Komplexe | |||||||||
In
Komplexen sind um positiv geladene Metall-Ionen (Kationen) oder Metall-Atome
negativ geladene Anionen oder Moleküle symmetrisch angeordnet. Ein
Komplex besteht aus einem Zentralteilchen
(oder Zentralatom) und den Liganden. Komplexe
enthalten Komplexe als Bausteine. Diese werden durch eine eckige Klammer
gekennzeichnet. Die zugrundeliegende Koordinationstheorie geht auf den
schweizer Chemiker Alfred Werner (1866–1919) zurück. Werner erhielt
im Jahre 1913 den Nobelpreis für Chemie für seine Untersuchungen
und Deutungen zu den Komplexen.
Gibt man zu einer konzentrierten Kupfer(II)-sulfat-Lösung konzentrierte Ammoniaklösung, entsteht ein tiefblauer Niederschlag. Nach dem Filtern mit Hilfe einer Fritte und dem gleichzeitigen Waschen mit Ethanol, lässt sich nach dem Trocknen der Komplex Tetraamminkupfer(II)-sulfat gewinnen: CuSO4 + 4 NH3 + H2O [Cu(NH3)4]SO4• H2O Bei der Zugabe von Ammoniaklösung zu Kupfer(II)-sulfat-Lösung entsteht ein ultramarinblauer Niederschlag. Nach dem Filtrieren und
Trocknen erhält man ein cobaltblaues Pulver. An der Luft ist dieses
nicht beständig, es verwittert zu einem grünen Pulver. Es unterscheidet
sich auch optisch deutlich vom türkisblauen Kupfer(II)-sulfat
Pentahydrat.
Beim Tetraamminkupfer(II)-sulfat
gehen die Kupfer-Ionen Cu2+ einen Komplex mit den
Ammoniak-Molekülen NH3 ein. Um das Cu2+-Ion
sind vier Ammoniak-Moleküle als Liganden angeordnet. Aber auch beim
Kupfer(II)-sulfat Pentahydrat liegt
ein Komplex vor. Hier sind um ein Cu2+-Ion jeweils vier Wasser-Moleküle
als Liganden angeordnet, das fünfte Wasser-Molekül ist mit dem
Sulfat-Ion verbunden. Genaugenommen ist der übliche Name nicht exakt.
Die bekannte türkisblaue Verbindung heißt nach der Komplex-Nomenklatur
korrekt Tetraaquakupfer(II)-sulfat-Monohydrat.
Beim Lösen in Wasser entsteht bei beiden Kupferverbindungen ein neuer Komplex, bei dem jeweils zwei zusätzliche Wassermoleküle als Liganden auftreten. So erhält man beim Lösen von weißem Kupfer(II)-sulfat in Wasser Hexaaquakupfer(II)-sulfat: CuSO4 + 6 H2O [Cu(H2O)6]2+ + SO42- Dieses zerfällt
beim Trocknen unter Wasserabgabe zu dem bekannten Tetraaquakupfer(II)-sulfat
Monohydrat (Kupfer(II)-sulfat Pentahydrat):
[Cu(H2O)6]2+ + SO42- [Cu(H2O)4]SO4 • H2O + H2O Die Anzahl der Liganden,
die direkt an das Zentralteilchen gebunden sind, bestimmt die Koordinationszahl
des Zentralatoms. Beim Tetraaquakupfer-Komplex beträgt diese Koordinationszahl
4, beim Hexaaquakupfer-Komplex beträgt sie 6. Es sind Komplexe mit
Koordinationszahlen von 2 bis 12 bekannt. Man stellt sich die Komplexe
auch räumlich vor. Komplexe mit der Koordinationszahl 4 bilden ein
Tetraeder (oder ein Quadrat), Komplexe mit der Koordinationszahl ein Oktaeder.
Die hypothetischen, räumlichen Figuren werden als Koordinationspolyeder
bezeichnet.
Die meisten Komplexverbindungen sind farbig, ein typisches Beispiel stellt das Pigment Phthalocyaninblau dar. Rotes Blutlaugensalz und gelbes Blutlaugensalz enthalten ebenfalls Komplexe. Das Kaliumhexacyanoferrat(II) heißt nach der Komplex-Nomenklatur Kaliumhexacyanidoferrat(II), die Formel mit der Darstellung des Komplexes lautet K4[Fe(CN)6]. Bei diesem Komplex sind um ein Fe2+-Ion sechs Cyanid-Ionen als Liganden angeordnet. Erklärungsversuche für die Bindungen Der Zusammenhalt zwischen
Zentralteilchen und Liganden kann sowohl durch Ionenbindungen
als auch durch Elektronenpaarbindungen beschrieben
werden. Nach der Kristallfeld-Theorie wirken zwischen den Ionen elektrostatische
Kräfte, so dass das positiv geladene Zentralteilchen mit den negativ
geladenen Liganden eine Wechselwirkung eingeht. Nach der Elektronenpaarbindungs-Theorie
stellen die Liganden freie Elektronenpaare für die Bindung mit dem
Zentralteilchen zur Verfügung. Molekülorbital-Theorien beschreiben
die Komplexbindungen noch wesentlich genauer.
Komplexe bei Stoffwechselvorgängen in der Natur Komplexverbindungen treten in der Natur häufig auf, wenn Stoffwechselvorgänge notwendig sind. Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin befindet sich in den roten Blutkörperchen, er ist für den Sauerstofftransport im Blut verantwortlich. Das Häm-Molekül enthält einen Chelatkomplex aus Porphyrin, der über vier Liganden mit dem zentralen Fe2+-Ion verbunden ist. An dem Fe2+-Ion sind zwei weitere Koordinationsstellen frei. Eine wird durch das Protein Globulin besetzt, an die andere kann sich ein Sauerstoff-Molekül binden. Das Fe2+-Ion gibt dabei ein Elektron an das Sauerstoff-Molekül ab, es entsteht Oxyhämoglobin. Dabei bildet sich ein Fe3+-Ion und ein O2--Ion. Statt Sauerstoff kann auch Kohlenstoffmonooxid gebunden werden. Da der hierbei entstehende Komplex erheblich stabiler ist wie Oxyhämoglobin führt das längere Einatmen von Kohlenstoffmonooxid zu einer Erstickung. Der grüne Blattfarbstoff
Chlorophyll ermöglicht die Fotosynthese bei den Pflanzen. Man findet
ihn beispielsweise in den Chloroplasten der Wasserpest. Ein Chlorophyll-Molekül
enthält einen ähnlichen Baustein wie das Hämoglobin, als
Zentralteilchen kommt aber stattdessen ein Magnesium-Ion vor.
Anwendungen Die Komplexbildung dient in vielen Fällen als chemischer Nachweis. Weißes Kupfer(II)-sulfat bildet mit Wasser den blauen Hexaaquakupfer(II)-Komplex. Kupfer(II)-Ionen werden anhand der oben beschriebenen Reaktion mit Ammoniak identifiziert. Eisen(II)-Ionen reagieren mit Kaliumhexacyanidoferrat(III) zu Berlinerblau, ebenso Eisen(III)-Ionen mit Kaliumhexacyanidoferrat(II). Auch die Reaktion von Eisen(III)-Ionen mit Kaliumthiocyanat beruht auf der Bildung eines blutroten Komplexes in wässriger Lösung. Bei der Zugabe einer Kaliumhexacyanidoferrat(III)-Lösung zu einer Eisen(II)-sulfat-Lösung entsteht Berlinerblau. Nach der Zugabe von einer
1%igen Dimethylgyloxim-Lösung in Alkohol zu einer (verdünnten)
Nickel(II)-sulfat-Lösung entsteht ein roter Komplex. So lassen sich
Nickel(II)-Ionen nachweisen:
Bei der komplexometrischen
Titration bilden die zu bestimmenden Kationen
mit einem Indikator einen Komplex. Am Equivalenzpunkt findet ein Farbumschlag
statt, dabei sind alle Kationen zu Komplexen umgewandelt.
Das Binden von Molekülgruppen
oder Ionen an den Koordinationsstellen ermöglicht eine Vielzahl weiterer
technischer Anwendungen:
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