Cadmiumpigmente | ||
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Geschichte | Gewinnung | Toxikologie | Portraits |
Geschichte und Verwendung | |||
Das
in der Natur vorkommende Cadmiummineral Greenockit
ist schon seit langem bekannt, allerdings gibt es keine sicheren Belege
für die Herstellung eines Pigments daraus. Das Element Cadmium
wurde im Jahre 1817 fast gleichzeitig von dem deutschen Apotheker Carl
Samuel Hermann (1765–1846) in Schönebeck bei einer Analyse des Zinkoxids
und von dem deutschen Chemiker Friedrich Stromeyer (1776–1835) im Zinkcarbonat
entdeckt. Vereinzelt wurde im 19. Jahrhundert ein gelbes Pigment aus Cadmium
hergestellt, jedenfalls findet sich Cadmiumgelb in einem Gemälde von
Claude Monet aus dem Jahr 1884. Die großindustrielle Produktion der
Cadmiumpigmente begann aber erst ab 1925 durch die Firma Bayer AG in Deutschland.
Cadmium-Schwefel-Verbindungen
sind immer gelblich. Früher
wurde reines
Cadmiumsulfid CdS als Pigment eingesetzt. Wird der Schwefel teilweise
durch Selen oder Quecksilber ersetzt, erhält
man orange oder rote Farbtöne. Die Verwendung von Quecksilber ist
heute verboten. Aber auch mit zunehmendem Selengehalt ändert
das Pigment seine Farbe von Orange über Rot nach Dunkelrot. Reines
Cadmiumselenid CdSe ist braunschwarz. Die Cadmiumpigmente
der neuen Generation sind kristalline Mischsulfide, so dass die
Cadmium-Ionen ähnlich fest wie in einem Mineral gebunden werden.
Cadmiumgelb hell ist ein Cadmium-Zinksulfid (Cd,Zn)S, Cadmiumrot ist ein
Cadmiumsulfoselenid Cd(SSe).
Cadmiumpigmente würden
sich gut zum Färben von Kunststoffen eignen, doch existieren Einschränkungen
bei der Verwendung. Die anorganischen Cadmiumpigmente sind aufgrund ihrer
Farbstärke für Künstlerfarben unverzichtbar, weil sie weniger
toxisch als die früheren Blei- oder Antimonfarben sind. Auch wenn
heute farbstarke organische Pigmente wie Brillantgelb
oder Irgazinrot zur Verfügung stehen, stellen
diese aufgrund ihrer schlechten Benetzbarkeit und Mischbarkeit mit anorganischen Pigmenten keine Alternative für
wasserlösliche Farben dar. Cadmiumgrün ist eine Mischung aus
Cadmiumgelb und Chromoxidhydratgrün.
Für bestimmte
Anwendungszwecke existieren Verwendungsverbote. So dürfen
Cadmiumpigmente beispielsweise
nicht zum Färben von Gebrauchsgegenständen und Kunststoffen,
nicht in Serienprodukten und auch nicht in Anstrichfarben und Lacken
für Bauzwecke verwendet werden. Die britische Cadmiumindustrie
gewann zusammen mit Farbenherstellern 2013 einen Prozess gegen die EU,
in dem es darum ging, dass das Verbot in Kunststoffen aufgrund der
vorliegenden wissenschaftlichen Grundlagen nicht rechtmäßig
war. Insofern ist die Cadmiumproblematik höchst umstritten.
Die speziellen Verwendungsverbote gelten für die gesamte EU und die Schweiz. Die Schweiz und einige wenige andere Länder wie Dänemark hatten diese Verwendungsverbote bereits vor der EU. Es hängt vor allem damit zusammen, dass sonst in großem Umfang cadmiumhaltige Abfälle entstehen würden. Auf dem Bau wäre es problematisch, weil bei Bränden oder beim Schweißen das giftige Cadmiumoxid entstehen kann. Insofern ist ein Verbot für diese Verwendungszwecke nachvollziehbar. Künstlerfarben enthalten Cadmiumgelb oder Cadmiumrot, hierfür gibt es kein Verbot, viele Hersteller in Europa verwenden sie, man kann sie in jedem Farbenladen für Künstlerbedarf kaufen (Stand 2021). Es ist im Gegensatz zum Neapelgelb nicht nur ein Synonym für ein „Farbton“ wie fälschlicherweise an verschiedenen Stellen behauptet wird. |
Umgang und Toxikologie |
Es stellt sich zunächst die Frage nach Ersatzstoffen: Die Cadmiumpigmente der neuen Generation auf der Basis eines kristallinen Mischsulfids Cd,Zn(S,Se)
sind bei Zimmertemperatur chemisch sehr stabil, sie sind weniger
gefährlich
als andere Cadmiumverbindungen. Die Cadmiumpigmente sind von der
EG-Einstufung
für Cadmiumverbindungen (auch nach GHS) ausdrücklich
ausgenommen. *)
Die Gefährdung durch die Pigmente wird eher als gering eingestuft (Sicherheitsratschläge bei Kremer Pigmente, 2021). Ein mancherorts diskutiertes Verbot der Pigmente für Künstlerfarben wie in Schweden erscheint aufgrund des stark beschränkten Einsatzbereiches und der chemischen Stabilität unter normalen Bedingungen nicht gerechtfertigt. Die organischen Pigmente Brillantgelb und Irgazinrot haben zwar einen ähnlichen Farbton, sie stellen aber aus verschiedenen Gründen keinen Ersatz dar. Sie sind sehr schlecht benetzbar und damit auch nicht mischbar mit anorganischen Pigmenten. Auch das Mischen eines Grüns von Brillantgelb mit Cobalttürkis bringt keine befriedigenden Ergebnisse. Ein Verbot der Cadmiumpigmente würde in der visuellen Kunst einen erheblichen Verlust für alle Farbnuancen im Bereich Gelb, Rot, Orange und Grün bedeuten, weil es momentan definitiv keinen Ersatz gibt. Eine ganze Reihe bedeutender Künstler der Gegenwart hätte quasi ein Berufsverbot. Und ob die Ökobilanz für ein Azopigment wie Brillantgelb, das aus Anilin hergestellt werden muss, wirklich besser ist, erscheint fraglich. Es geht nicht darum alles zu verbieten, sondern es ist von Bedeutung, wie man damit umgeht. Andererseits wäre es auch wünschenswert, wenn die Industrie neue farbstarke anorganische Pigmente im Bereich Gelb, Rot und Grün entwickeln würde, was technisch durchaus machbar ist. Die gesetzlichen Verbote
in den genannten Anwendungsbereichen sind einzuhalten. Sie haben die
Cadmium-Emissionen in Europa seit ihrer Einführung wirksam in
Schach gehalten. Mit Cadmiumpigmenten
beschichtete Materialien aus Altlasten dürfen nicht im Kamin, im
Ofen oder auf einem offenen Feuer verbrannt werden. Sie kommen zum
Sondermüll, der von speziellen Entsorgungsfirmen behandelt wird.
Müllverbrennungsanlagen für Haushaltsabfälle der neusten
Generation sind mit wirksamen Filtersystemen ausgestattet worden, sie
können Cadmiumpartikel
vollständig zurückhalten, wenn Spuren von Altlasten darin
enthalten sind. Das Problem mit unzureichenden Filtern haben moderne
Müllverbrennungsanlagen nicht mehr. Das in der Umwelt vorhandene Cadmium stammt vor allem aus Altlasten früherer Zeiten. Seit den 1980er Jahren hat sich die Konzentration in Nahrungsmitteln etwa halbiert, seit 2000 haben sich die Werte aber ohne weitere Abnahme stabilisiert. Eine weitere Senkung erscheint kaum mehr möglich. Menschliche und tierische Lebewesen reichern lösliche Cadmium-Ionen in den Nieren an, von wo sie nur sehr langsam wieder abgegeben werden. Für Klärschlamm gelten sehr geringe Grenzwerte, die europaweit eingehalten werden. Künstlerfarben spielen aufgrund ihres eingeschränkten Einsatzbereichs dafür praktisch keine Rolle. Einen bestimmten Anteil haben noch Industrieabfälle aus der Metallverarbeitung und der Eintrag durch Wasser aus dem Straßenverkehr. Die heutigen Emissionen halten in etwa die Waage zu den von der Natur abgebauten Mengen. Eine nachweisbare Exposition erfolgt beim Menschen über die Lungen durch Zigaretten-Rauch und Autoabgase, in geringerem Umfang auch durch die Nahrung. Die unlöslichen Cadmiumpigmente können nicht über die Haut aufgenommen werden, sie sind weniger toxisch als lösliche Cadmiumverbindungen. Zur Vermeidung chronischer Wirkungen sind beim Arbeiten mit Cadmiumfarben alle Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten. Dies gilt insbesondere für die fachgemäße Entsorgung als Sondermüll. Das Einatmen der Pigmentstäube und der Hautkontakt muss vermieden werden. Quecksilberhaltige Cadmiumfarben aus alter Produktion dürfen nicht mehr verwendet werden. Der Einsatz von Cadmiumfarben und Cadmiumpigmenten an Schulen ist aufgrund der komplexen Handhabung sehr problematisch und wird nicht empfohlen. Verwendet man keine natürlichen Ockersorten, sondern geschönte Ocker, können darin Anteile an Cadmiumpigmenten enthalten sein. Geschönte Ocker eignen sich nicht für die Schule, da Ockerfarben gelegentlich zum Experimentieren oder zum Erhitzen benötigt werden. Sicherheitsmaßnahmen zum Arbeiten mit Pigmenten und Farben *) Die Cadmiumpigmente der neuen Generation fallen
– abgesehen von Verwendungsverboten in bestimmten Einsatzbereichen – nicht
unter die gesetzlichen Einstufungen, die für die Chemikalie Cadmiumsulfid
gelten, weil sie chemisch eine andere Zusammensetzung haben. Aber auch hier fehlen momentan leider wissenschaftlich exakte und für jede einzelne
Cadmiumverbindung vorliegende Daten (siehe auch Toxikologie
des Cadmiums). Das Cadmiumsulfid (als Chemikalie nach EG-Einstufung)
wird pauschal so bewertet wie wasserlösliche Cadmiumverbindungen, obwohl das toxische Potenzial geringer ist.
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