Die Farbe Orange | ||
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Symbolik | Wandel | Die Oranier | Farbmittel | Wirkung |
Symbolik | |||
Der
Parnass (griech. Parnassós) ist ein Bergmassiv in Zentralgriechenland.
Nach der griechischen Mythologie ist der Berg dem Gott Apollo geweiht und
Heimat der neun Musen, den Schutzgöttinnen der Künste. Eratô
(griech. die Liebliche) ist die Muse des Gesanges, des Tanzes und der Liebeslyrik.
In Raffaels Parnass-Fresko trägt Eratô ein orangegelbes Gewand.
Die Muse Terpsichorê ist dagegen in Blau
gekleidet und hält eine Lyra. Sie stellt als Muse der Chorlyrik und
des Tanzes den geistigen Gegenpol dar. Das Fresko findet sich in der Stanza
della Segnatura im Vatikan. Auch in den Parnass-Darstellungen anderer Maler
tragen einige der Musen orangefarbene Gewänder, beispielsweise in
einem Temperagemälde von Andrea Mantegna mit dem Titel Parnassus,
Apollo und die neun Musen aus dem Jahr 1497.
Orange war früher
als eigenständige Farbe nicht anerkannt. Goethe sprach noch von „Gelbrot“.
Farbtöne zwischen Rot und Gelb spielen aber in zahlreichen Werken
der Kunstgeschichte eine Rolle. In Tizians Gemälde Der Tod des Actaeon (vollendet 1575) ist das Orangerot des Kleides der Jagdgöttin Diana
mit Realgar und Auripigment gemalt. Claude Monet
setzte rote Pinselstriche neben gelbe. Er erzeugte damit auf Distanz ein
Orange mit besonderer Wirkung. Diese Technik wurde später von den
Vertretern des Neoimpressionismus – beispielsweise von Georges Seurat oder Paul Signac – ausgiebig angewandt. Vincent Van Gogh war vielleicht der erste, der
die Farbe Orange ganz bewusst als eigenständige Farbe expressiv einsetzte.
In Edvard Munchs berühmten Bild Der Schrei verstärken die orangen
Linien im Himmel die emotionale Aussage dieses expressionistischen
Frühwerks. In Paul Klees berühmten Bild Ad Parnassum wird das
Spannungsverhältnis zwischen Orange und Blau von Raffaels Parnass-Fresko
wieder aufgegriffen. Der mythische Berg in Klees Bild erinnert auch an
den Niesen am Thuner See. Eine orange Sonne leuchtet am blauen Himmel über
einem pyramidenförmigen Berg, der aus unzähligen, kleinen orangen
und blauen Rechtecken gemalt ist.
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Farbe des Wandels |
Im
Konfuzianismus symbolisiert Orange den Wandel. Darunter wird die Wechselwirkung
zwischen Stillstehen und Voranschreiten verstanden. Das Yin und Yang, das
männliche, aktive und das weibliche, reaktive Prinzip ist zentraler
Gegenstand dieser politisch-religiösen Geisteshaltung in China. Basierend
auf den Lehren des Konfuzius (551 – 479 vor Christus) versteht sich die
Lehre als eine Religion ohne Kirche, in der aber die Bildung des Menschen
und Lernprozesse eine entscheidende Rolle spielen.
Im Buddhismus tragen
die Mönche ein orangefarbenes Gewand. Es besteht aus einem mit Safran
gefärbten und nahtlosen Stück Stoff. Der orange Goldfisch
ist ein Symbol für die Erleuchtung. Im heutigen China steht die Farbe
Orange auch für Macht und Glück, für Gastfreundschaft, Ehrgeiz,
Wohlwollen und Stolz.
Die Farbe Orange – als
Farbe des Wandels – wurde oft in politischen Bewegungen verwendet. Die
Ukraine ist seit dem Jahr 1991 unabhängig. 2004 endete die „Orangene
Revolution“ mit dem Sieg des westlich orientierten Wiktor Juschtschenko
über den russlandfreundlichen Wiktor Janukowytsch. Im Jahr 2010 wählten
die Ukrainer dann wieder Janukowytsch, der gegen Julija Tymoschenko antrat.
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Die Oranier | |||
Orange
ist die Farbe des niederländischen Königshauses Oranje und gleichzeitig
auch die Symbolfarbe des irischen Protestantismus. Dies ist kein Zufall,
der gemeinsame Ursprung findet sich in der südfranzösischen Stadt
Orange. Die Prinzen von Orange waren gleichzeitig Statthalter der holländischen
Provinzen. Einer davon, Prinz Wilhelm I. (Wilhelm von Oranien-Nassau),
führte die Niederländer im Jahre 1568 erfolgreich in einem blutigen
und lang andauernden Freiheitskampf gegen die Spanier, die Oranien besetzt
hatten. Wilhelm I. wurde zwar katholisch erzogen – dies war eine der Bedingungen
des Kaisers Karl V., damit er die Erbschaft des Vaters antreten konnte
– jedenfalls heiratete er Anna von Sachsen, die aus einer protestantischen
Familie stammte. Somit sicherte er sich den Rückhalt der protestantischen
Fürsten. Insgesamt war Wilhelm I. viermal verheiratet, 1573 trat er
zum calvinistischen Glauben über. Im Jahr 1584 wurde er von einem
katholischen Fanatiker ermordet. Heute gilt er in den Niederlanden als
„Vater des Vaterlandes“. Sein Grab findet sich in der Neuen Kirche in Delft.
Die Niederländische Flagge, die Trikolore mit Rot, Weiß und
Blau, hatte früher statt dem Rot ein Orange. Warum das Orange zugunsten
des Rots verschwand, ist nicht eindeutig geklärt. Noch heute kleiden
sich Fußballfans jedenfalls traditionell orange.
Der Urenkel Wilhelm III.
(William of Orange) war König von England und Irland. Er war wie alle
Oranier Protestant. In dieser Zeit wurde die Farbe Orange Symbol zum Kampf
gegen die Katholiken. Die Protestanten in Irland nannten sich "Orangemen".
Im Gegensatz dazu wählten die Katholiken in Irland die Farbe
Grün. Der englische König Jakob II. wurde im Jahr 1685 gekrönt.
Er war Katholik und versuchte, seinen Glauben den protestantischen Fürsten
aufzuzwingen. Dies führte zu Unruhen in der Bevölkerung bis hin
zu einem Volksaufstand. Wilhelm III. von Oranien plante auf Drängen
der protestantischen Adligen eine Invasion, und es kam zu einer Schlacht
gegen die Truppen des englischen Königs. In der Schlacht am Boyne
siegten die Protestanten über die Katholiken. Die Protestanten Nordirlands
feiern diesen Sieg noch heute, daher sind die Spannungen nie endgültig
beigelegt worden und sie sind immer wieder Grund für zahlreiche Gewalttätigkeiten.
In der irländischen Flagge finden sich drei Streifen: Das Orange steht
für die Protestanten, das Grün für die Katholiken. Der weiße
Streifen in der Mitte soll die Einigung darstellen. Um 1713, elf Jahre nach
dem Tod Wilhelms III., fiel das Fürstentum Orange endgültig an
das Königreich Frankreich, das Fürstentum Neuenburg und andere
Grafschaften fielen an den preußischen König Friedrich I.; damit
wurde ein lange andauernder Erbschaftsstreit beendet.
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Orange Farbmittel | |||
Orange
kommt neben Grün als Farbe in der indischen Flagge vor. Es ist die
Farbe des Mutes und der Opferbereitschaft. Die Hautfarbe der Inder ähnelt
dem Orange. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Farbe auf vielen
Gemälden der indischen Künstler eingesetzt wird. Menschen oder
Gottheiten sind oft orange gekleidet oder der Himmel leuchtet in Orange.
Als Pigmente eignen sich ockerfarbene Erdfarben
oder Eisenerze. Inder der höheren Kaste
tragen mit echtem Safran gefärbte Kleider. Aus dem sogenannten falschen
Safran, dem Saflor, lassen sich Farbstoffe gewinnen, die gelb oder rot
färben. Saflor kennt man in Europa unter dem Namen Färberdistel.
Der gelbe Farbstoff ist nicht besonders beständig, während der
rote lichtecht und waschecht ist. In Asien führte man keine Trennung
der beiden Farbstoffe durch, so dass man in Kauf nahm, dass der Gelbanteil
auf den mit Saflor gefärbten Kleidern allmählich verblasste.
Nicht nur Safran und Saflor wurde früher zum Orangefärben eingesetzt, sondern auch andere natürliche Rohstoffe. Aus den Samenkapseln des in Brasilien beheimateten Orleanstrauches erhält man beim Färben von Wolle ein leuchtendes Orange. Die Ureinwohner Mittel- und Südamerikas verwendeten den Farbstoff zur rituellen Körperbemalung, als Schutz gegen Sonnenbrand und zur Insektenabwehr. Im Süden Mexikos werden die Samen heute als Gewürz eingesetzt. In Ecuador dienen sie zum Färben von Reis. Orleans ist als Lebensmittelfarbstoff zugelassen.
Henna
wird seit dem Altertum zur Körperbemalung eingesetzt und ist seither
ein beliebtes Haarfärbemittel. Indischgelb
war lange Zeit ein bedeutendes Farbmittel in der Malerei. Man gewann es
aus dem Urin von Kühen, die mit Mangoblättern gefüttert wurden. Aus
Gründen des Tierschutzes ist eine solche Herstellung nicht mehr erlaubt.
Das heutige „Indischgelb“ in den Künstlerfarben enthält eine
Imitation aus organischen Pigmenten. Auch mit dem Farbstoff aus den Wurzeln
der Krapppflanze sind orange Färbungen auf
Textilien möglich, wenn diese mit Alaun vorgebeizt werden.
Die Römer mischten bei Gladiatorenkämpfen Bleimennige in den Sand. So konnte man die blutigen Spuren der Kämpfe kaschieren. Beim Triumphzug war das Gesicht des siegreichen Feldherrn mit Bleimennige rotorange gefärbt. Als Pigment für orange Farben wurde Bleimennige seit der Antike verwendet. In der Buchmalerei war es ebenfalls weit verbreitet. Nachdem man die toxische Wirkung dieser Bleiverbindung erkannte, wurde es am Anfang des 20. Jahrhunderts durch orange Cadmiumfarben abgelöst. Da auch die Cadmiumpigmente nicht ganz unproblematisch sind, werden heute in Industrieprodukten organische Pigmente wie das Irgazingelb (Pigmentgelb 110) bevorzugt. |
Die Wirkung der Farbe Orange | |||
Die
Farbe ist nach der Frucht Orange benannt. Der Orangenbaum mit den
süßen
Früchten, den Orangen oder den Apfelsinen, stammt ursprünglich
aus China, während die Bitterorange, oder die Pomeranze, in Indien
beheimatet ist. Vermutlich kannten die Römer die Orangenfrucht noch
nicht. Die Bitterorange fand im Mittelalter den Weg nach Europa,
während
die süße Orange vermutlich erst ab 1500 über Spanien
nach
Europa kam. Die spanischen Seefahrer brachten sie nach Amerika. Nachdem
Kreuzfahrer die Orange nach Frankreich gebracht hatten, nannte man sie
zunächst narang, so wie sie bei den Arabern genannt wurde.
In der französischen Sprache steht das Wort or für Gold.
Durch die Kombination der Wörter or und narang erhielt
man den Begriff orange, der noch heute im Französischen gültig
ist.
In Deutschland gab es
früher einen Brauch, bei dem junge Mädchen ihrem Geliebten eine
Orangenfrucht vom Balkon warfen. Die Farbe Orange gilt als Farbe der Liebe
und der Sinnlichkeit. Orange Lippen signalisieren eine gesunde Haut und
Robustheit. Menschen, die Orange mögen, gelten als heiter und gesellig.
Für manche wirkt die Farbe Orange aber auch bunt und grell. Andere
empfinden sie als unromantisch oder verbinden sie mit Humor und Komik.
„Orange ist (...) eine Farbe der Übertreibung und des Spaßes.
Sie ist flagrant und ungezügelt und überreif. Sie ist kühn,
skandalös und selten delikat.“ [Lit Theroux
Orange, S. 99]
In der katholischen Liturgie
kommt die Farbe Orange nicht vor. Gelegentlich wurde der Satan orange dargestellt.
Ähnlich wie die Farbe Gelb verband man ein
„Gelbrot“ mit Gift. Der amerikanische Monarchfalter ist ein orange und
schwarz gezeichneter Schmetterling. Das Muster dient als Warnfarbe und
das hat auch seinen Grund: Fressen Vögel den Falter, werden sie durch
giftige Herzglycoside, die im Falter enthalten sind, vergiftet. Sie erbrechen
oder sterben daran. Da ein leuchtendes Orange von weitem gesehen werden
kann, wird die Farbe oft als Warnfarbe für Verkehrsschilder oder Symbole
eingesetzt. Schwerverbrecher tragen in amerikanischen Gefängnissen
einen orangen Overall.
Die Farbe Orange wird
nur von 3% aller Deutschen als Lieblingsfarbe genannt. Trotzdem wird die
Farbe in der Werbung häufig eingesetzt, wenn es beispielsweise darum
geht, Assoziationen zum kommunikativen Miteinander zu wecken. Ein einfaches
oranges Quadrat ist das Markenzeichen eines bekannten Schweizer Telekommunikationsanbieters.
Extrovertierte Menschen setzen in ihrer Wohnung, bei ihrer Kleidung oder
beim Auto gerne orange Impulse. Ein oranges Brillengestell ist oft der
letzte Schrei. Für manche gilt die Farbe aber als billig oder angeberisch.
Nach der Farbenpsychologie wirkt sie stimmungsaufhellend, sie weckt Energie,
Lebens- und Abenteuerlust. Die Werbung setzt Orange daher als verkaufsförderndes
Element ein.
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Weitere Infos |
Farbcodes
und Farbbezeichnungen zur Farbe Orange
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