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Schweinfurtergrün
 
Schweinfurtergrün ist ein auffällig grün leuchtendes und lichtbeständiges Arsenpigment, das heute verboten ist. Es wurde 1805 erstmals hergestellt. Die Formel für das Doppelsalz Kupfer(II)-arsenitacetat lautet lautet Cu(CH3COO)2 • 3Cu(AsO2)2. Eine kleine Pigmentkörnung führt zu einem helleren Grün. Durch Säuren, Alkalien und Schwefelwasserstoff wird das Pigment zersetzt. Es verdunkelt, wenn es mit schwefelhaltigen Pigmenten wie Cadmiumgelb vermischt wird. Auf feuchtem Kalkputz können sich stark toxische, gasförmige Arsenverbindungen bilden. Im 19. Jahrhundert war es in vielen grünen Künstlerfarben zu finden. Es diente zum Anstreichen von Wänden oder Tapeten und zum Färben von Stoffen.
  
 
Geschichte Gewinnung Toxikologie Portraits
   
Geschichte und Verwendung
Der schwedische Chemiker und Apotheker Carl Wilhelm Scheele (1742–1786) erhielt im Jahr 1778 durch das Mischen  einer Kuper(II)-sulfat-Lösung mit arseniger Säure in einer Pottaschen-Lösung einen grünen Niederschlag von Kupfer(II)-arsenit Cu3As2O6. Unter der Bezeichnung Scheeles Grün wurde diese Verbindung als Pigment bekannt. Es fand danach seinen Einsatz in wasserlöslichen Farben und Ölfarben. In der Natur kommen Kupfer-Arsen-Verbindungen als Mineralien nur relativ selten vor. Eine davon ist der Konichalcit, der kugelige, smaragdgrüne Aggregate bildet. 
  
 
  Konichalcit aus Laurion Griechenland



Der Konichalcit ist ein Kupferarsenat mit der Formel CaCu[OH/AsO4]
 
 
Der Österreicher Ignaz Edler von Mitis (1771–1842) entdeckte im Jahr 1805 beim Ausfällen von Grünspan mit einer Arsenverbindung „Arseniksaures Kupfer“, ein gelbgrünes Pigment, das zunächst Mitisgrün benannt wurde. Die industrielle Produktion des leuchtenden Grüns mit verbesserter Rezeptur begann um 1808 in Schweinfurt in der Farben- und Bleiweiß-Fabrik Wilhelm Sattler. 1814 zog die Fabrik nach Schonungen im Landkreis Schweinfurt um. Heute ist das Pigment unter dem Namen Schweinfurtergrün bekannt, doch früher gab es bis zu 80 Bezeichnungen, beispielsweise Pariser Grün, Patentgrün, Wiener Grün, Papageigrün, Kaisergrün, Neugrün oder Uraniagrün. Einige dieser Farben bestanden aus anderen Zusammensetzungen wie das Originalpigment, sie enthielten jedoch immer eine Kupfer-Arsen-Verbindung. Bis etwa 1820 konnte die chemische Zusammensetzung geheim gehalten werden. Es war der deutsche Chemiker Justus von Liebig, der eine Analyse vornahm und das Herstellungsrezept 1822 veröffentlichte. Danach produzierten viele Firmen in Europa das grüne Pigment. 
  
Schweinfurtergrün wurde im 19. Jahrhundert sehr beliebt. Man strich Wände damit ein, bedruckte Tapeten und verwendete es in Künstlerfarben. Ab 1832 gelangte es als „Emerald green“ in die Öl- und Aquarellfarben des britischen Künstlerfarbenherstellers Winsor and Newton. Es fand sich besonders gerne in der Farbpalette der französischen Impressionisten wie Paul Gauguin oder Vincent van Gogh. In wie weit sie sich dabei vergifteten, ist nicht bekannt.  
  
 
Vincent van Gogh: Selbstportrait gewidmet Paul Gauguin (1888)



Im Hintergrund findet sich Schweinfurtergrün, Bleiweiß und Zinkweiß dienten zum Aufhellen und Abtönen.
 

Der 2010 verstorbene deutsche Maler Sigmar Polke (1941–2010) wollte Grenzen überschreiten und setzte das verbotene Schweinfurtergrün in seinen Kunstwerken ein. Der Tod Polkes steht möglicherweise im Zusammenhang mit gesundheitsgefährdenden Farben. Er verwendete noch andere gefährliche Stoffe wie beispielsweise Cobalt(II)-nitrat, das bei Feuchtigkeit seine Farbe von Blau nach Violett wechselt und als stark krebserzeugend gilt.

Der Merseburger Arzt Carl von Basedow (1799–1854) beschrieb im Jahr 1844 als erster die Gefahren, die von der Farbe ausgingen. Fünf Jahre zuvor hatten die Behörden in Bayern schon vor einer toxischen Wirkung gewarnt. Ein bestimmter Pilz setzte aus dem auf Tapeten aufgetragenen Schweinfurtergrün organische Arsenverbindungen wie Trimethylarsin frei, die zu Vergiftungssymptomen führten. Die Raumfeuchtigkeit reagierte mit dem Pigment, es wurde Arsenwasserstoff frei. Durch Abrieb konnten sich auch Stäube freisetzen. Ein mögliches Opfer war Napoleon, der im Jahr 1821 starb. Die genauen Ursachen wusste man damals aber noch nicht. Die Räume seines Exils in St. Helena waren mit grüner Farbe bestrichen, weil Napoleon die Farbe Grün gerne mochte. Als italienische Chemiker der Universität Mailand-Bicocca Anfang des 21. Jahrhunderts seine Haare chemisch analysierten, fanden sie erheblich mehr Arsen als in modernen Haarproben. Dies könnte aber auch von einem Konservierungsmittel stammen, mit dem man die Haare des Leichnams behandelte. Nach neueren Untersuchungen des Mailänder Professors Ettore Fiorini war Arsen nicht die Ursache für Napoleons Tod. Wahrscheinlich starb Napoleon an einem Magentumor. [Lit Fait 2008]

  
Ein Verbot für die Verwendung in Spielzeug, Tapeten und im Stoffdruck erfolgte in Deutschland erst im Jahr 1882. Sechs Jahre später verbot man Schweinfurtergrün auch in Künstlerfarben. Als Insektenschutzmittel und für Schutzanstriche gegen Algenbewuchs bei Schiffen wurde es weiter verwendet. Ein Verbot zur Verwendung als Spritzmittel im Weinbau wurde in Deutschland erst im Jahr 1942 ausgesprochen. 
   
Es gibt kein vergleichbares Grün, das es mit dem Schweinfurtergrün aufnehmen könnte. Moderne Farben enthalten beispielsweise eine Mischung von Cadmiumgelb mit dem organischen Phthalocyaningrün. Sie kommen dann unter der Bezeichnung Cadmiumgrün in den Handel. Zum Aufhellen wird meist Zinkweiß eingesetzt. Diese Mischungen kommen dem Original relativ nahe. Früher verwendete man auch Chromoxidhydratgrün und Cadmiumgelb, um einen annähernden Farbton zu erhalten.
   
Gewinnung
Grünspan entsteht als ein Gemisch von mehreren basischen Kupferactetaten, wenn man Kupferplatten mit Essig befeuchtet und an der Luft liegen lässt. Zur Herstellung von Schweinfurtergrün werden Grünspan und Arsenige Säure in konzentrierten und heißen Lösungen zusammengebracht. Dabei entsteht ein olivgrüner Niederschlag in saurer Lösung. Lässt man den Ansatz abkühlen und mehrere Tage stehen, bilden sich leuchtend grüne Kristalle. Erhitzt man den Ansatz nochmals zum Sieden, bildet sich ein körniges Pulver mit grüner Farbe. Nach dem Abdekantieren wird es getrocknet. Um eine noch schönere Farbe zu erhalten, kann man statt Grünspan auch Kupfer(II)-acetat einsetzen. Durch das Erhitzen von Scheeles Grün mit Essigsäure ist das Schweinfurtergrün ebenfalls herstellbar.
   
Toxikologie
Scheeles Grün und Schweinfurtergrün wirken akut toxisch beim Einatmen und Verschlucken (nach GHS Kategorie 3). Im Vergleich zu anderen Arsenverbindungen wie Arsen(III)-oxid ist die akute Toxizität aber geringer eingestuft. Für Wasserorganismen wirken alle Arsenverbindungen sehr giftig. Nach GHS wird Schweinfurtergrün nicht als krebserzeugender Stoff aufgeführt. Allerdings ordnete die (frühere) MAK-Kommission alle Salze der Arsenigen Säure den krebserzeugenden Stoffen der Kategorie 1 zu. Die große Gefahr geht von einer Zersetzung aus, wenn sich organische Arsenverbindungen oder Arsenwasserstoff bilden. Die Vergiftungssymptome entsprechen dann der von Arsen. Aus diesem Grund ist ein Verbot des Pigments gerechtfertigt.

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