolfini mit Temperafarben auf Holz angefertigt ist. Eine Temperafarbe enthält eine Leim-Öl-Wasser-Emulsion, die das Pigment bindet. Gouachefarbe enthält dagegen nur wasserlösliche Leimstoffe und keine Öle. Die Buchmalerei im Mittelalter verwendete Gouachefarben. Als Künstlerfarben wurden sie erst etwa ab dem 15. Jahrhundert entdeckt. Tempera- und Gouachefarben bilden im Vergleich zu den Ölfarben beim Trocknen weniger Risse, sie erhalten die Leuchtkraft von Pigmenten besonders gut. Dies ist der Grund, warum einige Meisterwerke aus der Zeit der Renaissance heute viel leuchtkräftiger erscheinen, als die nachgedunkelten Ölgemälde späterer Meister. Ein Nachteil der Temperafarben besteht darin, dass sie nach dem Trocknen heller erscheinen. Außerdem kann man schlechter Farbübergänge erzeugen, weil sie sich nicht so gut wie Ölfarben vermischen lassen. Aus diesem Grund trugen die Temperamaler die Farbe in vielen lasierenden Schichten übereinander auf. Die Malfarben sind sehr spröde und lassen sich daher zwar gut auf Holz, aber nur schwer auf einer flexiblen Leinwand auftragen. Sie müssen nach der Herstellung auch sofort verarbeitet werden. Stärkehaltige Leime kommen als Pulver mit Bezeichnungen wie Glutolin oder Methylan in den Handel. Sie können aus dem Zellstoff des Holzes gewonnen werden. Methylcellulose ist der Hauptbestandteil von Tapetenkleister, sie eignet sich hervorragend als Klebstoff oder zur Herstellung von einfachen Malfarben. Dextrin erhält man als Abbauprodukt, wenn Stärke auf 200 bis 290 °C erhitzt wird. Heute spielen die natürlichen Bindemittel bei der Herstellung von Farben und Lacken nur noch eine untergeordnete Rolle. Autolacke werden oft auf der Basis von Nitrocellulose eingesetzt. Zur Herstellung wird cellulosehaltiges Material wie Baumwolle mit Salpetersäure und Schwefelsäure zu Nitrocellulose nitriert. Diese findet als Sprühlack in einer Mischung aus Harzen, Lösungsmitteln, Weichmachern und Pigmenten Anwendung und zeichnet sich durch eine außerordentlich schnelle Trocknungszeit aus.
Für die wasserlöslichen Aquarellfarben benötigt es ganz spezielle Bindemittel, damit man ein Pigment in feinster Verteilung auf einem Papier fixieren kann. Gummi als Ausschwitzungen
von Pflanzen gelten als die ältesten, bekannten Bindemittel. Die dafür
benötigten Sträucher von Astragalus-Arten wachsen in Persien,
Kleinasien, Griechenland und Südamerika. Traganth Astragalus gummifer ist eine etwa einen halben Meter hohe, mehrjährige Pflanze mit gefiederten
Blättern. Sie wächst beispielsweise im Iran und bevorzugt gerne
sandige Böden an sehr sonnigen Standorten. Vier Jahre nach der Aussaat
werden die Wurzeln gewonnen. Nach dem Anritzen der Wurzeln mit einem Messer
tritt ein Gummi aus. Es wird gesammelt und nach dem Trocknen pulverisiert. Traganthgummi enthält einen hohen Anteil an Mehrfachzuckern wie Tragacanthin
und Bassorin, das gut quellbar ist. Noch heute ist Traganthgummi als Lebensmittelfarbstoff
E413 zum Verdicken und Gelieren zugelassen. Es wird zusammen mit Gummiarabikum in sehr hochwertigen Aquarellfarben eingesetzt,
sein Quellvermögen soll bis zu zehnmal höher sein als das von
Gummiarabikum.
Aquarellfarben werden lasierend aufgetragen, während die "Wasserfarben" aus dem Schulmalkasten deckend vermalt werden. Sie zählen zu den Gouachefarben und werden korrekt als Deckfarben bezeichnet. Sie enthalten Dextrin und Polyvinylalkohol als Bindemittel.
Mit wasserlöslichen
Farben bemalten die alten Ägypter ihre Totenbücher oder Holzsarkophage.
Sie kamen auch in China seit dem 1. Jahrhundert nach Christus zum Einsatz.
Die indische Buchkunst verwendete anfangs Wasserfarben und Palmblätter,
seit dem 13. Jahrhundert auch Papier. Eine Vorstufe der Aquarellmalerei
in Europa stellten die um 1413 entstandenen Buchmalereien der Gebrüder
Limburg dar. Pigmente wie Fra Angelico Blau oder Malachit wurden mit Wasser und Leim vermischt.
Die „Stundenbücher“ Les Très Riches Heures enthielten 206
farbige Abbildungen, so auch die zwölf berühmten Monatsbilder oder biblische
Darstellungen. Wasserlösliche Farben
wurden seit dem 15. Jahrhundert für wissenschaftliche und künstlerische
Darstellungen von Tieren und Pflanzen benutzt. Durch den lasierenden Auftrag
mehrerer Farbschichten lassen sich sehr naturgetreue Bilder erzeugen. Albrecht
Dürer (1471–1528) gilt mit seinen Landschaften und Tierdarstellungen
als der erste bedeutende Meister der Aquarellmalerei. Einen weiteren Höhepunkt
erlebte die Aquarellmalerei mit dem englischen Maler J.M. William Turner
(1775–1851). Er setzte alle verfügbaren Techniken und Effekte ein.
Er ließ die Farben im Wasser verschwimmen, er malte mit den Fingern
und entfernte mit dem Daumennagel auch wieder Farbe, um Kratzspuren zu
erzeugen. Manchmal ließ er große Flächen frei oder er
benutzte Löschpapier, um die Farben wegzusaugen. Die Benutzung dieser
Elemente führte zu sehr ausdrucksstarken Aquarellen. Auch Turners
Zeitgenosse John Constable (1776–1877) schuf sehr bemerkenswerte Werke
mit Aquarellfarben. Von den Aquarellmalern des Impressionismus ist vor allem Paul Cézanne (1839–1906) zu nennen. Er gilt als Meister des Licht und Schattens. Berühmt geworden sind die Aquarelle von August Macke (1887–1914) und Paul Klee (1879–1940), die auf der Reise nach Tunesien entstanden. Sehr ausdrucksstarke Aquarelle der norddeutschen Landschaft und ihrer Wolkenstimmungen schuf Emil Nolde (1867–1956). Der expressionistische Maler entwickelte eine Meisterschaft darin, Form und Farbe direkt im Verfließen-lassen der Aquarellfarbe in einem einzigen Prozess umzusetzen. Da er bei den Nationalsozialisten als entarteter Künstler galt, malte er trotz Malverbot, dann aber oft schnell auf kleinen Vorlagen. Gerade aber dies begünstigte Noldes Maltechnik in besonderer Weise. |
Balsame und Harze | |||
Fossile
Harze wie Kaurikopal und Bernstein werden
durch Ausgraben aus dem Boden gewonnen. Es sind Produkte von ehemaligen,
heute ausgestorbenen Pflanzen. Im Gegensatz zu den Gummi sind die Harze
nicht wasserlöslich. Meistens sind es die Rückstände der
Balsame aus den Verletzungen an den Nadelbäumen nach dem Verdunsten
der ätherischen Öle. Aus dem Balsam der Kiefer oder der Lärche
lässt sich Terpentinöl gewinnen.
Weichharze lösen sich in Terpentinöl oder in Benzin, Hartharze in heißen fettigen Ölen oder in Alkohol. Beim Zusatz von Balsamen und Harzen zu Künstlerfarben oder beim Einsatz als Bindemittel entsteht nach dem Trocknen ein Glanz. Dies kann bei einem Gemälde einen erwünschten Effekt darstellen, da dadurch die aufgetragene Farbe eine Tiefenwirkung erhält, die dauerhaft anhält. Allerdings besitzen Naturharze die ungünstige Eigenschaft, dass sie vergilben. Zu den natürlichen Harzen gehören Mastix, Dammar, Kolophonium oder Schellack. Letzterer ist kein klassisches Weichharz, da sich Schellack nicht in Benzin löst, sondern nur in Alkohol. Es handelt sich hierbei um ein tierisches Produkt der weiblichen Lackschildlaus. Kunstharze wie die Alkydharze vergilben kaum. Diese zu den Kunststoffen gehörenden Harze eignen sich für Kunstharzlacke und sind in heutigen Künstlerfarben enthalten. Bei dem in den Acrylfarben als Bindemittel enthaltenen Acrylharz handelt es sich um einen klaren, wasserfesten und dem Plexiglas ähnlichen Kunststoff mit stark klebenden Eigenschaften. Auch Acrylharze vergilben im Laufe der Zeit nur wenig. Sie sind im Handel zum Beispiel als Acryl-Emulsion oder als festes Harz erhältlich. Die höchste Härte und Beständigkeit erreichen die Cyclohexanonharze. Sie sind chemisch sehr beständig, farblos, unempfindlich gegen Licht und in den meisten Lösemitteln gut löslich.
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Wachse | |||
Bienenwachs
gilt als das älteste, genutzte Klebemittel des Menschen. Früher
fand man es als Wachs der Wildbienen in hohlen Baumstämmen. Bei den
Wachsen tierischer und pflanzlicher Herkunft handelt es sich um Stoffgemische,
die aus höheren Fettsäuren wie Cerotinsäure und Melissinsäure
und aus verschiedenen, langkettigen Estern zusammengesetzt
sind. Manche Wachse sind schon bei Zimmertemperatur knetbar. Das Wachs
der Bienen und auch das pflanzliche Carnaubawachs der brasilianischen Carnaubapalme wurden schon im Altertum für die
Herstellung von kosmetischen Produkten eingesetzt. Noch heute wird das
Carnaubawachs in Lippenstiften verwendet.
Bei der Enkaustik werden die Pigmente in Wachs gebunden und auf einen Maluntergrund heiß
aufgetragen. Zum Einsatz kommt rein weißes oder gebleichtes Wachs.
Diese Maltechnik kam vor allem in der Antike zum Einsatz. Sie wurde auch
bei der Ikonenmalerei angewandt. |
Öle | |||
Fette
Öle sind aus Glycerin und Fettsäuren aufgebaut. Es handelt sich hierbei um Fette, die bei Zimmertemperatur in
flüssiger Form vorliegen. Beim Erwärmen werden sie dünnflüssiger,
beim Abkühlen zähflüssiger. Für Künstlerfarben
kommen ausschließlich Öle wie Leinöl in Frage, die einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren
enthalten. Dadurch können sie an der Luft in dünner Schicht oxidieren,
sie polymerisieren dabei unter Bildung eines elastischen Films. Pflanzliche
Öle haben die unangenehme Eigenschaft, dass sie bei der Trocknung
vergilben. Dadurch können Ölgemälde im Laufe der Zeit verbräunen.
Selbst Leinöl der besten Qualität weist diese Eigenschaft geringfügig
auf. Wahrscheinlich seit Albrecht Dürer (1471–1528) und spätestens
ab Peter Paul Rubens (1577–1640) wurden andere Öle wie Mohnöl,
Sonnenblumenöl oder Walnussöl ausprobiert.
Zum Herstellen einer Ölfarbe reibt man Pigmente mit langsam trocknenden Ölen an. Beim eigenen
Anreiben wird in der Regel ein aufgerauter Glas- oder Steinläufer
und ein aufgerauter Reibstein verwendet. Alternativ eignet sich auch
eine große Reibschale mit Pistill. Die kleinen Pigmentkörner
neigen bei der Lagerung dazu, Zusammenballungen oder Agglomerationen zu
bilden. Durch das Anreiben wird Energie zugeführt, die
Oberfläche der dann einzeln vorliegenden Pigmentkörner ist
größer als im agglomerierten Zustand. Dadurch lassen sich die
Pigmentkörner mit dem Leinöl dispergieren. Damit eine
Ölfarbe als Dispersion in einer Tube erhalten bleibt, benötigt
es Zusätze zur Stabilisierung. Die Ölfarben trocknen ohne Risse und lassen sich in dünnen Schichten – auch übereinander – vermalen. Ölfarben können fein abgestimmt werden, sie eignen sich hervorragend zur Darstellung von Licht und Schatten, davon zeugen die Gemälde Caravaggios und Rembrandts. Zur Beschleunigung der Trocknung werden geringe Mengen an Sikkativen hinzugefügt. In der Regel handelt es sich hierbei um Lösungen von Metallseifen in Terpentinöl. Die Zugabe von Dammarharz oder Mastix wird heute nicht mehr empfohlen, da diese Harze wie die Öle mit den Pigmenten reagieren und vergilben können. Die Technik der Ölmalerei wurde von dem großen flämischen Meister Jan van Eyck (1395–1491) zur Vollkommenheit gebracht. Van Eyck trug die Farbe in feinen Pinselstrichen auf und erreichte eine sehr hohe Detailtreue. Große Ölmaler der Folgezeit waren Leonardo da Vinci (1452–1519), Tizian (1485–1576), Peter Paul Rubens (1577–1640) und Rembrandt (1606–1669). Die Maler des Impressionismus wie Vincent van Gogh (1853–1890) trugen manchmal die Ölfarbe so dick auf, dass sich später ungewollt Risse bildeten. Hier wird dann das ganze Können der Restauratoren verlangt. Bei älteren Ölbildern wurde oft ein Firniss zum Schutz des Gemäldes über das Bild gezogen. Verwendet wurden Lösungen von Harzen, die dem Bild zwar mehr Glanz und Tiefe verleihen, aber auch die Gefahr mit sich bringen, dass das Gemälde dunkel wird oder nachbräunt. |