Kohlenhydrate | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Über die Kohlenhydrate
gewinnt der menschliche Körper mehr als 50 Prozent seiner Energie. Aus ihnen
baut der Körper auch andere Stoffe wie Eiweiße
oder Fette. Sie werden im Gehirn, in der Muskulatur
oder in anderen Organen mit Hilfe des Blutsauerstoffs oxidiert, dabei wird
Energie frei. Der Abbau der Kohlenhydrate erfolgt bei der Verdauung mit
Hilfe von Enzymen, die langkettige Moleküle in kurzkettige zerlegen.
Aus diesen kann die Energie leichter gewonnen werden. Kohlenhydrate werden
von den Pflanzen bei der Fotosynthese produziert. Das Chlorophyll der grünen
Blätter wandelt mit Hilfe von Lichtenergie Kohlenstoffdioxid und Wasser
in Kohlenhydrate um, gleichzeitig wird Sauerstoff produziert, den der Mensch
und die Tiere benötigen. Die Pflanzen speichern die Energie hauptsächlich
in Form von Stärke.
Der irreführende
Begriff „Hydrat“ entstand früher fälschlicherweise, weil man
dachte, dass Kohlenhydrate Wasser enthalten. Kohlenhydrate
sind aus Kohlenstoff-Atomen aufgebaut, die mit Wasserstoff- und Sauerstoff-Atomen
verbunden sind. Sie spalten Wasser ab, wenn sie sich untereinander verbinden.
Die Einfachzucker oder die Monosaccharide
stellen die Grundbausteine für alle Kohlenhydrate dar. Ihr Nachweis
im chemischen Labor erfolgt mit der Fehling-Probe.
Einfachzucker wie Glucose oder Fructose
kommen als kettenförmige und ringförmige Moleküle vor.
Ringform: Die Kohlenstoff-Atome im Ring sind nicht eingezeichnet, sie sitzen jeweils an den Verbindungsstellen.
Einige Zucker-Moleküle
bilden Isomere: Bei der alpha-Form,
der α-Glucose
(und auch bei der α-Galactose),
liegen die beiden OH-Gruppen am C1-Atom
und am C2-Atom
in der Ringebene auf der gleichen Seite. Bei der beta-Form, der β-Glucose,
liegen sie gegenüber. Neben der Ringform existieren auch offenkettige
Formen, die ebenfalls isomer zur Ringform sind:
Die offenkettigen Formen
enthalten eine Aldehyd-Gruppe, die reduzierend wirkt. Dies erklärt,
warum beispielsweise Glucose genauso wie ein Aldehyd
eine Silbernitrat-Lösung zu elementarem Silber reduzieren kann. In
wässriger Lösung liegt meistens ein Gemisch der verschiedenen
Ring- und offenkettigen Formen vor. Sie stehen dann in einem Gleichgewicht
zueinander.
Der im Haushalt verbreitete,
gewöhnliche Zucker wird je nach Herkunft als Rübenzucker oder
auch als Rohrzucker bezeichnet. Rübenzucker gewinnt man aus Zuckerrüben,
Rohrzucker dagegen aus Zuckerrohr. Dieser Zucker gehört zu den Doppelzuckern,
der Chemiker kennt ihn als Saccharose. Die Doppelzucker oder die Disaccharide
entstehen, wenn sich zwei Einfachzucker unter Wasserabspaltung verbinden.
Bei der Saccharose sind jeweils ein
Glucose- und ein Fructose-Molekül mit einer Sauerstoff-Brücke
miteinander verknüpft. Beim Malzzucker, der Maltose,
benötigt es zwei Glucose-Moleküle. Beim Milchzucker, der Lactose, sind ein Glucose- und ein Galactose-Molekül miteinander verbunden.
Die Fehling-Probe
und die Silberspiegel-Probe verlaufen bei der
Saccharose negativ, da durch die Verknüpfung keine Ringöffnung
möglich ist. Saccharose wirkt daher nicht reduzierend. Im Gegensatz
dazu kann bei der Maltose und der Lactose am C1-Atom
des Glucose-Bausteines mit der freien OH-Gruppe eine Ringöffnung stattfinden.
Es bildet sich dadurch eine Aldehyd-Gruppe aus. Deshalb fallen die
Fehling-Probe und die Silberspiegel-Probe bei der Maltose und der Lactose
positiv aus, beide wirken reduzierend.
Bei der natürlichen
Stärke sind Zucker-Einheiten zu langen Ketten miteinander verknüpft.
Stärke wie Kartoffel- oder Maisstärke ist aus Vielfachzuckern
aufgebaut, man bezeichnet sie als Polysaccharide.
Die in der Grafik durch ein Sechseck dargestellten Zucker-Einheiten können
bei der Stärke Ketten mit mehreren hundert Kettengliedern bilden.
Die Ketten bilden bei der Amylose eine schraubenförmige Anordnung,
die durch Sauerstoff-Atome miteinander verknüpft sind. Natürliche
Kartoffelstärke besteht etwa zu 20 Prozent aus wasserlöslicher Amylose
und zu 80 Prozent aus wasserunlöslichem Amylopektin. Beim Amylopektin sind
die Zuckereinheiten nicht schraubenförmig, sondern in verzweigten
Ketten miteinander verbunden.
Beim längeren Kauen
auf Weißbrot zerlegt das Enzym Amylase schon im Speichel die Ketten,
und man erhält kürzere Ketten. Die hierbei entstehenden Dextrine
lassen sich am süßen Geschmack erkennen. Auch durch Erhitzen
oder durch die Zugabe von Säure lassen sich die Ketten in kurze Abschnitte
oder in einzelne Zucker-Einheiten zerlegen. Amylopektin- und Amylose-Moleküle
bilden in der Stärke eine vernetzte Struktur. Dadurch entstehen die
(im Mikroskop sichtbaren) typischen Stärkekörner. Im Kern befindet
sich die Amylose. Die feste Hülle des Stärkekorns wird durch
Amylopektin aufgebaut.
Bei Zimmertemperatur
können Wasser-Moleküle nicht durch die Hülle der Stärkekörner
eindringen. Sie haften nur an der Oberfläche der Hülle. Beim
Erwärmen beginnt das Amylopektin zu quellen, es nimmt dabei Wasser
auf. Die Hülle wird so durchlässig, dass das Wasser zur Amylose
gelangt und sich diese im Wasser löst. Die Kombination dieser beiden
Wirkungen erzeugt die ab 60 bis 70 °C eintretende, typische Verkleisterung
der Stärke. Die im Laborbedarf erhältliche lösliche
Stärke ist ein Verarbeitungsprodukt, sie enthält nur Amylose.
Im Vergleich zur Stärke bilden das Polymer
Cellulose lange, unverzweigte Ketten. Die Quellfähigkeit der Cellulose
ist nicht so gut wie die der Stärke, da sich im Makro-Molekül
der Cellulose keine Wasser-Moleküle einlagern können.
Cellulose ist das in
der Natur am häufigsten vorkommende, natürliche Polymer und auch
die am häufigsten vorkommende organische Verbindung. Cellulose bildet
zusammen mit Lignin und Pektinen die Gerüstsubstanz für pflanzliche
Zellwände. Bei den Tieren ist die Cellulose mit Ausnahme von einigen
Manteltieren nicht zu finden. Das Makro-Molekül der Cellulose ist aus
dem Zweifachzucker Cellobiose aufgebaut. Ein Cellobiose-Molekül enthält
zwei Grundeinheiten der Glucose, die durch eine β-(1,4)-Verknüpfung
miteinander verbunden sind. Cellulose-Polymere enthalten bis zu 5000 Glucose-Einheiten.
Die zwischen den Makro-Molekülen befindlichen Wasserstoffbrücken
verhindern eine spiralartige Drehung des Moleküls.
Der Mensch kann aus der
Cellulose keine Energie gewinnen, da seine Enzyme die β-Verknüpfungen
nicht zerlegen können. Die Bakterien im Pansen der Wiederkäuer
sind jedoch dazu in der Lage. Die Cellulose wird über den menschlichen
Darm unverdaut wieder ausgeschieden. Sie ist aber kein „Ballast“, wie man
früher annahm, sondern besitzt eine große Bedeutung als Ballaststoff:
Sie fördert die Darmtätigkeit und lockert den Stuhlgang auf.
Ballaststoffreiche Nahrungsmittel beugen Darmkrebs und Herz-Kreislauf-Krankheiten
vor. Zu ihnen gehören vor allem Hülsenfrüchte und Getreide,
aber auch Gemüse und Obst enthalten Ballaststoffe.
Verteilung der
Kohlenhydrate in Nahrungsmitteln, alle Werte in Gramm, bezogen auf 100 Gramm
Diese Werte sind didaktisch aufbereitet, sie gelten nicht als Referenz für Personen mit Unverträglichkeiten. Aus einer Nährwert-Tabelle
lässt sich ablesen, wie viel Energie aus einem Nahrungsmittel gewonnen
werden kann. Der Stärkeanteil lässt sich in der Tabelle oben
in etwa errechnen, wenn man von den verwertbaren Kohlenhydraten die Werte
für die drei Zucker subtrahiert. Mensch und Tier verwerten die Kohlenhydrate
nicht nur als unmittelbaren Energielieferanten, sondern sie speichern sie
in Form von Glycogen in der Muskulatur und in der Leber. Glycogen ist ein
dem Amylopektin ähnliches Polysaccharid, das aber noch stärker
verzweigt ist und noch größere Molekülmassen bildet. Ein
Glycogen-Molekül kann bis zu 100000 Glucose-Bausteine enthalten. Bei
Bedarf und auch während des Schlafs wird der Glycogen-Vorrat wieder
zu Glucose abgebaut. Die Leber ist auf der Grafik ganz oben übrigens
dunkelrot dargestellt.
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