Ernst Bollhalder
in Dornach Bericht aus der ehemaligen Firma im Jahr 1997 |
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In der Firma | ||||||||||||||||||||||||
Der
Firmenchef erzählt uns, wie die Firma zustande kam. Als ausgebildeter
Diplom-Landwirt betrieb er in den Siebziger Jahren biologisch-dynamischen
Landbau und Schafzucht. Ein Handelsrückgang anfang der Achtziger Jahre
führte dazu, dass er seine Wolle nicht mehr verkaufen konnte. Um die
Wolle besser absetzen zu können, begann er mit der Einfärbung
der Wolle durch Naturfarbstoffe. Dabei wurde er anfangs durch das Goetheanum
unterstützt. Das Goetheanum und die Waldorf-Bewegung wurde durch Rudolf
Steiner ins Leben gerufen.
Die Pflanzenfärberei
Bollhalder ist im Jahr 1997 in Bezug auf den Wollumsatz die größte
Firma in Europa, die ausschließlich mit Naturfarben färbt. Zum
Kundenkreis gehören Privatleute und Textilfirmen, die von der Umweltverträglichkeit
der Farben und ihrer ästhetischen Wirkung überzeugt sind.Die nachwachsenden Rohstoffe müssen zum
Teil zwar aus den tropischen Ländern importiert werden, doch der Einsatz
von Chemikalien ist im Vergleich zu einem Textilfarbstoff der chemischen
Industrie sehr bescheiden, wenn man eine Gesamtbilanz zieht. Die Pflanzenfarbstoffe
sind auf der Haut gut verträglich. Farbabfälle stellen für
die Umwelt keine besondere Gefährdung dar.
Wir gelangen in einen
Raum, in dem uns Herr Bollhalder die Rohstoffe vorstellt. Im wesentlichen
verwendet die Färberei die vier Farbstoffe Reseda
aus dem Hunsrück, Cochenille aus Peru,
Indigo aus Indien und Krapp.
Cochenille bildet eine Ausnahme, da es kein
Pflanzenfarbstoff ist, sondern aus getrockneten Schildläusen gewonnen
wird. Herr Bollhalder zeigt uns einen aus Stoffproben gefertigten Farbkreis,
der uns in Erstaunen versetzt.
Alle Farben des Farbkreises wurden mit diesen vier Farbstoffen erzeugt. Grün steht von der Natur nicht als wirklich lichtechter Farbstoff zur Verfügung. Fast alle Pflanzen enthalten zwar den grünen, zur Fotosynthese notwendigen Farbstoff Chlorophyll. Doch dieser besitzt die unangenehme Eigenschaft, durch Licht zu verblassen, wenn er biologisch nicht mehr aktiv ist. Ernst Bollhalder erreicht die grünen Farbtöne durch Misch- oder Überfärbungen von blauem Indigo mit gelber Reseda und erreicht sehr lichtechte Textilfärbungen. Die Farbmuster verdeutlichen die Vielfalt der Möglichkeiten durch Naturfarbstoffe:
Herr Bollhalder führt
uns nach weiter hinten, wo sich große, metallene Kübel befinden.
Zuerst werden die Pflanzenfarben in große, zu einem Sack gedrehte
Baumwolltücher gefüllt. Die Extraktion der Farbstoffe in das
Wasser erfolgt durch das Eintauchen der Baumwollsäcke in die Wasserkübel
bei höherer Wassertemperatur und kann mehrere Stunden bis Tage dauern.
Nach der Extraktion entlässt man den Farbstoffsud über eine Rohrleitung
aus dem Kübel in das Untergeschoss, wo sich die Farbtröge befinden.
Wir müssen jetzt eine Treppe hinabsteigen, die in das untere Stockwerk
führt.
Beim Färbevorgang
werden die vorgebeizten Wollbahnen, die an einem fahrbaren Kran mit Gestell
aufgehängt sind, in den heißen Farbstoffextrakt getaucht. Das
Beizen der Wolle ist notwendig, weil erst
diese Vorbehandlung die Wollfaser für den Farbstoff öffnet. Am
Boden des Färbetroges sorgen motorisierte Rührwerke für
eine gleichmäßige Durchmischung. Mit Hilfe dieser Vorrichtung
kann Ernst Bollhalder mehrere Zentner Wolle in einem Färbegang färben.
Faszinierend ist es immer
wieder, wenn beim Färben mit dem Küpenfarbstoff
Indigo die Wolle zuerst gelb erscheint und sich diese an der Luft über
Grün nach Blau verfärbt. Dieses Foto hat uns Herr Bollhalder
zur Verfügung gestellt:
Weiter hinten befindet
sich ein Kellerraum, in dem die gefärbten Wollstränge zum Trocknen
aufgehängt sind. Wir sehen mit Krapp gefärbte
Wolle, die an Gestellen aufgehängt ist. Die trockene, feucht-heiße
Luft macht uns zu schaffen, so dass wir den Trockenraum relativ schnell
wieder verlassen.
Jetzt werden wir in den
Lagerraum der Firma geführt. Neben Säcken und Kübeln sticht
uns ein metallener Koffer ins Auge. Der Koffer ist noch von einem langen
Transport auf dem Seeweg versiegelt und wir sind gespannt, als Ernst Bollhalder
den Koffer öffnet und mit seinem Taschenmesser eine Schutzfolie zerschneidet.
Er holt kleine, blaue Würfel aus dem Koffer, die sich als echter indischer
Indigo entpuppen. Fasziniert nehmen wird die bröseligen
Würfel in die Hand und staunen über das Blau, das uns von den
Jeansstoffen her bekannt ist.
Echte Pflanzenfärber
färben ausschließlich mit echtem Indigo, da ihre Kundenkreise
den helleren, natürlichen Farbton des Königs der Farbstoffe bevorzugen.
Sie rümpfen die Nase über die dunkleren Nuancen des synthetischen
Indigos.Indigo
ist kein Beizenfarbstoff, sondern ein
Küpenfarbstoff. Er ist nicht wasserlöslich
und wird mit einem "Verküpungsmittel" zu einem wasserlöslichen,
gelben Salz umgewandelt. Erst damit kann die Wolle getränkt werden.
Das wunderbare Blau entsteht auf der Wolle durch die Luft, wenn das gelbe
Salz mit dem Luftsauerstoff wieder zu blauem Indigo oxidiert wird.
Von dem Vorrat der Färberei
kaufen wir einen Sack mit zehn Kilogramm Reseda und eine Tüte mit drei Kilogramm Krappwurzeln
zu einem günstigen Preis. Wir bedanken uns bei Herrn Bollhalder, der
sich einen ganzen Nachmittag für uns Zeit genommen hat, und treten
mit einer Vielzahl an Eindrücken den Heimweg an.
Hinweis: Die Pflanzenfärberei
Bollhalder in Dornach existiert seit dem Jahr 2003 nicht mehr. Dieser Bericht stammt
aus dem Jahr 1997 und ist ein historisches Zeugnis für das Färberhandwerk.
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Weitere Infos |
Dokumentation
des Farbenprojekts
Arbeitsblätter zum Färben mit Pflanzenfarbstoffen |