Osmium 76Os | ||||||
engl. Osmium; griech. osme („Geruch“) | ||||||
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Physikalisch-chemische Eigenschaften | ||||||
Reines Osmium ist ein bläulich glänzendes Schwermetall. Es ist das härteste aller Platinmetalle und besitzt die höchste Dichte aller Elemente. Osmium hat die dritthöchste Schmelztemperatur aller reinen Metalle. Es wird nur noch vom Rhenium und vom Wolfram übertroffen. Osmium ist auch eines der teuersten, nichtradioaktiven Metalle.
An der Luft ist kompaktes Osmium bei Raumtemperatur beständig. Osmiumpulver bildet mit reinem Sauerstoff bei starkem Erhitzen auf Rotglut Osmium(VIII)-oxid OsO4. Das penetrant nach Rettich riechende, stark toxische und schleimhautreizende Oxid wird schon bei Raumtemperatur in kleinen Mengen gebildet, wenn der Stoff als Pulver in fein verteilter Form vorliegt.
Os + 2 O2 OsO4 ΔHR = −394 kJ/mol Osmiumpulver weist einen schwachen Rettichgeruch auf, weil sich auf der Oberfläche Spuren des Oxids befinden. Das Metall wird daher von manchen Autoren sogar den Riechstoffen zugeordnet. [Lit 104] Osmium widersteht kalten Mineralsäuren und kaltem Königswasser. Oberhalb von 100 °C greifen rauchende Salpetersäure, Schwefelsäure und auch Königswasser
das Metall an. In alkalischen Oxidationsschmelzen mit Kaliumchlorat oder mit Natriumperoxid kann man das Metall auflösen. Bei hohen Temperaturen
reagiert Osmium auch mit Fluor, Chlor, Phosphor und Schwefel.
Osmium(IV)-Ionen können im Labor durch Fällen eines roten Komplexes nachgewiesen werden: Eine Osmium(IV)-chlorid-Lösung wird mit Salzsäure angesäuert, erhitzt und dann mit Kaliumchlorid versetzt. Dabei setzen sich kleine, rote Kristalle ab, deren oktaedrische Form im Mikroskop sichtbar wird. Der Niederschlag besteht aus einem unlöslichen Kaliumhexachloroosmat(IV)-Komplex. Analog dazu erhält man mit Iridium(IV)-Ionen rubinrote Kristalle mit einem Kaliumhexachloroiridat(IV)-Komplex. [Lit 152] |
Toxikologie |
Die kompakt-kristalline Form des Osmiums ist an der Luft ähnlich stabil wie die anderen Platinmetalle. Der Handel mit dem kompakten Metall ist ohne Risiko. Bei feinstem Osmiumpulver oder wenn Osmium erhitzt wird, sieht die Risikoeinschätzung aber anders aus: Das feine Metallpulver bildet – wenn auch nur in geringen Mengen – schon bei Raumtemperatur das sehr toxische Osmium(VIII)-oxid. Dieser stark flüchtige Stoff gelangt beim Einatmen leicht in die Lungen. Er wirkt stark reizend und gewebezerstörend. Auch die Augen und die Haut werden angegriffen. Beim Berühren, Einatmen oder Verschlucken von Osmium(VIII)-oxid in Form der Kristalle und deren Dämpfe besteht akute Lebensgefahr. [Lit 33]
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Vorkommen | |||
Häufigkeit sehr selten
Osmium kommt in der Erdhülle in den natürlichen Quellen etwa doppelt so häufig wie Gold vor. [Lit 4] Es ist aber wesentlich teurer als Gold, weil die Abtrennung von den anderen Platinmetallen aus den Erzen mit einem extremen Aufwand verbunden und kaum ergiebig ist. Es steht – im Vergleich zum Gold – insgesamt nur sehr wenig reines Osmium als handelbares Metall zur Verfügung. Es ist sogar so wenig, dass fast alle gehandelten Mengen durch das Osmium Institut – einer Institution zur Zertifizierung des Handels – dokumentiert sind. [Lit 153] Auch Osmium gediegen findet man in der Natur nur sehr selten. Meist tritt Osmium in Begleitung des Platins auf und kommt zusammen mit Iridium in der Osmiumvarietät Iridosmium mit einem Osmiumanteil von bis zu 80 Prozent vor. Winzige Kristalle dieses Minerals werden zum Beispiel in den Fluss-Seifen der Kamtschatka-Halbinsel gefunden. Weitere Vorkommen liegen in Witwatersrand in Südafrika, im Ural, in Nord- und Südamerika, in Tasmanien, in Borneo und in Japan. Der Erlichmanit ist ein Osmiummineral, der aus Osmiumsulfid aufgebaut ist. Dieses Mineral ist aber so selten, dass es für die Osmiumgewinnung keine Bedeutung hat.
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Geschichte | |||
Im
Jahr 1803 untersuchte der britische Chemiker Smithson Tennant (1761–1815)
in London die beim Lösen der Platinerze im Königswasser
erhaltenen unlöslichen Rückstände. Dabei fiel ihm ein schwärzliches Pulver mit Metallglanz auf. Er hielt es zunächst für Graphit. Beim Versuch, eine Legierung mit Blei zu erzeugen, kam er zum Schluss, dass es sich um ein neues Metall handeln muss. Im Herbst des gleichen Jahres fand der französische Chemiker Hyppolyte-Victor Collet-Descotils (1773–1815) heraus, dass das Pulver den Niederschlag aus einer ammoniakalischen Platinsalzlösung rot färbte. Louis-Nicolas Vauquelin (1763–1829) konnte aus dem Pulver ein flüchtiges Oxid herstellen. 1904 präsentierte Tennant die Ergebnisse der Royal Academy. Er berichtete von der Entdeckung zweier neuer Elemente, die er chemisch separieren konnte. Das erste Element benannte er aufgrund der Farbigkeit der Salze nach dem griechischen Wort iris für Regenbogen. Aufgrund des stechenden, chlorähnlichen und rettichartigen Geruchs des Osmiumoxids benannte er das zweite neue Element nach dem griechischen Wort osme für Geruch. So wurden Iridium und Osmium gleichzeitig entdeckt. Tennant kam 1815 in einem tragischen Unfall beim Überqueren einer Brücke mit einem Pferd ums Leben. [Lit 138]
Der deutsch-russische Chemiker Hans Rudolph Hermann (1805–1879) untersuchte 1841 in einer Goldmine im Ural ein Iridium-Osmium-Mineral, das heute als Varietät des Minerals Osmium unter der Bezeichnung Iridosmium bekannt ist. In diesem – von Hermann „Irit" genannten Mineral – entdeckte der deutsch-baltische Chemiker und Pharmazeut Karl Ernst Claus (1796–1864) im Jahr 1844 das Element Ruthenium, das darin mit bis zu drei Prozent Anteil enthalten ist. [Lit 138] 1890 meldete der österreichische Chemiker und Unternehmer Carl Auer von Welsbach (1858–1929) ein Patent für die Herstellung eines Metallfadens aus Osmium oder aus Wolfram für Glühlampen an. Dies ermöglichte eine besonders lange Brenndauer. Die von ihm gegründete Firma Osram wurde 1906 beim Kaiserlichen Patentamt als Warenzeichen angemeldet, der Name ist ein Wortspiel aus den beiden Metallen Osmium und Iridium. Das Osmium konnte sich aber in den Glühlampen aufgrund seines hohen Preises und seiner Sprödigkeit gegen das Wolfram nicht durchsetzen. [Lit 151] |
Herstellung |
Osmium
kann durch eine Reihe von Schmelz- und Auflösungsprozessen
aus Platinerz hergestellt werden. Auch bei der Raffination von Nickel oder Gold fällt Osmium neben weiteren Platinmetallen an. Nach der Abtrennung von Silber, Gold und der anderen Platinmetalle gibt man ein starkes Oxidationsmittel hinzu. Dadurch erhält man die flüchtigen Verbindungen Osmium(VIII)-oxid und Ruthenium(VIII)-oxid. Mit Salzsäure wird die Rutheniumverbindung abgetrennt, die Osmiumverbindung löst sich in alkoholischer Natronlauge. Die Abtrennung der Platinmetalle aus einem Platinerz erfolgt heute mit Hilfe
der Solvent-Extraktion. [Lit 4, 5, 7] |
Verwendung | |||
Aufgrund des hohen Preises hat Osmium in der Technik nur in geringem Umfang eine Bedeutung. In Platin-Legierungen erhöht es zusammen mit Iridium
die Härte. Der Einsatz erfolgt bei stark beanspruchten Wellen, Gelenken und Lagern von Instrumenten. Osmium wird eher selten in Füllfederspitzen als
„Osmiridium“ oder „Iridosmium“ und auch in Injektionsnadeln verwendet. Eine Legierung aus 90 % Platin und 10 % Osmium wird in medizinischen Implantaten, in Herzschrittmachern oder in künstlichen Herzklappen eingesetzt. Osmiumverbindungen dienen gelegentlich in der chemischen Industrie als Katalysator für Hydrierungen. In den alten Grammophonnadeln war früher Osmium in der Spitze der Nadeln enthalten, so versprach es damals jedenfalls die Werbung:
Hochreines Osmium wird von vermögenden Personen zu Anlagezwecken erworben. Eine Rarität stellen Ringe, Halsketten und Armbänder aus Osmium dar. Flächige Einsätze im Schmuck mit kristallinem Osmium sind absolut kratzfest und reflektieren das Licht besonders gut, daher funkeln sie wie ein Diamant. Verschiedene Uhrenhersteller bieten Uhren mit einem Zifferblatt aus Osmium an. [Lit 150] |
Osmiumminerale | |||||
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