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Bioenergie, Energie aus Biomasse
  

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Auf dieser aufbereiteten Biomasse aus pflanzlichen Abfällen wächst eine Pilzkultur.
  
  
Die für die Gewinnung von Bioenergie benötigte Biomasse stammt von lebenden oder toten Lebewesen, die gerade erst gelebt haben. Im Gegensatz dazu sind die fossilen Energieträger wie Erdöl, Erdgas oder Kohle im Laufe von Jahrmillionen durch eine Umwandlung aus ehemaligen Lebewesen entstanden. Die aus den Pflanzen verfügbare Bioenergie ist ein Ergebnis der Photosynthese, der durch Licht ermöglichten Umwandlung von Kohlenstoffdioxid mit Hilfe des Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll in Kohlenhydrate. 
  
 
Grundgleichung der FotosyntheseLupe
 
 
Prinzipiell kann man Bioenergie aus allen pflanzlichen und tierischen Rohstoffen oder Abfallprodukten nutzen. Bei der Energiegewinnung durch Verbrennen macht momentan das Holz den größten Anteil aus. Unter dem Heizwert versteht man die bei einer Verbrennung gebildete maximale Wärmemenge.  
   
  
Brennstoff (ohne Wasser) Heizwert Hu
Rapsöl 37,6 MJ/kg *)
Holz (ohne Rinde) 18,5 MJ/kg *)
Stroh 17,3 MJ/kg *)
Grünabfälle 2,2 bis 12,8 MJ/kg **)
Methanol 19,7 MJ/kg *)
Benzin im Vergleich 43,9 MJ/kg *)
 
*) Vergleich verschiedener Brenn- und Kraftstoffe – Auszug Quelle: [Lit Quaschnig, S. 328] 
**) abhängig von der Jahreszeit, Quelle [Lit Umweltbundesamt Hg. Kern/Raussen, u.a. S. 171] 
  
  
Aus Biomasse kann man auch Wärme- oder Strom erzeugen. In einem Biomasseheizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung werden Brennstoffe aus Biomasse verbrannt, wobei gleichzeitig elektrischer Strom und die dabei entstehende Wärmeenergie beispielsweise als Fernwärme zur Versorgung von Haushalten genutzt werden. Diese Doppelnutzung ist besonders effizient. Auch Müllverbrennungsanlagen verfeuern einen Anteil an Biomasse. 
 
Eine weitere bedeutende Nutzung von Biomasse stellen die Biokraftstoffe dar, die aus gezielt angebauten, energieliefernden Pflanzen hergestellt werden. Bioethanol lässt sich durch Vergärung von Zucker oder von Stärke gewinnen. Aus Rapsöl kann man Biodiesel gewinnen. Dieser enthält Rapsmethylester (RME), der bei der Veresterung von Rapsöl mit Hilfe von Methylalkohol entsteht. In Mitteleuropa wird zur Erzeugung von Biokraftstoffen hauptsächlich Raps angebaut, in den USA eher Mais. In manchen Ländern ist dies umstritten: In Brasilien ist der Anbau von Zuckerrohr zur Herstellung von Bioethanol ein großes Geschäft geworden. Dadurch wird auch Regenwald gerodet, Kleinbauern kommen in Bedrängnis und vor allem könnten die Anbauflächen für die dringend benötigten Nahrungsmittel sinnvoller eingesetzt werden. Ein exzessiver Anbau von Raps oder Mais in Mitteleuropa kann die Biodiversität gefährden. Andererseits wachsen die energieliefernden Pflanzen laufend nach, sie ermöglichen eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern, die nicht in allen Ländern als Rohstoffe zur Verfügung stehen.  
 
 
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Die Ökobilanz der Bioenergie fällt besonders gut aus, wenn organische Abfälle verarbeitet werden. Die Bioenergie trägt auch zur Verminderung des Treibhauseffekts bei, da nur so viel Kohlenstoffdioxid freigesetzt wird, wie bei der Fotosynthese zuvor gewonnen wurde. Allerdings können ungenutzte Ressourcen erhebliche Mengen des besonders treibhauswirksamen Kohlenwasserstoffs Methan freisetzen. 
   
  

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In der Schweiz wird Biogas für Kraftfahrzeuge oder für Blockheizkraftwerke aus aufbereiteten
Bioabfällen gewonnen. Das Foto zeigt einen Gärreaktor der Kompogas AG. (www.kompogas.ch)
  
  
Zunehmend werden organische Abfallstoffe aus der Landwirtschaft oder aus Abfallsammlungen zur Vergärung und Herstellung von Biogas eingesetzt. In Biogasanlagen wird das Biogas durch Vergärung von Grünabfällen, Speiseresten, Gülle, Mist oder Klärschlamm erzeugt. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, das zu 90 % daraus besteht. Methangas entsteht aber auch in Sümpfen und am Boden von verschmutzten Gewässern, wenn tote Pflanzen- oder Tierreste verfaulen. Dieser Prozess kann technisch nutzbar gemacht werden: In Kläranlagen gewinnt man in den Faultürmen aus dem anfallenden Schlamm Methan, das zur Energiegewinnung verwendet wird.  

  
Funktionsweise einer BiogasanlageLupe
 


Mit einer Anlage zur Erzeugung von Biogas kann ein Landwirt aus Stallmist Methan herstellen. Dabei wird in einem Gärbehälter, dem Fermenter, Gülle oder Mist unter Luftabschluss einem Fäulnisprozess unterworfen. Bei fehlendem Sauerstoff fühlen sich die anaeroben Methanbakterien wohl und bauen die organischen Abfallstoffe des Stallmists zu Methan und Kohlenstoffdioxid um. Da dieses Gasgemisch aus Biomasse entstanden ist, nennt man es Biogas. Damit die Vorgänge in einer Biogasanlage optimal ablaufen, wird das Rohmaterial zunächst zerkleinert. Die chemischen Vorgänge sind kompliziert. Für jede einzelne Phase ist eine bestimmte Bakteriengruppe zuständig. Die Temperatur in einem Gärbehälter beträgt etwa 35 bis 40 °C bei einer Verweildauer von 30 bis 50 Tagen, der Wasseranteil sollte mindestens 50 % betragen. Gibt man den Bakterien zu viel Substrat zu „fressen“, dann kann der Prozess auch umkippen. Zusätze von Co-Substraten wie Silo-Mais begünstigen die Ausbeute.  (Lit AID Infodienst, 2011] 
  • In der ersten Phase, der Hydrolyse, werden die langkettigen Kohlenhydratmoleküle in einfachere Zuckermoleküle zerlegt. Eiweiße werden zu Aminosäuren umgebaut, aus Fetten entstehen Fettsäuren und Glycerin. 
  • In der zweiten Phase, der Versäuerung, entstehen mit Hilfe von säurebildenden Bakterien Zwischenprodukte wie verschiedene Fett- und Carbonsäuren, aber auch Alkohole, Ammoniak oder Schwefelwasserstoff. Letzterer verursacht den Gestank nach faulen Eiern. Für die ersten beiden Phasen liegt der optimale pH-Wert zwischen 4,5 und 6,3.
  • In der dritten Phase, der essigbildenden Phase, bauen acetogene Bakterien die Fett- und Carbonsäuren unter Bildung von Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff zu Essigsäure um. Die acetogenen Bakterien sterben bei zu hohen Wasserstoffkonzentrationen ab, daher ist es von Bedeutung, dass der Prozess kontinuierlich erfolgt und das in der vierten Phase gebildete Methan laufend entnommen wird.
  • In der vierten und letzten Phase, der methanbildenden Phase, wird die Essigsäure durch Methanbakterien zu Methan und Kohlenstoffdioxid umgebaut. Das Methan kann in der vierten Phase auch aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid entstehen. Methanbakterien fühlen sich bei einem pH-Wert um 7,0 wohl. 
Von den gasförmigen Zwischenprodukten finden sich immer Reste im Biogas. Stark Vereinfacht kann man dieses Reaktionsschema für die Gesamtreaktion angeben: 
  
Gülle/Mist + Co-Substrat + Wasser    Kohlenstoffdioxid + Methan + Wasser + Faulschlamm 
   
  
Biogas-Zusammensetzung
 
Methan
40 bis 75 %
Kohlenstoffdioxid
25 bis 55 %
Wasserdampf
0 bis 10 %
Stickstoff
0 bis 5 %
Sauerstoff
0 bis 2 %
Wasserstoff
0 bis 1 %
Ammoniak
0 bis 1 %
Schwefelwasserstoff
0 bis 1 %
  
    
  
Die Heizung und das Wasserbad sorgen für eine gleichbleibende Temperatur. Das Rührwerk gewährt eine gleichmäßige Durchmischung des Gärschlammes. Der bei der Fäulnis am Boden entstehende Faulschlamm ist infolge seines Gehalts an stickstoffhaltigen anorganischen Salzen ein hochwertiges Düngemittel. Er wird in einem Schlammbehälter gesammelt.  
   
  

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Rührwerk mit Sichtfenster oberhalb des Gärbehälters (Fermenter) einer Biogasanlage 
   
  
Das im Gärbehälter entstandene Biogas wird zunächst durch Zufuhr von Sauerstoff entschwefelt und getrocknet, dann gelangt es in einen Gasspeicher. Von dort kann es bei Bedarf als Heizgas, als Gas zum Betrieb eines Generators zur Erzeugung von elektrischem Strom oder zum Betrieb eines gasgetriebenen Motors verwendet werden.  
   
 

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Hier ist ein Biogas-Ottomotor mit Generator zu sehen, darunter befindet sich eine Ölwanne.
 
 
Eine Kuh produziert pro Tag etwa 10 bis 20 Kilogramm Mist, daraus können ein bis zwei Kubikmeter Biogas hergestellt werden. Die Biomasse, welche eine Kuh in einem Jahr erzeugt, entspricht der Energie von 300 Litern Heizöl.  
 
 
Weitere Arbeitsanregungen 
  • Stelle Vor- und Nachteile der Energie aus Biomasse gegenüber.
  • Diskutiere die Bedeutung der Bioenergie für den Treibhauseffekt.
  • „Bioethanol ist eine sinnvolle Alternative zu den fossilen Brennstoffen“, Beurteile diese Aussage.
  • Besuche eine Biogasanlage und erstelle eine Dokumentation.
  • Starte eine Umfrage über die Akzeptanz von Biogasanlagen in der Bevölkerung. Wo gibt es Probleme?
  • Entwickle ein Verfahren, wie Biogas im Schullabor erzeugt werden kann.
  • Welche Gefahren treten dabei auf? Von welchen Parametern hängt das Gelingen ab?

  
Weitere Informationen
Treibhauseffekt im Umweltlexikon 
Bioethanol in der Chemikaliendatenbank 
Methan in der Chemikaliendatenbank 
Rohrzucker in der Chemikaliendatenbank  
Alkoholische Gärung im organischen Lexikon  
    
Literaturquellen  
Literaturverzeichnis  
    
Weitere Infos im Internet
Biogasforum Schweiz  
Biomasse Infozentrum  
Boxer – Infodienst Biogas 


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