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Die Farbe Orange
 
Wollgras-Wiese in Island um Mitternacht Die Farbe Orange gilt als Farbe der Geselligkeit, der Lebensfreude, des Vergnügens. Sie stellt einen Gegenpol zur Farbe Blau dar, der Farbe des Geistigen. Mit Orange werden oft Licht oder Wärme assoziiert. Orange steht nicht nur der Farbe Gelb, sondern auch der Farbe Rot nahe. Es ist eine Farbe der Energie und der Aktivität. In Spanien nennen Ehemänner ihre Frauen oft Media naranja, die halbe Orange. Der griechische Gott Dyonysos – als Gott des Weines und des weltlichen Vergnügens – trägt ein orangefarbenes Gewand. Beim Bacchuskult im alten Rom trugen die weiblichen Bacchantinnen orangefarbene Kleider und einen Kranz aus Weinlaub auf dem Kopf, wenn sie mit Wein dem Gott Bacchus huldigten.
  
 
Symbolik Wandel Die Oranier Farbmittel Wirkung
   
Symbolik
Der Parnass (griech. Parnassós) ist ein Bergmassiv in Zentralgriechenland. Nach der griechischen Mythologie ist der Berg dem Gott Apollo geweiht und Heimat der neun Musen, den Schutzgöttinnen der Künste. Eratô (griech. die Liebliche) ist die Muse des Gesanges, des Tanzes und der Liebeslyrik. In Raffaels Parnass-Fresko trägt Eratô ein orangegelbes Gewand. Die Muse Terpsichorê ist dagegen in Blau gekleidet und hält eine Lyra. Sie stellt als Muse der Chorlyrik und des Tanzes den geistigen Gegenpol dar. Das Fresko findet sich in der Stanza della Segnatura im Vatikan. Auch in den Parnass-Darstellungen anderer Maler tragen einige der Musen orangefarbene Gewänder, beispielsweise in einem Temperagemälde von Andrea Mantegna mit dem Titel Parnassus, Apollo und die neun Musen aus dem Jahr 1497.  
 
 
Raffael: Ausschnitt aus dem Parnass-Fresko (um 1510)



Die Muse Eratô (ganz rechts) trägt ein orangegelbes Gewand.
Terpsichorê hält eine Lyra und ist mit einem blauen Gewand bekleidet.
 
  
Orange war früher als eigenständige Farbe nicht anerkannt. Goethe sprach noch von „Gelbrot“. Farbtöne zwischen Rot und Gelb spielen aber in zahlreichen Werken der Kunstgeschichte eine Rolle. In Tizians Gemälde Der Tod des Actaeon (vollendet 1575) ist das Orangerot des Kleides der Jagdgöttin Diana mit Realgar und Auripigment gemalt. Claude Monet setzte rote Pinselstriche neben gelbe. Er erzeugte damit auf Distanz ein Orange mit besonderer Wirkung. Diese Technik wurde später von den Vertretern des Neoimpressionismus – beispielsweise von Georges Seurat oder Paul Signac – ausgiebig angewandt. Vincent Van Gogh war vielleicht der erste, der die Farbe Orange ganz bewusst als eigenständige Farbe expressiv einsetzte. In Edvard Munchs berühmten Bild Der Schrei verstärken die orangen Linien im Himmel die emotionale Aussage dieses expressionistischen Frühwerks. In Paul Klees berühmten Bild Ad Parnassum wird das Spannungsverhältnis zwischen Orange und Blau von Raffaels Parnass-Fresko wieder aufgegriffen. Der mythische Berg in Klees Bild erinnert auch an den Niesen am Thuner See. Eine orange Sonne leuchtet am blauen Himmel über einem pyramidenförmigen Berg, der aus unzähligen, kleinen orangen und blauen Rechtecken gemalt ist.
   
Farbe des Wandels
Im Konfuzianismus symbolisiert Orange den Wandel. Darunter wird die Wechselwirkung zwischen Stillstehen und Voranschreiten verstanden. Das Yin und Yang, das männliche, aktive und das weibliche, reaktive Prinzip ist zentraler Gegenstand dieser politisch-religiösen Geisteshaltung in China. Basierend auf den Lehren des Konfuzius (551 – 479 vor Christus) versteht sich die Lehre als eine Religion ohne Kirche, in der aber die Bildung des Menschen und Lernprozesse eine entscheidende Rolle spielen.  
  
Im Buddhismus tragen die Mönche ein orangefarbenes Gewand. Es besteht aus einem mit Safran gefärbten und nahtlosen Stück Stoff. Der orange Goldfisch ist ein Symbol für die Erleuchtung. Im heutigen China steht die Farbe Orange auch für Macht und Glück, für Gastfreundschaft, Ehrgeiz, Wohlwollen und Stolz.  
 
Die Farbe Orange – als Farbe des Wandels – wurde oft in politischen Bewegungen verwendet. Die Ukraine ist seit dem Jahr 1991 unabhängig. 2004 endete die „Orangene Revolution“ mit dem Sieg des westlich orientierten Wiktor Juschtschenko über den russlandfreundlichen Wiktor Janukowytsch. Im Jahr 2010 wählten die Ukrainer dann wieder Janukowytsch, der gegen Julija Tymoschenko antrat.
   
Die Oranier
Orange ist die Farbe des niederländischen Königshauses Oranje und gleichzeitig auch die Symbolfarbe des irischen Protestantismus. Dies ist kein Zufall, der gemeinsame Ursprung findet sich in der südfranzösischen Stadt Orange. Die Prinzen von Orange waren gleichzeitig Statthalter der holländischen Provinzen. Einer davon, Prinz Wilhelm I. (Wilhelm von Oranien-Nassau), führte die Niederländer im Jahre 1568 erfolgreich in einem blutigen und lang andauernden Freiheitskampf gegen die Spanier, die Oranien besetzt hatten. Wilhelm I. wurde zwar katholisch erzogen – dies war eine der Bedingungen des Kaisers Karl V., damit er die Erbschaft des Vaters antreten konnte – jedenfalls heiratete er Anna von Sachsen, die aus einer protestantischen Familie stammte. Somit sicherte er sich den Rückhalt der protestantischen Fürsten. Insgesamt war Wilhelm I. viermal verheiratet, 1573 trat er zum calvinistischen Glauben über. Im Jahr 1584 wurde er von einem katholischen Fanatiker ermordet. Heute gilt er in den Niederlanden als „Vater des Vaterlandes“. Sein Grab findet sich in der Neuen Kirche in Delft. Die Niederländische Flagge, die Trikolore mit Rot, Weiß und Blau, hatte früher statt dem Rot ein Orange. Warum das Orange zugunsten des Rots verschwand, ist nicht eindeutig geklärt. Noch heute kleiden sich Fußballfans jedenfalls traditionell orange.


Café in Orange (Vaucluse)


 
 Dieses farbenfrohe Café findet sich heute in der Stadt Orange.
 
  
Der Urenkel Wilhelm III. (William of Orange) war König von England und Irland. Er war wie alle Oranier Protestant. In dieser Zeit wurde die Farbe Orange Symbol zum Kampf gegen die Katholiken. Die Protestanten in Irland nannten sich "Orangemen". Im Gegensatz dazu wählten die Katholiken in Irland die Farbe Grün. Der englische König Jakob II. wurde im Jahr 1685 gekrönt. Er war Katholik und versuchte, seinen Glauben den protestantischen Fürsten aufzuzwingen. Dies führte zu Unruhen in der Bevölkerung bis hin zu einem Volksaufstand. Wilhelm III. von Oranien plante auf Drängen der protestantischen Adligen eine Invasion, und es kam zu einer Schlacht gegen die Truppen des englischen Königs. In der Schlacht am Boyne siegten die Protestanten über die Katholiken. Die Protestanten Nordirlands feiern diesen Sieg noch heute, daher sind die Spannungen nie endgültig beigelegt worden und sie sind immer wieder Grund für zahlreiche Gewalttätigkeiten. In der irländischen Flagge finden sich drei Streifen: Das Orange steht für die Protestanten, das Grün für die Katholiken. Der weiße Streifen in der Mitte soll die Einigung darstellen. Um 1713, elf Jahre nach dem Tod Wilhelms III., fiel das Fürstentum Orange endgültig an das Königreich Frankreich, das Fürstentum Neuenburg und andere Grafschaften fielen an den preußischen König Friedrich I.; damit wurde ein lange andauernder Erbschaftsstreit beendet. 
   
Orange Farbmittel
Orange kommt neben Grün als Farbe in der indischen Flagge vor. Es ist die Farbe des Mutes und der Opferbereitschaft. Die Hautfarbe der Inder ähnelt dem Orange. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Farbe auf vielen Gemälden der indischen Künstler eingesetzt wird. Menschen oder Gottheiten sind oft orange gekleidet oder der Himmel leuchtet in Orange. Als Pigmente eignen sich ockerfarbene Erdfarben oder Eisenerze. Inder der höheren Kaste tragen mit echtem Safran gefärbte Kleider. Aus dem sogenannten falschen Safran, dem Saflor, lassen sich Farbstoffe gewinnen, die gelb oder rot färben. Saflor kennt man in Europa unter dem Namen Färberdistel. Der gelbe Farbstoff ist nicht besonders beständig, während der rote lichtecht und waschecht ist. In Asien führte man keine Trennung der beiden Farbstoffe durch, so dass man in Kauf nahm, dass der Gelbanteil auf den mit Saflor gefärbten Kleidern allmählich verblasste. 
  
Nicht nur Safran und Saflor wurde früher zum Orangefärben eingesetzt, sondern auch andere natürliche Rohstoffe. Aus den Samenkapseln des in Brasilien beheimateten Orleanstrauches erhält man beim Färben von Wolle ein leuchtendes Orange. Die Ureinwohner Mittel- und Südamerikas verwendeten den Farbstoff zur rituellen Körperbemalung, als Schutz gegen Sonnenbrand und zur Insektenabwehr. Im Süden Mexikos werden die Samen heute als Gewürz eingesetzt. In Ecuador dienen sie zum Färben von Reis. Orleans ist als Lebensmittelfarbstoff zugelassen.  
 
 
Orleansstrauch (Bixa orellana) mit Samenkapseln



Der Farbstoff Annatto aus den Samenkapseln färbt Ostereier gelborange.
 
  
Henna wird seit dem Altertum zur Körperbemalung eingesetzt und ist seither ein beliebtes Haarfärbemittel. Indischgelb war lange Zeit ein bedeutendes Farbmittel in der Malerei. Man gewann es aus dem Urin  von Kühen, die mit Mangoblättern gefüttert wurden. Aus Gründen des Tierschutzes ist eine solche Herstellung nicht mehr erlaubt. Das heutige „Indischgelb“ in den Künstlerfarben enthält eine Imitation aus organischen Pigmenten. Auch mit dem Farbstoff aus den Wurzeln der Krapppflanze sind orange Färbungen auf Textilien möglich, wenn diese mit Alaun vorgebeizt werden. 
  
Die Römer mischten bei Gladiatorenkämpfen Bleimennige in den Sand. So konnte man die blutigen Spuren der Kämpfe kaschieren. Beim Triumphzug war das Gesicht des siegreichen Feldherrn mit Bleimennige rotorange gefärbt. Als Pigment für orange Farben wurde Bleimennige seit der Antike verwendet. In der Buchmalerei war es ebenfalls weit verbreitet. Nachdem man die toxische Wirkung dieser Bleiverbindung erkannte, wurde es am Anfang des 20. Jahrhunderts durch orange Cadmiumfarben abgelöst. Da auch die Cadmiumpigmente nicht ganz unproblematisch sind, werden heute in Industrieprodukten organische Pigmente wie das Irgazingelb (Pigmentgelb 110) bevorzugt.
   
Die Wirkung der Farbe Orange
Die Farbe ist nach der Frucht Orange benannt. Der Orangenbaum mit den süßen Früchten, den Orangen oder den Apfelsinen, stammt ursprünglich aus China, während die Bitterorange, oder die Pomeranze, in Indien beheimatet ist. Vermutlich kannten die Römer die Orangenfrucht noch nicht. Die Bitterorange fand im Mittelalter den Weg nach Europa, während die süße Orange vermutlich erst ab 1500 über Spanien nach Europa kam. Die spanischen Seefahrer brachten sie nach Amerika. Nachdem Kreuzfahrer die Orange nach Frankreich gebracht hatten, nannte man sie zunächst narang, so wie sie bei den Arabern genannt wurde. In der französischen Sprache steht das Wort or für Gold. Durch die Kombination der Wörter or und narang erhielt man den Begriff orange, der noch heute im Französischen gültig ist.  
 
 
Orangenbaum mit Früchten
 


Die Orangenfrucht ist in China beheimatet.
 

In Deutschland gab es früher einen Brauch, bei dem junge Mädchen ihrem Geliebten eine Orangenfrucht vom Balkon warfen. Die Farbe Orange gilt als Farbe der Liebe und der Sinnlichkeit. Orange Lippen signalisieren eine gesunde Haut und Robustheit. Menschen, die Orange mögen, gelten als heiter und gesellig. Für manche wirkt die Farbe Orange aber auch bunt und grell. Andere empfinden sie als unromantisch oder verbinden sie mit Humor und Komik. „Orange ist (...) eine Farbe der Übertreibung und des Spaßes. Sie ist flagrant und ungezügelt und überreif. Sie ist kühn, skandalös und selten delikat.“ [Lit Theroux Orange, S. 99]  
  
In der katholischen Liturgie kommt die Farbe Orange nicht vor. Gelegentlich wurde der Satan orange dargestellt. Ähnlich wie die Farbe Gelb verband man ein „Gelbrot“ mit Gift. Der amerikanische Monarchfalter ist ein orange und schwarz gezeichneter Schmetterling. Das Muster dient als Warnfarbe und das hat auch seinen Grund: Fressen Vögel den Falter, werden sie durch giftige Herzglycoside, die im Falter enthalten sind, vergiftet. Sie erbrechen oder sterben daran. Da ein leuchtendes Orange von weitem gesehen werden kann, wird die Farbe oft als Warnfarbe für Verkehrsschilder oder Symbole eingesetzt. Schwerverbrecher tragen in amerikanischen Gefängnissen einen orangen Overall. 
  
Die Farbe Orange wird nur von 3% aller Deutschen als Lieblingsfarbe genannt. Trotzdem wird die Farbe in der Werbung häufig eingesetzt, wenn es beispielsweise darum geht, Assoziationen zum kommunikativen Miteinander zu wecken. Ein einfaches oranges Quadrat ist das Markenzeichen eines bekannten Schweizer Telekommunikationsanbieters. Extrovertierte Menschen setzen in ihrer Wohnung, bei ihrer Kleidung oder beim Auto gerne orange Impulse. Ein oranges Brillengestell ist oft der letzte Schrei. Für manche gilt die Farbe aber als billig oder angeberisch. Nach der Farbenpsychologie wirkt sie stimmungsaufhellend, sie weckt Energie, Lebens- und Abenteuerlust. Die Werbung setzt Orange daher als verkaufsförderndes Element ein. 
     
Weitere Infos
Farbcodes und Farbbezeichnungen zur Farbe Orange 
Geschichte und Gewinnung des Safrans 
Färben mit Henna 
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Pigmente 
   
Bleimennige Cadmiumorange Eisenoxidrot Realgar Roter Ocker
    

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