engl. Gypsum
Eigenschaften
Das Mineral Gips ist sehr weich und sehr spröde, es lässt sich mit einem Fingernagel gut ritzen. Es ist das Referenzmineral für den
Härtegrad mit der Mohshärte 2. Gips ist härter als
Talk, aber weicher als
Calcit und
Aragonit. Das reine Mineral ist farblos, durch Beimengungen anderer Erze kann sich Gips gelblich, rötlich oder grünlich färben. Gipskristalle lassen sich sehr gut spalten, allerdings kann der Bruch sehr uneben oder faserig ausgefranst sein. Manche Gipskristalle zeigen eine hellblaue, weiße, gelbliche oder grünliche Fluoreszenz. Gips ist in Wasser und Säuren kaum löslich. Beim Erhitzen im Reagenzglas gibt Gips sein Kristallwasser ab, das an der kalten Reagenzglaswand kondensiert. Ist der Gips gebrannt, findet diese Reaktion nicht mehr statt. Der ähnliche
Anhydrit unterscheidet sich vom Gips durch den fehlenden Kristallwasseranteil.
Härtetest mit Fingernagel am kristallinen Gips
Gipspulver im Reagenzglas erhitzen
Marienglas: typisches, klares Spaltstück
Gipslocken aus Bou Beker, Touissit, Marokko
Gipskristalle können in der Natur unter Druck verbogen werden, sie sind aber nicht elastisch und lassen sich nach dem Verbiegen nicht in ihre ursprüngliche Form zurückbiegen. Daher finden sich in der Natur immer wieder Kristalle, die verbogen oder verzerrt sind. Durch besondere Wachstumsbedingungen können Gipslocken entstehen. Die schönsten Gipslocken der Welt kommen aus dem Bergbaugebiet bei Bou Beker in
Marokko. Sie können sogar um mehr als 360° gedreht sein.
Sandrose aus der Sahara in Marokko
Anhydrid pseudomorph nach Gips aus Pöttsching
Fasergips aus Schleitheim, Kanton Schaffhausen, Schweiz
Fischschwanz-Zwillinge Naica, Chihuahua, Mexiko
Riesiger Montmartre-Zwilling aus Carresse in den französischen Pyrenäen
Gips aus Seeben bei Halle, Sachsen-Anhalt
Gips aus Bex im Kanton Wallis, Schweiz
Gips-Zwilling, Red River Floodway, Winnipeg
Alabaster aus Zaragoza, Spanien
Varietäten
Klarer, farbloser Gips wird als
Marienglas bezeichnet. Der als Synonym verwendete Name „Selenit“ für das Mineral Gips ist nicht mehr offiziell.
Selenit ist die durchsichtige Varietät des Gipses, wobei die Stücke auch farbig durchscheinend sein können.
Alabaster ist Gips in feinkörniger Forn, er kommt farblos oder in weißen, grauen, rötlichen oder gelblichen Farben vor.
Fasergips ist feinfaseriger Gips.
Sandrosen oder „Wüstenrosen“ finden sich im Wüstensand, sie sind rosettenartig verwachsen. Sie bilden sich aus sulfatreichem, aufsteigendem Grundwasser in den Hohlräumen des Sandes. Durch Umwandlungsprozesse kann in der Natur aus Gips auch das Mineral
Anhydrit entstehen. Das Stück aus Pöttsching in Österreich ist ein Anhydrit, das pseudomorph nach Gips auftritt.
Kristallformen und Wachstum
Gips bildet seine Kristallformen aus Pinakoiden und Prismen des
monoklinen Kristallsystems. Zwillinge kommen sehr häufig vor: Die beim Gips häufig auftretenden Berührungszwillinge bezeichnet man je nach Form als „Schwalbenschwanz“ oder „Fischschwanz“. Die Fischschwanz-Zwillinge können sich übereinander wiederholen, so bilden sich meterlange „Fischschwänze“. Die speziellen Zwillinge, die längs nach der Fläche (001) mit einem Winkel von 123° wachsen, werden nach dem historischen Fundort in Paris „Montmartre-Zwillinge“ genannt. Typisch für den Gips sind auch Durchdringungszwillinge, bei denen sich die Kristalle V-förmig oder kreuzförmig durchdringen. Das Mineral Gips ist sehr vielfältig: Die Kristallaggregate kommen auch strahlig oder rosettenartig vor. Man findet Gips auch derb, körnig oder faserig. Typische Begleitminerale sind Aragonit, Anydrid, Calcit, Coelestin, Dolomit, Halit, Markasit, Polyhalit, Pyrit oder Schwefel.
Geschichte
Der Name Gips stammt vom griechischen Wort
gypsos ab, das so viel bedeutet wie „gebrannter Gips“ oder auch „Kreide“. Die Bezeichnung Selenit für klaren Gips ist nach der griechischen Mondgöttin Selene benannt: Die Griechen verwendeten Fenster aus durchscheinendem Gips, und das durchscheinende Licht erschien wie Mondlicht. Im römischen Reich waren Fenster aus klarem Selenit ein Luxusartikel. Der Begriff Marienglas geht auf die Verwendung von klarem Gips zum Schutz von Marienbildern zurück. Damals gab es noch kein Fensterglas oder das Glas hatte nicht genügend Reinheit. Gips diente schon im Altertum in allen Formen als Rohmaterial für Statuen oder Kunstgegenstände und auch zur Herstellung von Baustoffen.
Vorkommen
Gips kommt weltweit fast überall vor. Es ist ein sehr häufiges, gesteinsbildendes Mineral. In den Salzlagerstätten entsteht Gips sekundär aus Anhydrid unter Aufnahme von Wasser. Im Ton und im Mergel kristallisiert Gips aus, wenn die Schwefelsäure, die bei der Verwitterung des Pyrits entsteht, neutralisiert wird. Schwefelsäure und Gips entstehen auch in der Oxidationszone bei der Verwitterung von sulfidischen Erzen. In sulfat- und carbonatreichen Salzlösungen können sehr große Kristalle wachsen. Die größten Gipskristalle der Welt fand man in der Naica Mine bei Santa Domingo im mexikanischen Bundesstaat Chihuahua. Diese Kristalle sind bis zu einem Meter dick und erreichen eine Länge von bis zu 14 Metern. Gips kann auch in vulkanischen Schloten bei der Reaktion von Schwefelsäure mit Kalk entstehen. Daher findet man Gips auch am erloschenen Hegauvulkan
Höwenegg oder am basaltischen
Zeilberg bei Maroldsweisach in Bayern. Gips bildet sich auch in Salzwüsten und in Sandwüsten, wenn sulfathaltige Lösungen auskristallisieren. In diesen „Sandrosen“ sind meistens Sandkörner mit eingeschlossen.
Eine historische Fundstelle für Gipskristalle befindet sich im alten Bergwerk direkt unter dem Montmartre in Paris. In den ehemaligen Steinbrüchen wurde Gips seit der Römerzeit abgebaut. Von dort existieren noch einige wenige Stücke in Sammlungen mit Montmartre-Zwillingen. In Frankreich nennt man solche Zwillinge
Fer-de-Lance, was soviel wie „Speerspitze“ bedeutet. Bei Carresse in den französischen Pyrenäen gibt es eine Fundstelle, in der vergleichbare Montmartre-Zwillinge gefunden wurden. Eine alte Fundstelle in Deutschland ist die Tongrube im Dämmelwald bei
Wiesloch in der Nähe von Heidelberg. Diese Lokalität lieferte die typischen monoklinen Gipskristalle aus seitlichem Pinakoid und Prismen, oft auch mit Durchdringungszwillingen. Aus dem Braunkohletagebau Zimmersrode bei Borken südlich von Kassel stammt Gips in gut ausgebildeten Kristallen. Die Sandgrube Seeben bei Halle in Sachsen-Anhalt beherbergt in der Tonschicht Gipsaggregate mit bis zu 30 Zentimeter Durchmesser. Dieser Gips zeigt im langwelligen UV-Licht gelbe Fluoreszenz. Gips kann sich auch sekundär als Schlackenmineral entwickeln, man findet diese Form zum Beispiel bei der
Krughütte im Mansfelder Revier in Sachsen-Anhalt oder bei der
Herzog-Julius-Hütte in Niedersachsen. Auch der Gips aus
Laurion ist meistens im Rahmen der jahrtausendlangen Bergbautätigkeiten entstanden.
In der Schweiz hatte der Gipsabbau in der Gipsgrube Zeglingen im Baselbieter
Jura lange Zeit Tradition. In Zeglingen kamen glasklare Gipskristalle vor. Heute ist dort ein Naturschutzgebiet. Noch in Betrieb ist der
Gipsbruch Leissigen-Krattigen am Thunersee im Kanton Bern. Die im Steinbruch Vermes gefundenen Gipsrosen stammen aus Aushubmaterial aus der Stadt Delémont im Schweizer Jura. Relativ selten sind schöne Gipsstufen aus dem Salzbergwerk bei Bex im Kanton Wallis. Bei Granges an der Rhone befindet sich ein weiterer Gipsbruch. Fasergips kommt im Gipsbergwerk Schleitheim im Wutachtal im Kanton Schaffhausen vor. Im Salzbergwerk bei Hall im österreichischen Inntal förderte man früher nicht nur
Halit, sondern es wurde dort auch Gips in Schwalbenschwanz-Zwillingen gefunden. Schöne Stufen mit Gips oder auch mit
Polyhalit stammen aus dem Salzbergwerk Altaussee in der Steiermark.
Ein Fundparadies für schöne Gipse sind einige Gegenden in Kanada. Faszinierend sind die berühmten, gelben Berührungszwillinge aus der Provinz Manitoba in Kanada. Die manchmal völlig klaren Kristalle kommen dort als „Floater“ in den tieferen Tonschichten vor, die beim Bau des künstlich angelegten Kanals Red River Floodway am östlichen Stadtrand von Winnipeg angegraben wurden. Aus der Umgebung der kleinen Ortschaft Hines Creek im nördlichen Alberta stammen perfekte Einkristalle nach dem monoklinen System. Sie ähneln den Gipskristallen aus Willow Creek, das etwa 100 Kilometer südlich von Calgary liegt.
In der Umgebung von Fuentes de Ebro in der spanischen Provinz Zaragoza gibt es mehrere Steinbrüche, in denen Alabaster abgebaut wird. In den Hohlräumen wachsen Gipskristalle, die sehr klar sein können.
Viele Sammlerstufen vom internationalen Markt stammen aus der Lubin Mine in Polen, aus
Cavnic in Rumänien, aus dem Bundesstaat Chihuahua in Mexiko oder aus Queensland in Australien.
Die typischen Sandrosen findet man zum Beispiel in den Sandwüsten von Tunesien, Marokko, Ägypten oder Saudi Arabien.
Bei vielen Sammlern wohlbekannt sind auch die kugeligen Gipsrosen-Aggregate aus der Municipio Saltillo im mexikanischen Bundesstaat Coahuila.
Verwendung
Gips kennt man als Baustoff zur Herstellung von Mörtel, Estrichen und Gussformen. Gipsbinden werden ebenfalls als Baustoff oder als Verbandmaterial bei Knochenbrüchen eingesetzt. Marienglas wird zu Schmucksteinen verschliffen.
Calciumsulfat ist ein Füllstoff für Papier und dient zur Herstellung von Schwefelsäure.
Marienglas aus Zeglingen, Kantion Jura, Schweiz
Marienglas aus Zeglingen, Kanton Jura, Schweiz
Gips vom Gipsbruch Leissigen-Krattigen, Kanton Bern
Gipsrose aus Delémont im Kanton Jura, Schweiz
Gips aus Altaussee in der Steiermark, Österreich
Gips aus dem Salzbergwerk bei Hall im Inntal
Gips aus dem Bergbau Zimmersrode, Borken, Hessen
Gips aus dem Bergbau Zimmersrode, Borken
Gips aus dem Bergbau Zimmersrode, Borken
Gips mit „Sanduhr“, ICE-Baustelle bei Wolfsburg
Gips vom Höwenegg im Hegau, Baden-Württemberg
Gips aus dem Steinbruch Zeilberg in Bayern
Schwalbenschwanz-Zwillinge, Lubin Mine, Polen
Gips aus Cavnic in Rumänien
Fischschwanz-Zwilling aus Eure et Loire, Frankreich
Montmartre-Zwilling aus Malaga, Spanien
Nadeliger Gips aus den Villia Gruben in Laurion
Gips aus der Jean Baptiste Mine in Laurion
Gips auf Goethit aus der Elafos Mine in Laurion
Gips aus Hines Creek, Alberta, Kanada
Gips aus Salinas de Otumba, Peru
Gips aus der Mino de Morro, Velho in Brasilien
Durchdringungs-Zwilling aus Eyces in Australien
Strahliges Aggregat aus Queensland, Australien