Kulturelle
Bedeutung
Untergrund: a)
Allgemeines b) Zusammensetzung
und Eigenschaften c)
Untergrundvorbereitung
Pflanzen-Lasurfarbe:
a) Farbstoffe
b) Pigmentbildung c)
Bindemittel
Wirkung: a)
Physikalisches b) Organologisches
Kulturelle
Bedeutung
"Zeige mir, wie Du Deine
Wände behandelst, und ich sage Dir, wer Du bist". Wenig anderes sagt
über den Entwicklungsstand einer Kultur so viel aus wie Material und
Gestaltung der raumschließenden Flächen.
Es wundert also nicht,
wenn Kälte, Hektik, Gewaltsamkeit, Monotonie, Isoliertheit und Ausdruckslosigkeit
von unseren "modernen" Wänden ausstrahlen. Die Unwirtlichkeit unserer
Wohnungen wird von unseren Wandoberflächen als materialisierten Kulturphänomenen
entscheidend verursacht. Sie wirkt darüber hinaus auf uns als leib-seelische
Verstärkung und Zementierung dieser Tendenzen zurück.
Wandlasur-Pflanzenfarben
sind in diesem Sinne ein Ausdruck des Strebens nach einer neuen Wahrnehmungskultur
und nach Wohngesundheit für den Menschen als Ganzheit. Im Hinblick
auf die genannten Phänomene sind sie "antizyklisch", indem sie Verlebendigung,
Souveränität, Harmonie, Gestaltreichtum und Verbindlichkeit in
unsere unmittelbare Umgebung tragen und so auf dem Weg über die Wahrnehmung
des Bewohners zur Auflösung von kulturellen Verhärtungstendenzen
beitragen.
Mit Naturfarbe
gestrichene Wände
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Nutzungsrecht des Fotos
mit freundlicher Genehmigung der AURO
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Farben dieser Art erfordern
im Unterschied zu den herkömmlichen Materialien mehr als die gleichgültig-unbeteiligte
Beachtung von anstrichtechnischen Vorschriften. Sie erwarten ein besonderes
Bemühen um Material, Technik und Gestaltung. Ihre Lebendigkeit hängt
im Wortsinne auch davon ab, wie sie erlebt werden. Die vorliegende Mitteilung
will zu einer solchen besseren Kenntnis beitragen. Sie kann die eigene
handwerklich-künstlerische Erfahrung im Umgang mit diesen Naturprodukten
jedoch niemals ersetzen.
Untergrund
a)
Allgemeines
Zur lasierenden Verarbeitung
von Pflanzenfarbpigmenten bedarf es eines besonderen Untergrundes, der
die speziellen Eigenschaften und Bedürfnisse der Pigmente
und des Lasur-Bindemittels berücksichtigt.
Die Untergrundvorbereitung bestimmt daher wesentlich die Qualität
und Haltbarkeit der nachfolgenden, eigentlichen Farbgestaltung.
In der Auswahl eines
sehr hochwertigen Untergrundmaterials und dessen sorgfältiger Verarbeitung
knüpft die Pflanzenfarben-Lasurtechnik an die handwerklich-künstlerisch
hochstehenden Traditionen der Malkunst im Ausgang des Mittelalters und
dem Beginn der Neuzeit an (z.B. in der Sieneser Schule), bei denen die
geduldige Präparierung des Malgrundes nahezu kultischen Charakter
hatte. Die AURO-Natur-Caseinfarbe erleichtert
als anwendungsfertiges, prolemlos verarbeitbares Produkt diese Arbeit ganz
wesentlich; allerdings empfiehlt es sich auch hier, den mit diesem Produkt
hergestellten Untergrund nach der Fertigstellung einige Tage "reifen" zu
lassen.
b)
Zusammensetzung und Eigenschaften
Die Zusammensetzung der
AURO Caseinfarbe ist ganz auf deren Trägerfunktion
für eine nachfolgende Pflanzenfarben-Lasur abgestellt. Folgende Eigenschaften
müssen gewährleistet sein: Vollkommene chemische Neutralität,
Waschbeständigkeit, gutes Deckvermögen, sehr hoher Weißgrad,
sehr hohes optisches Reflexionsvermögen; definierte, mittlere Werte
für Mikro-Rauhigkeit, Saugvermögen der Oberfläche und Glanzgrad,
hohes Dampfdiffusionsvermögen, möglichst gute Benetzbarkeit bei
geringer Oberflächenspannung. Jeder Inhaltsstoff trägt auf seine
Weise zum Erreichen dieser Anforderung bei. Dies soll hier an einigen Beispielen
von Inhaltsstoffen der AURO Natur-Caseinfarbe näher erläutert
werden:
Pigmente
Als Weißpigment
wird ausschließlich das Mineral Rutil (Titandioxid,
hergestellt nach Verfahren mit Dünnsäure-Recycling) in extrem
feinkristalliner, sehr reiner Form verwendet. Rutil ist äußerst
schwerlöslich, chemisch völlig neutral und besitzt eine sehr
hohe Brechkraft für Licht. Seine chemische Verwandtschaft zur Tonerde
(ebenfalls ein Leichtmetall-Oxid) sowie das Verhältnis der Brechungs-Indizes
beider Oxide bewirken ein ideales Zusammenspiel zwischen Rutil als Weißpigment
und Tonerde als Substrat der Pflanzenfarben-Pigmente: Während das
Rutil den Untergrund ganz auf die Reflektion des einfallenden Lichts hinsteigert,
ist die Tonerde mit ihrer Transparenz ganz auf Lichtdurchlässigkeit
und -tingierung ausgerichtet (s. unten). Es kommen weder schwermetallhaltige
(Bleiweiß, Zinkweiß) noch potentiell alkalische Pigmente (Kreide,
Calcit) oder gar Verschnittmittel (Schwerspat) zum Einsatz.
Füllstoffe
Durch die Verwendung
nur eines Weißträgers wird die sorgsame Auswahl der begleitenden
natürlichen Füllstoffe besonders bedeutsam. Hier kommen in der
Caseinfarbe reine Buchenholzzellulose mit bestimmter Fasergestalt und -größe,
hochfeines und sehr weißes Talkum in Arzneibuchqualität (asbestfrei)
sowie spezielle, quellfähige, feinstgemahlene Tonmineralien zum Einsatz.
Sie geben der Oberfläche gerade jenes mittlere Maß zwischen
zu hoher Glätte und zu großer Rauhigkeit, zwischen Dichtheit
und Saugvermögen, das für die anschließende Lasur optimal
ist. Auch alle Füllstoffe sind natürlich chemisch vollkommen
neutral und wasserunlöslich.
Bindemittel
Das Bindemittel
der Natur-Caseinfarbe hat die Aufgabe, die Teilchen des Weißpigmentes
und der Füllstoffe am Untergrund und untereinander fest, d.h. waschbeständig,
zu verkleben. Die Hauptaufgabe dabei übernimmt, wie der Name schon
sagt, Casein, also Milcheiweiß. Wir setzen
dafür nur Caseinsorten ein, die nachweislich schonend und ohne Denaturierung
gewonnen werden.
Casein als alleiniges
Bindemittel gäbe zwar eine hervorragend waschbeständige Weißfarbe,
die jedoch eine viel zu hohe Spannung hätte. Man kann diese "spannende"
Eigenschaft von Eiweiß selbst erleben, wenn man etwas frisches Hühnerei-Eiweiß
dünn auf den Handrücken aufträgt: Beim Trocknen zieht sich
die Haut durch den schrumpfenden Eiweißfilm zusammen. In der Praxis
hieße das: die Tapete, auf die ich gewöhnlich die Caseinfarbe
auftrage, käme unweigerlich an den Nähten hoch.
Ein weiterer Nachteil
von reinem Casein als Bindemittel
wäre die zu glatte, zu wenig "klebrige" Oberfläche des Caseinfarben-Anstrichs
- ungünstig für die Haftfestigkeit der folgenden Lasurschichten.
Um die Oberfläche griffiger und gleichzeitg spannungsärmer zu
machen, wird als weiteres Bindemittel reines, ungebleichtes Bienenwachs
norddeutscher Provenienz eingesetzt. Streng genommen haben wir es deswegen
nicht mehr mit einer reinen Caseinfarbe zu tun, sondern im maltechnischen
Sinne mit einer Eiweiß-Wachs-Tempera, die es in ähnlicher Form
auch in früheren Zeiten schon gegeben hat.
Die Aufgaben des Bienenwaches
werden ergänzt durch die Beigabe ausgewählter, wertvoller Laub-
und Nadelbaumharze und trocknender Pflanzenöle in Form einer Harzöl-Emulsion.
Auf diese Weise wird die Rezeptur eigentlich zu einer Casein/Wachs-Harz-Öl-Tempera.
Die pflanzlichen Edelharze
verbessern quasi als "Nebeneffekt" noch wegen der in ihnen enthaltenen
etherischen Öle die Haltbarkeit der fertigen Farbe so weitgehend,
dass sich die Beigabe von Konservierungsmitteln erübrigt. Nach dem
gleichen Prinzip wurden übrigens in Äygypten schon vor 3.000
Jahren Mumien konserviert: Man spricht regelrecht von "Einbalsamieren"
(Balsam = das rohe Baumharz, das z.B. bei Verletzungen austritt und auch
dort eine "konservierende" fäulnishemmende Wirkung im Sinne einer
"neuen Haut" anstelle der Rinde entfaltet).
Nun ist auch die Notwendigkeit
des mehrtägigen "Reifenlassens" der Caseinfarbe verständlich:
es dauert eben eine gewisse Zeit, bis das Casein, im "kalten Fluss" aus
der Emulsion wiederentstehend, ausreichend "verhornt" ist.
c)
Untergrundvorbereitung
Für die Pflanzenfarben
als organische Materialien ist ebenfalls organischer Untergrund ideal.
Die beschriebene Caseinfarbe stellt einen solchen Untergrund dar. Dennoch
ist es möglich, dass z.B. aus frischem Putz alkalische Stoffe die
Caseinfarbe durchwandern und die Pflanzenfarben angreifen. Im Zweifelsfall
ist es daher immer angezeigt, ein rein organisches Medium zwischen die
Wand und den Caseingrund zu bringen.
Am einfachsten und preiswertesten
geschieht das durch Tapezieren der Wand bzw. Decke mit einer Rauhfasertapete
mittlerer Körnigkeit. Aus Gründen der Spannungsarmut ist hier
einer echten Einschicht-Rauhfaser (QUEGA) den Vorzug zu geben, die zudem
noch ohne synthetische Stoffe geleimt ist. Auch ein einfaches Makulaturpapier
kann diesen Dienst erfüllen. In der Regel genügt für das
Verkleben dieser Tapeten der einfache Zellulosekleister (AURO Nr. 389),
jedoch sollte sorgsam auf ausreichende Kleisterbeschichtung besonders im
Nahtbereich geachtet werden. Eine Verbesserung der Klebeeigenschaften lässt
sich erzielen, wenn man in den fertig angesetzten Zellulosekleister noch
ca. 10% AURO Korkkleber (Nr. 381) gleichmäßig einrührt.
Die Tapete muss vor der
Weiterarbeit gut austrocknen. Durch eine zu rasche Beschichtung würde
man das Ausdampfen der Restfeuchte nur verzögern und den gewonnenen
Zeitvorteil durch eine merkliche Verlängerung der "Reifungszeit" der
Caseinfarbe mehr als aufzehren.
Die Caseinfarbe selbst
wird nach dem Trocknen der Tapete zwei- bis dreimal nach Maßgabe
der anwendungstechnischen Empfehlungen aufgetragen, am einfachsten mit
dem Lammfellroller.
Pflanzen-Lasurfarbe
a) Farbstoffe
Nahezu alle Pflanzen
enthalten in irgendeiner Form farbige Substanzen. Darüberhinaus sind
diese Farbstoffe in aller Regel in mehr als
einem Pflanzenteil (Wurzel, Stengel, Blatt, Blüte, Frucht) enthalten,
wenn auch meist in einem bestimmten Teil in besonders hoher Konzentration
(z.B. Alizarin in der Wurzel der Krapppflanze,
rubia tinctoria).
Die Farbstoffe
sind in der Pflanze zumeist in irgendeiner Form gebunden und stehen daher
zum Malen nicht unmittelbar zur Verfügung. Die Kunst des Pflanzenchemikers
besteht nun darin, den Farbstoff in aufeinanderfolgenden Schritten zunächst
aus seiner Gebundenheit zu lösen, dann aber schließlich wieder
neu zu binden. (Die Alchemisten sprachen von "solve et coagula" =
löse und binde!).
Dies hat folgenden Grund.
Die aus der Pflanze (mit Hilfe von Wasser und Salzen) extrahierten Farbstoffe
bleiben im Extraktionsmittel völlig gelöst. Sie befinden sich
nach der Extraktion also im Zustand einer Tinte ("Tinktur"). Mit einer
Tinte kann man zwar färben ("tingieren"), aber niemals schichtend
lasieren. Wo kein physisches Farbkorn ist, sondern nur gelöste Farbsubstanz
(Moleküle), kann man keine übereinanderliegenden Schichten bilden;
Tinten fließen in- und durcheinander. Der Name "Lasur" kommt ja vom
(blauen) "Lasurstein", dem Lapislazuli, d.h. natürlichem
Ultramarin. Das ist ein wasserlösliches, farbiges Mineral, in feingeriebenen
Zustand ein blaues Pigment mit wunderbar lasierenden
(durchscheinenlassenden) Eigenschaften.
Oft sind Farbpigmente
so extrem fein vermahlen (heute auf Farbreibmühlen, früher auf
dem Reibstein), dass sie, in Wasser aufgeschlämmt, von einer Tinte
kaum zu unterscheiden sind. Eine einfache Unterscheidungsmöglichkeit
besteht darin, die farbige Lösung durch ein feinporiges Filtertuch
oder -papier zu gießen: Pigmente werden zurückgehalten, Tinten
laufen ungehindert durch.
Die Gewinnung der Tinktur
ist bei allen Pflanzenfarbtönen unterschiedlich. Der Prozess kann
so einfach sein wie das Kochen von Tee (z.B. bei Reseda),
er kann aber auch sehr komplizierte Aufbereitungsschritte, etwa langwierige
Fermentationen (z.B. bei Krapp) erfordern.
Alle Parameter können
Ton, Ausbeute und Qualität der späteren Pflanzenfarbe beeinflussen:
bei welcher Temperatur extrahiert wird, wie lange, ob mit oder ohne Rühren,
bei welchem pH-Wert, mit welchen Salzzusätzen
in welchen Konzentrationen, ob heiß oder nach Abkühlen filtriert
wird, usw.. Alle diese Verfahrensschritte bedürfen großer Erfahrung
und Aufmerksamkeit, nicht alle Einflussfaktoren lassen sich mit Geräten
messen; jeder Pflanzenjahrgang hat seinen eigenen Charakter, auf den man
mit viel Fingerspitzengefühl reagieren muss. Die Erforschung und Entwicklung
dieser Prozesse steht nach wie vor noch ganz am Anfang.
b)
Pigmentbildung
Zum Schritt des "Lösens",
d.h. zur Bildung der Tinktur, muss der Pflanzenchemiker den Farbstoff
in der Regel etwas "aus dem Gleichgewicht bringen". Die Extraktionslösungen
sind daher meist leicht sauer oder leicht alkalisch.
Die Gewinnung des Pigmentkorns
ist daher immer auch ein Schritt der Rückführung aus diesem Extrem
in die (chemisch-physikalische) Mitte, ein Schritt der "Neutralisierung".
Dies Wiedergewinnen der "Mitte" wird beim entsprechenden Prozess konkret
sinnlich erlebbar. Aus der durchscheinenden Tinktur, die oft noch eine
wenig klare, fluoreszierende Farbigkeit besitzt, ersteht bei fortschreitender
Neutralisierung unter starker Farbauflichtung und -verstärkung zunächst
eine leichte, milchige Trübung, bis unter immerwährender Steigerung
der Farbqualität das feinste farbige Pigment
entsteht, zunächst noch ganz wolkig-gallertig, dann langsam am Boden
des Gefäßes absetzend. Damit ist das erneute "Binden" nach dem
"Lösen" bewerkstelligt.
Welcher Art ist nun dieses
Pigment? Es entsteht dadurch, dass entweder in der Tinktur selbst oder
im Neutralisationsmittel ein Salz des Aluminiums anwesend ist. Bei der
Neutralisation bildet sich infolgedessen gleichzeitig
in feinen Kristallen der mineralische Stoff "Tonerde" (chemisch: Aluminium-Hydroxid).
Verfahrensschritte bei
der Herstellung der Wandlasur-Pflanzenfarbe
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Grafik: Thomas Seilnacht,
mit freundlicher Genehmigung der Nutzung einer Vorlage
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Tonerde also ist der
Träger, an den der pflanzliche Farbstoff
gebunden ist. Tonerde bringt für diese Aufgabe einer selbstlosen Trägerschaft
ideale Voraussetzungen mit. Sie ist absolut farblos, vollkommen transparent
und chemisch völlig neutral. Diese chemische Neutralität ist
jedoch nicht einfach starr fixiert, sondern sowohl in Richtung des Basischen
als auch in Richtung des Sauren offen (Tonerde ist "amphoter") und damit
als Träger für alle Farbstoffe geeignet, gleichgültig, ob
diese selbst eine saure oder alkalische Tendenz besitzen.
Zusammen mit seinem extrem
hohen Wasserbindevermögen ist die tragende Tonerde eigentlich das
denkbar beste "Medium" für die "Botschaft Pflanzenfarbe", da sie sich
selbst aller Eigentendenzen enthält und sich so ganz dem jeweil gebundenen
Farbstoff hingeben kann.
Es ist aufschlussreich,
dass sich mit diesem Phänomen der Trägerschaft pflanzlicher (Farb-)substanz
durch die Tonerde der Kreis wieder schließt: Auch die Pflanze, der
wir den Farbstoff entzogen haben, war einmal getragen von der Tonerde,
die bekanntlich den wesentlichen mineralischen Bestandteil des Humus darstellt.
Tonerde zeigt damit geologisch, physikalisch und chemisch die Signatur
der aus den Extremen zur Ruhe gekommenen Mitte, die wirklich etwas zu "tragen"
imstande ist.
Physikalisch gesehen
befindet sich der pflanzliche Farbstoff in adsorbierter Form als äußerst
dünner Film auf den Oberflächen der Tonerde-Kristalle. Tonerde
und Film sind völlig durchsichtig, so dass der Charakter eines farbigen,
transparenten Kristalls entsteht. Es ist eine merkwürdige Analogie
darin zu sehen, dass viele der uns bekannten Edelsteine, die uns mit ihrer
farbigen Durchsichtigkeit erfreuen, aus "Tonerde" (Aluminium-Oxid) bestehen!
Die Farbigkeit stammt dabei jedoch von Spuren von bestimmten Metallen,
die in dem Tonerde-Kristall eingebettet sind (z.B. Rubin, Saphir, Smaragd).
So ist es eigentlich nicht übertrieben zu sagen, dass wir mit dem
Pflanzenfarben-Pigment eigentlich eine Art "organischen Edelstein" vor
uns haben, vielleicht ein Modell für noch ganz andere Aufgaben, An-Organisches
einmal wieder ins Organische zu verwandeln.
c)
Bindemittel
Würde man nun das
mit den oben geschilderten Methoden gewonnene Farbpigment
einfach auf den Caseingrund auftragen, so würde
es nach dem Abdunsten des Wassers einfach von der Wand heruntergewischt
werden können. Erst das geeignete Bindemittel verleiht der Farbe die
Lasurfähigkeit, indem es die Pigmente jeder einzelnen Farbschicht
unlösbar untereinander und an der jeweils darunterliegenden Schicht
bindet. Gleichzeitig sollte es jedoch möglichst wenig Eigenfarbe besitzen,
damit die Pigmentfarbe nicht verfälscht wird. Der Brechungsindex des
Bindemittels sollte dem Brechungsindex des Lasurpigmentes
möglichst ähnlich sein, damit diese beiden gegenüber dem
ein- und ausfallenden Licht als eine optische Einheit, als homogener, in
sich nicht reflektierender farbiger Film wirkt.
Vorgänge
bei der Trocknung der Lasurfarbe
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Grafik: Thomas Seilnacht
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Das Bindemittel in der
AURO Wandlasur-Pflanzenfarbe erfüllt diese Anforderungen. Es tritt
auch in Gestalt einer Emulsion aus Wasser, Pflanzenschleimen, Harzen, Wachsen
und Ölen. Aus diesem Grund ist die Lasurfarbe vor der Verarbeitung
an der Wand auch ziemlich milchig und unscheinbar; erst auf dem Untergrund
"bricht" diese Emulsion und setzt die transparenten Bindemittel und Pigmente
frei. Bei dieser Freisetzung wird jedes einzelne Pigmentkörnchen (so
fein, dass man es mit dem bloßen Auge nicht erkennt) vollkommen von
Bindemittel "eingekleidet" und dadurch auch geschützt.
Wirkung
a)
Physikalisches
Eine mit Pflanzenfarben
lasierte Wand macht auf den unbefangenen Betrachter einen eigentümlichen
Eindruck. Mancher empfindet es, als ob die Farbe ein paar Zentimeter von
der Wand stände. Die bewegte Lebendigkeit wird von vielen zunächst
fast schockhaft empfunden, so sehr haben wir uns schon an die toten Flächen
unserer Umgebung gewöhnt.
Der wichtigste physikalische
Grund für diese Empfindung liegt darin, dass die Wandlasur-Pflanzenfarben
sich völlig anders zum Licht verhalten als die herkömmlichen,
deckenden Anstriche und Beschichtungen:
Unterschiede
in der Lichtwirkung
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Grafik: Thomas Seilnacht
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Während am deckenden
Anstrich alles einfallende Licht unmittelbar von der Farboberfläche
reflektiert wird, geht dieses Licht durch die Lasur zunächst hindurch
bis zum weißen Untergrund, wird erst dort reflektiert und gelangt
dann nach nochmaligem Durchlaufen der Lasurschicht "von unten her" in unser
Auge. Ähnlich würde sich ein farbiges Glas verhalten, das auf
einem Spiegel liegt. Während im ersten Fall die Begegnung des Lichtes
mit dem Farbpigment im Wortsinne ganz "oberflächlich" bleibt, wird
dieses Licht von der gesamten Lasurschicht "tingiert".
b)
Organologisches
Pflanzenfarben sind keine
reinen Stoffe. Neben dem Haupt-Farbstoff wirken hunderte von Begleitfarben,
oft ganz aus dem Komplementären, auf uns. Dieses Fehlen jeder Einseitigkeit
erklärt viel von der so wohltuenden Harmonie und Ausgeglichenheit
der Pflanzenfarben, sowohl in der Wirkung auf uns, als auch in der Beziehung
der Einzelfarben untereinander. - Es wundert daher nicht, wenn Wandlasur-Pflanzenfarben
zunehmend auch in der Therapie von Krankheiten eingesetzt werden. Sicherlich
stehen wir hier noch am Anfang der Entwicklung, aber der Anfang ist vielversprechend. |