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Chemisches Gleichgewicht
Wirft man ein Zink-Stückchen in ein Reagenzglas, das mit verdünnter Salzsäure gefüllt ist, entsteht Wasserstoff, der aus dem Reagenzglas entweicht und in einem Messzylinder aufgefangen werden kann. Das entstehende Produkt geht dem System verloren, es handelt sich daher um ein offenes System. Diese Reaktion wäre auch umkehrbar, wenn man die Produkte Wasserstoff und Zinkchlorid bei hohen Temperaturen und unter hohem Druck in einen abgeschlossenen Behälter sperren würde. Man erhält dann ein geschlossenes System. Bei geschlossenen Systemen stellt sich nach einiger Zeit ein chemisches Gleichgewicht ein. 

 
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Dieses Phänomen soll zunächst anhand des Modellbeispiels "Apfelkrieg" erläutert werden: Ein Großvater spielt gegen seinen Enkel im Garten ein merkwürdiges Spiel. Jeder Spielteilnehmer erhält zu Beginn 9 Äpfel. Ziel des Spiels ist es, in das gegnerische Feld möglichst viele Äpfel zu werfen. Nach einiger Zeit lässt sich feststellen, dass sich ein konstantes, dynamisches Gleichgewicht einstellt. Im Feld des Großvaters befinden sich mehr Äpfel als im Feld des Enkels.

   
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Nun lässt sich auch die Gleichgewichts-Reaktion zwischen Iod und Wasserstoff besser verstehen. Ein Gemisch zwischen gasförmigem Iod und gasförmigem Wasserstoff reagiert in einem abgeschlossenen System bei erhöhter Temperatur teilweise zu Iodwasserstoff.

Hin-Reaktion:  H2 (g) +  I2 (g) reagiert zu  2 HI (g)   ΔHR = −10 kJ/mol

Die Reaktion erfolgt jedoch nicht vollständig, da Iodwasserstoff bei der gleichen Temperatur teilweise wieder zu Iod und Wasserstoff zerfällt:

Rück-Reaktion:  2 HI (g) reagiert zu  H2 (g)  +  I2 (g)   ΔHR = +10 kJ/mol
  
Es stellt sich ein chemisches Gleichgewicht ein, bei dem alle an der chemischen Reaktion beteiligten Stoffe in einem bestimmten Mengenverhältnis vorliegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob man mit den Ausgangsstoffen oder mit den Produkten startet, stets stellt sich der gleiche Gleichgewichtszustand ein. 
  
 Hin- und Rückreaktion der Reaktion mit Doppelpfeil dargestellt
 
Der Doppelpfeil kennzeichnet die Gleichgewichts-Reaktion. Bei der Hin-Reaktion nimmt die Konzentration der Ausgangsstoffe ständig ab, dadurch verringert sich die Geschwindigkeit der Hin-Reaktion. Gleichzeitig nimmt die Konzentration der Produkte zu, somit vergrößert sich die Geschwindigkeit der Rück-Reaktion. Ist die Reaktionsgeschwindigkeit von Hin- und Rück-Reaktion gleich, ist das chemische Gleichgewicht eingestellt. 
  
 
Massenwirkungsgesetz

Es lässt sich eine Gleichgewichtskonstante mit einem bei gegebener Temperatur charakteristischen Wert aufstellen. Für eine chemische Reaktion nach dem Typ:
    
  aA  +  bB im Gleichgewicht zu   cC  +  dD      

 gilt die temperaturabhängige Gleichgewichtskonstante oder Massenwirkungskonstante K:

  K = Konzentration von C hoch C mal Konzentration von D hoch D geteilt durch Konzentration von A hoch A mal Konzentration von B hoch B    
 
Wenn der Quotient aus dem Produkt der Konzentrationen der Endstoffe und dem Produkt der Konzentrationen der Ausgangsstoffe einen konstanten Wert erreicht, ist der Gleichgewichtszustand erreicht. Dieses Gesetz bezeichneten Guldberg und Waage im Jahre 1867 als Massenwirkungsgesetz. 
  

Beispiel zu Berechnung
 
I2 reagiert in einer Gleichgewichtsreaktion mit H2 zu 2 H I

Bei der Reaktion von Iod und Wasserstoff zu Iodwasserstoff erhält man bei einer bestimmten Temperatur eine Konzentration von 3,531 mol/l Iodwasserstoff. Gleichzeitig liegen die Ausgangsstoffe in einer Konzentration 0,4789 mol/l vor. Nun werden die Konzentrationen in die Gleichung des Massenwirkungsgesetzes eingesetzt: 
  
  K = 3,531 Mol pro Liter hoch 2 geteilt durch 0,4789 Mol pro Liter hoch eins mal 0,4789 Mol pro Liter hoch eins = 54,36  
 
Die Konstante K = 54,36 gilt für eine bestimmte Temperatur und erhöht sich mit abnehmender Temperatur. 
  

Beeinflussung der chemischen Gleichgewichte

Ob die Lage des Gleichgewichts mehr auf Seiten der Produkte oder mehr bei den Ausgangsstoffen liegt, hängt von mehreren Faktoren ab. Bei sehr großen Werten der Gleichgewichtskonstanten liegt das Gleichgewicht überwiegend auf der Seite der Produkte, bei sehr kleinen Werten auf der Seite der Ausgangsstoffe.
 

1.) Eine Veränderung der Temperatur führt zu einer Verschiebung des Gleichgewichts. Dies soll an der Gleichgewichtsreaktion von Stickstoffdioxid zu Distickstofftetroxid verdeutlicht werden:

2 NO2 (g) im Gleichgewicht zu   N2O4 (g)     ΔHR = −58,2 kJ/mol
 
Eine Temperaturerhöhung begünstigt die endotherme Teil-Reaktion, das Gleichgewicht verschiebt sich nach links. Die Teil-Reaktion nach rechts wäre die exotherme Reaktion, die Teil-Reaktion nach links die endotherme. Daher bildet sich bei einer Temperaturerhöhung mehr braunes Stickstoffdioxid (NO2).
 
Eine Temperatursenkung begünstigt die exotherme Teil-Reaktion. Bei einer Temperatursenkung nimmt die braune Farbe wieder ab und es bildet sich mehr farbloses Distickstofftetroxid, das Gleichgewicht verschiebt sich nach rechts. 
 
2.) Sind Gase beteiligt, verschiebt auch eine Veränderung des Drucks das chemische Gleichgewicht. Erhöht sich in einem geschlossenen Stoffsystem der Druck, verschiebt sich das Gleichgewicht in die Richtung, in welcher die Stoffe weniger Volumen einnehmen. Beispiel: Bei der Ammoniaksynthese reagieren ein Volumen-Anteil Stickstoff mit drei Volumen-Anteilen Wasserstoff zu zwei Volumen-Anteilen Ammoniak-Gas: 
 
N2 (g) +  3 H2 (g) im Gleichgewicht zu   2 NH3 (g)      ΔHR = −92 kJ/mol 
  
Folglich verschiebt sich das Gleichgewicht bei einer Druckerhöhung nach rechts, da dort weniger Gas-Volumen zu erwarten ist. 
  
 
Prinzip von Le Chatelier

Im Jahre 1884 versuchte der französische Chemiker Henry Louis Le Châtelier (1850–1936) ein Gesetz zu formulieren, das allgemein beschreibt, wie sich ein Gleichgewicht verschiebt, wenn sich die äußeren Bedingungen wie Temperatur und Druck ändern. Das Gesetz ist als Prinzip von Le Chatelier oder als Prinzip der Flucht vor dem Zwang bekannt geworden: 
  
Wird auf ein im Gleichgewicht befindlichen System durch Änderung der äußeren Bedingungen ein Zwang ausgeübt, so verschiebt sich das Gleichgewicht derart, dass es dem Zwang ausweicht. Es stellt sich ein neues Gleichgewicht mit vermindertem Zwang ein.

Obwohl das Prinzip keine quantitativen Aussagen machen kann, macht es wesentliche Aussagen bei der Herstellung chemischer Produkte in Labor und Technik.
  
Neben der Temperatur- und Druckänderung bewirkt auch eine Änderung der Konzentration der beteiligten Stoffe eine Verschiebung des Gleichgewichts. Nach dem Quotienten 
   
   K = Konzentration von C hoch C mal Konzentration von D hoch D geteilt durch Konzentration von A hoch A mal Konzentration von B hoch B   
 
bewirken eine Zugabe von A oder B und ein Entzug von C oder D eine Verschiebung des Gleichgewichts in Richtung der Produkte C und D. Dadurch wird die Einhaltung des gleichen Werts der Gleichgewichtskonstante garantiert. Entweicht ein Produkt laufend wie in einem offenen System, verläuft die Reaktion fast vollständig Richtung Produktseite. 
  
  
Zusammenfassung
 
Will man bei einer Synthese eine möglichst große Ausbeute erreichen, dann 
  • ändert man die Temperatur und den Druck so, dass das Gleichgewichts-System dem Zwang in Richtung der Produkte ausweicht,
  • erhöht man die Konzentration eines Ausgangsstoffes,
  • nimmt man ein Produkt ständig weg oder fügt zusätzlich noch einen Katalysator hinzu. Dies verändert allerdings die Gleichgewichts-Konstante nicht, sondern beschleunigt das Einstellen des Gleichgewichts.
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Ergänzende Inhalte
 
Demonstrationen zu den chemischen Gleichgewichten
Ammoniaksynthese



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