Leinöl | ||
|
Geschichte | Gewinnung | Rezepturen | Bindemittel | Portraits |
Geschichte und Verwendung | ||||||
Lein
zur Herstellung von Textilien und Speiseölen wurde schon in der Steinzeit
als Öllein oder Faserlein angebaut und verarbeitet. Die Aussaat und
die Ernte lässt sich auch auf altägyptischen Wandmalereien nachlesen.
Leinöl zur Herstellung von Ölfarben
kam erst durch den flämischen Meister Jan van Eyck (1395-1491) auf.
Leinöl ist seither eines der wichtigsten Bindemittel für Farben
und Lacke. Eine Ölfarbe erhält man zum Beispiel durch das Verrühren
eines Pigments mit Leinöl. Fast alle großen
Meister verwendeten das fette Öl für ihre Ölmalereien.
Heute benutzen viele Naturfarbenhersteller wie Auro
oder Livos das Öl zur Herstellung umweltverträglicher Farben
und Lacke.
Beim Trocknungsprozess oxidieren ungesättigte Fettsäuren unter Lichteinwirkung mit dem Luftsauerstoff. Dies findet vor allem bei mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie bei der Linolensäure mit ihren drei Doppelbindungen statt. Die oxidierten Zwischenprodukte verbinden sich zu Riesen-Molekülen, wobei sich ein elastischer Film bildet. Das entstehende Stoffgemisch im Film wird als Linoxyn bezeichnet. Leinöl ist ein hervorragendes Bindemittel, das nach dem Trocknen die Pigmente dauerhaft und wetterbeständig auf einem Untergrund fixiert. Eine unangenehme Eigenschaft aller fetten Öle ist ihre Vergilbung. Dadurch können Ölgemälde im Laufe der Zeit einen Gelb- oder Braunstich erhalten. Gebleichtes Leinöl oder auch Mohnöl neigen weniger zum Vergilben. Besonders gefährdet sind Ölgemälde mit einem Harz-Firnis, weil auch Harze vergilben. Ein Firnis soll einem Ölgemälde mehr Glanz, mehr Farbtiefe und mehr Detailschärfe verleihen, und es soll vor Umwelteinflüssen schützen. Ein Ölgemälde ist beim Trocknen vor allem in der ersten Phase für das Vergilben anfällig. Das erste Trocknen muss immer bei Licht, aber darf nie bei vollem Sonnenlicht vor sich gehen. Vorsicht geboten ist auch beim abschließenden Schutzauftrag mit Leinöl-Firnis. Selbst bei der bestmöglichen Qualität und Verarbeitung wird Leinöl immer ein klein wenig vergilben. Kunstharze wie die Alkydharze zeigen dagegen eine erheblich bessere Beständigkeit.
Durch das Erhitzen des
Leinöls auf etwa 280 °C unter Luftabschluss erhält man ein
zähflüssiges Öl, das als Leinöl-Standöl bezeichnet
wird. Anstriche mit diesem Öl als Bindemittel
sind noch elastischer und beständiger gegen Witterungseinflüsse.
Dafür ist die Trocknungszeit erheblich länger, die Fähigkeit
zum Vergilben ist nicht so hoch.
Aufgrund seines hohen
Gehalts an ungesättigten Fettsäuren
ist das Leinöl ein wertvolles Speiseöl. Linolsäure oder
Linolensäure gehören zu den essenziellen Fettsäuren, die
für den menschlichen Körper lebensnotwendig sind. Vor allem die
kaltgepressten Pflanzenöle enthalten einen hohen Anteil an fettlöslichen
Vitaminen wie Vitamin A und E. Tierische Fette
und Öle besitzen im Vergleich dazu weniger ungesättigte Fettsäuren
als pflanzliche Produkte.
Früher diente Leinöl
auch zur Herstellung von Linoleum, einem auf Naturstoffen basierenden Bodenbelag,
den Sir Frederic im Jahre 1863 in London patentieren ließ. Seit kurzer
Zeit erlebt der natürliche Bodenbelag im Zuge eines neuen Umweltbewusstseins
eine Renaissance, er wird wieder zunehmend für Bodenbeläge eingesetzt.
Darüber hinaus wird das Leinöl zur Produktion von Geweben, Schmierseifen,
Kitt und Wachstüchern verwendet.
Aus ökologischer
Sicht ist der nachwachsende Rohstoff Leinöl
und sein Produktionskreislauf ein gutes Beispiel für eine umweltverträgliche
und moderne Technologie der sogenannten sanften Chemie. Sämtliche
Produkte, Zwischenprodukte und Abfallstoffe sind umweltverträglich
und können wieder in den natürlichen Ökokreislauf zurückgeführt
werden:
Leinöl ist ein Rohstoff
für kosmetische Produkte und es wird zur Konservierung von Holz eingesetzt.
Umweltfreundliche Holzlasuren auf Leinölbasis sind frei von bioziden
Holzschutzwirkstoffen. Sie pflegen und schützen Hölzer und heben
gleichzeitig ihre Struktur hervor. Leinöl könnte als Biokraftstoff
eingesetzt werden, allerdings stellt das schnelle Austrocknen an der Luft
ein Problem dar. Aus diesem Grund greift man auf Rapsöl zurück.
|
Gewinnung | |||||||||
Der
zu den Leingewächsen gehörende Sommerlein kommt in verschiedenen
Zuchtformen vor. Faserlein oder Flachs besitzt kleine hellblaue Blüten
und einen nicht verzweigten Stängel. Er wird über einen Meter hoch.
Der Stängel besteht aus bis zu vier Zentimeter langen Bastfasern, die aufgrund
ihrer besonderen Reißfestigkeit zur Herstellung von Textilfasern
(Leinen) verwendet werden. Der kleinwüchsigere Öllein ist an
etwas größeren Blüten und Samen und an einem stark verzweigten
Stängel zu erkennen.
Die großen Kapseln und Samen des Ölleins indischer Herkunft garantieren eine gute Ausbeute bei der Leinölgewinnung. Die kleineren, dunkleren Samen aus dem Baltikum oder aus Holland werden für maltechnische Zwecke eher empfohlen. Dieser eher selten angebaute Lein erkennt man an seinen weißen Blüten. Hochwertiges Leinöl für Malzwecke ist frei von Verunreinigungen. Kleine Mengen an unerwünschten Anteilen von Raps- oder Mohnöl können die Trocknungszeiten erheblich verlängern. Hersteller von Künstlerfarben verwenden niemals rohes Leinöl, sondern das helle Lackleinöl, das frei von Farb- und Schleimstoffen ist.
Früher
wurden die Samen in einem wassergetriebenen Stampfwerk zerstoßen.
Der dabei entstehende ölige Leinschrot wurde erwärmt und in
eine Pressform gegeben. Mit einem schweren Hammer setzte man die Kammer
unter Druck. Das Öl floss durch eiserne Lochscheiben, während
in der Presskammer ein Ölkuchen übrig blieb. Diese
Arbeitsschritte entsprechen im Wesentlichen noch heute der Kaltpressung
von Pflanzenölen in einer Ölpresse.
Durch das Auspressen in einer Presse können aus Sonnenblumenkernen,
Lein- oder Rizinussamen pflanzliche Öle gewonnen werden. Erfolgt
die Pressung bei Zimmertemperatur, lösen sich nur die Öle mit
bestem Aroma und bester Qualität. Bei höheren Temperaturen
lösen sich auch andere Pflanzenbestandteile, welche die
Qualität des Öles vermindern. Aus diesem Grunde gehören
kaltgepresste Pflanzenöle zu den wertvollsten und teuersten
Ölen. Für Farben kommen nur kaltgepresste Öle in Frage.
Fette und Öle lösen
sich in unpolaren, organischen Lösungsmitteln wie Hexan
oder Benzin besonders gut (Gefahrenpotenzial beachten!). Zur Ölgewinnung
werden die zerkleinerten oder gemahlenen Samen in einem Kolben mit dem
Lösungsmittel versetzt und leicht erhitzt. Ein aufgesetzter Rückflusskühler
verhindert, dass die Öle bei höheren Temperaturen abdampfen.
Während der Extraktion lösen
sich die pflanzlichen Öle und Fette im Lösungsmittel. Befinden
sich im Extrakt noch feste Pflanzenbestandteile, werden diese abfiltriert.
Nach der Extraktion wird
das Lösungsmittel vom Filtrat abdestilliert. Die Pflanzenöle
besitzen wesentlich höhere Siedetemperaturen als das niedrig siedende
Benzin, das zuerst abdestilliert und für weitere Extraktionen wieder
verwendet werden kann. Im Rückstand der Destillationsapparatur
bleibt das reine Pflanzenöl zurück.
|
Weitere Infos |
Infos
zu den Ölfarben
Arbeitsblatt Rezepte zur Herstellung von Farben Demonstrationsversuch Herstellung von Leinöl im Kaltverfahren Farbenprojekt Leinöl und nachwachsende Rohstoffe |