AURO in
Braunschweig Bericht aus dem Jahr 1998 |
||
|
In der Firma | ||||||||||||
Als
erstes zeigt uns Herr Haverkamp die Abwasser-Aufbereitungsanlage der Firma
AURO. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie sämtliche anfallenden
Abfall-Stoffe im Abwasser chemisch-biologisch aufbereitet und vollständig
abbaut. Dies ist ein Grundkonzept der Firma: Im Entwicklungslabor der Firma
werden sämtliche Entsorgungspfade für Reststoffe entwickelt und
geklärt, bevor mit der Produktion eines neuen Produkts begonnen wird.
Dabei wird vor allem darauf geachtet, dass nur ökologisch unbedenkliche
und biologisch abbaubare Stoffe als Abfallprodukte entstehen. Die Firma
AURO ist nach eigenen Angaben die einzige Firma weltweit, die vollständig
und konsequent diese Bedingungen erfüllt.
In den Laborräumen
fallen uns vor allem die naturholzbelassene Labormöbel auf, die trotz
langjähriger Benutzung kaum Verschleißerscheinungen zeigen,
obwohl sie nur mit Naturlacken und -farben behandelt wurden. Wir fühlen
uns in dem Labor mit der angenehm duftenden Atmosphäre sofort wohl
und denken mit Schaudern an die kalten Räumlichkeiten der Großindustrielabors.
Als nächstes gelangen
wir in einen Raum, in dem das Pflanzenfarbstoffpigment nach einem firmeneigenen
Patent hergestellt wird. Als Rohstoffe werden verschiedene pflanzliche
und tierische Materialien verwendet:
Reseda geraspelte Blüten, Blätter und Stengel (gelb), Catechu eingedickter Saft der indischen Gerberakazie (braun), Chlorophyll aus Blättern (grün), Indigo eingedickte Stücke aus Indien (blau) Blauholz geraspeltes Kernholz des Blauholzbaumes (violett), Krapp Wurzeln der Pflanze (rostrot) Cochenille
getrocknete Schildläuse (leuchtend rot)
Die Pflanzenmaterialien werden in großen metallenen Kübeln mit Wasser und Alaun ausgekocht. Den entstehenden Farbstoffextrakt filtriert man durch ein großes Baumwoll- oder Leinentuch, wobei die Pflanzenreste als kompostierbares Material anfallen. Das Filtrat, der Farbstoffextrakt mit dem gelösten Alaun, gelangt in einen anderen Behälter, dem nach erneuter Erwärmung ein Gemisch aus Natronlauge und Pottasche zugegeben wird. Dieses Gemisch reagiert mit dem Alaun des Extraktes mit einer Fällungsreaktion unter Bildung von sehr kleinen Tonerdekristallen. Dabei tragen sich die Farbstoffteilchen auf die Oberfläche der feinen Kristalle auf und bilden ein Pigment. Der Prozess ist an einem starken Aufschäumen der Flüssigkeit erkennbar. Dabei entsteht ein Schaum von einer besonders intensiven Färbung. Im Gegensatz zu einem
mineralischen Pigment besitzt das so hergestellte
Pigment nur einen mineralischen Träger unter der Oberfläche (weiße
Tonerde), während die farbgebende Substanz (Farbstoff)
auf der Oberfläche der Tonerdekristalle sitzt. Durch nachhaltiges
Rühren setzt sich der Schaum allmählich am Boden ab, und eine
Probe des Pigments kann als feuchte, schlammige Masse mit Hilfe von Leinensäckchen
aus dem Reaktionskübel abgeschöpft werden.
Nach einer erneuten Filtration
und nach dem Auswaschen mit Wasser bleibt das noch nasse Pflanzenfarben-Tonerdepigment
im Filter zurück. Mit Hilfe von Filterpressen wird es getrocknet. Dem trockenen Pigment werden nun Bindemittel
wie Lärchenharz-Balsam, Schellack-Ammoniumseife, Walnussöl, und
Xanthangummi beigefügt. Zugegebenes Lavendel- und Rosmarinöl,
sowie Alkohol dienen zur Konservierung und geben der fertigen Wandlasur-Pflanzenfarbe
einen wohlriechenden Duft.
Eine Besonderheit dieser
Farbe ist ihre Art, wie sie auf die Wände aufgetragen wird: Sie wird
nicht mit der weißen Wandfarbe vermischt, sondern als verdünnte
Lasur über den weißen Malgrund der AURO Natur-Casein-Wandfarbe
aufgetragen. Dadurch vermittelt der physikalische
Eindruck der gestrichenen Wände eine besondere Lebendigkeit und
Farbintensität.
Nach dieser interessanten
Darbietung gelangen wir in die Produktionsabteilung, die Farben und Lacke
herstellt. Hier ist das Rauchen und insbesondere das Blitzen mit Elektronenblitzgeräten
strengstens verboten. Ursache für die Feuergefährlichkeit sind
nicht die Lösungsmittel, die in anderen Farben und Lacken üblicherweise
enthalten sind, sondern brennbare Harze und Öle, wie Balsamterpentinöl,
das aus dem Harz einer portugiesischen Kiefer gewonnen wird. Die wasserlöslichen
Lacke für Holzgrundierungen und -anstriche enthalten Pflanzenöle
wie Leinöl oder Rizinen-Standöl. Das Leinöl bezieht die
Firma von einer Ölmühle in Ostdeutschland. Dieses Öl oxidiert
an der Luft zu einem wetterbeständigen und festen Harz. Spezielle
Stoffe zur Trockenzeitverkürzung (Ca/Co/Zr-Trockner) beschleunigen
diesen Prozess. Oft sind den Lacken auch Harze und Wachse wie Bienenwachs
oder Carnaubawachs beigefügt, welche die Imprägnierwirkung des
lackierten Holzes zusätzlich verstärken und verhindern, dass
die Lacke spröde und rissig werden. Zum Lösen der Wachse und
Harze wird das aus Apfelsinenschalen gewonnene Citrusschalenöl eingesetzt.
Dieses verleiht den fertigen Lacken und Lasuren einen angnehmen Duft.
In großen Kesseln
nehmen wir eine weiße Masse wahr, die wir aufgrund ihrer Geruchsneutralität
zuerst nicht als weiße Wandfarbe erkennen. Das farbgebende Pigment
dieser Farbe ist das Weißpigment Titandioxid,
welches nach dem Sulfat-Verfahren mit anschließender Dünnsäureaufbereitung
hergestellt wird. Als Füllstoffe werden Buchenholzzellulose, Talkum
und Quellton verwendet. Sie verbessern die Oberflächenbeschaffenheit
und das Saugvermögen der Wandfarbe. Als Bindemittel
kommt Casein zum Einsatz.
Wir gehen weiter und
gelangen in große Lagerhallen. Hier lagert die Firma Auro ihre
Rohstoffe. Herr Haverkamp öffnet Säcke mit Färbepflanzen
und zeigt uns das Material, das in großen Mengen zur Verfügung
steht.Aus einem Sack entnimmt er eine
Handvoll Carnaubawachs, welches aus den Palmblättern einer brasilianischen
Palmenart gewonnen wird. Das darin enthaltene Wachs wird durch das Auskochen
mit Wasser verflüssigt, danach abgeschöpft und gereinigt. Es
gelangt in zerbrechlichen, gelb-weißlichen Stücken in den Handel.
Oberhalb der Lagerräume
befindet sich ein anderes Gebäude, in dessen Treppenaufgang es angenehm
nach etherischen Ölen duftet. Im obersten Stockwerk gelangen wir in
einen großen Konferenzraum, der ebenfalls mit Naturholzmöbeln
ausgestattet ist. Am Ende befindet sich
ein kleiner, heller Raum mit einer großen Bibliothek, die sofort
meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dort befinden sich alle nur erdenklichen
Raritäten und bisherigen Veröffentlichungen zum Thema Farbstoffe.
In der Mitte des Raumes steht Hermann Fischer und begrüßt uns
herzlich. Wir nehmen auf einem bequemen Sofa Platz und sind mitten in ein
hochinteressantes Gespräch hineingezogen, bevor wir überhaupt
unsere Kameras und das Tonbandgerät aufbauen können. Hermann
Fischer bietet uns Café an und interessiert sich auch für uns.
Er tauscht Gedanken aus, so dass der Dialog allen Beteiligten Spaß
macht.
Als das Telefon klingelt,
sagt Hermann Fischer einen Termin ab, um sich ganz dem Interview
widmen zu können. Er nimmt sich viel Zeit für uns und erzählt
aus seinem persönlichen Werdegang. Wir sind von seiner Persönlichkeit
und seinem Engagement beeindruckt. Er verabschiedet uns später sehr
herzlich.Bevor wir das Firmengelände
verlassen, steht uns Herr Haverkamp nochmals ein halbe Stunde für
Fragen zu Wirtschaftsdaten über die Firma zur Verfügung. Wir
erfahren, dass die 1983 gegründete Firma im Frühjahr 1998 zu
einer Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Im Sortiment befinden sich
über 100 Produkte, die an fast 1000 Fachhändler und Handwerksbetriebe
ausgeliefert werden. Der Export erfolgt in nahezu alle westeuropäischen
Länder und nach Übersee.In der Zwischenzeit ist
es abend geworden, und wir schießen noch einige Fotos von den Außenanlagen
und den Pflanzen. Befriedigt verlassen wir mit einer Vielzahl an Eindrücken
und gewonnenen Informationen Braunschweig.
|
Weitere Infos |
Interview
mit Hermann Fischer
Die Herstellung eines Krapplacks im Schulversuch Internet: Webseite der Firma AURO |