Oxidierende und explosive Stoffe
Versuche nur im Film vorführen!
Unterrichtsablauf Das Symbol „Flamme über Kreis“ ist den Schülerinnen und Schülern weniger bekannt. Oxidierende Stoffe alleine sind in der Regel relativ harmlos, wenn sie nicht mit brennbaren Stoffen vermischt werden. Die Wirkung eines oxidierenden Stoffes wird anhand eines Filmes verdeutlicht: Es wird gezeigt, dass bereits die Vermischung brennbarer Stoffe mit oxidierenden Stoffen gefährlich sein kann.
Diese Film-Demonstration ist
besonders eindrücklich, wenn die Schülerinnen und Schüler ergänzende Informationen
über das Gefahrenpotenzial des Kaliumchlorats erhalten. Die Gemische
sind aus den Patronen für Spielzeugpistolen bekannt. Gemische von
Kaliumchlorat mit rotem Phosphor explodieren bereits durch Schlag und Reibung.
Sie sind so berührungsempfindlich, dass es schwer fällt, sie
ohne vorzeitige Explosion herzustellen. Daher ist von einer direkten Herstellung
dringend abzuraten. Bei Mengen von mehreren Gramm besteht bereits die Gefahr,
dass ein Finger oder die Hand verloren geht. Derartige Unfälle in
den Labors von Hobbychemikern sind in der Vergangenheit immer wieder aufgetreten,
dabei spielen vor allem die Unwissenheit über das Gefahrenpotenzial
und über die vorliegenden Gesetze die entscheidende Rolle. Der Stoff ist sehr schwer handzuhaben: Bei der erstmaligen
Herstellung des Sprengstoffs Ende des 19. Jahrhunderts kamen schon am ersten
Tag mehrere Arbeiter ums Leben.
Die Durchführung der Versuche mit Explosivstoffen in der Schule ist aufgrund des Gefahrenpotenzials und der bestehenden Gesetze stark beschränkt. Die Schülerinnen und Schüler werden darauf hingewiesen, dass der Erwerb, die eigene Herstellung und die Lagerung von Explosivstoffen und von pyrotechnischen Artikeln genehmigungspflichtig sind. Der Umgang mit Explosivstoffen ist gesetzlich geregelt, das private Herstellen von Explosivstoffen und Feuerwerk ist nach gültigem Recht verboten. Bei Demonstrationen mit Sprengstoffen wird man in den meisten Fällen auf Filme zurückgreifen müssen. Der früher beschriebene Versuch zur Herstellung von Blitzlichtpulver aus Kaliumpermanganat und Magnesium-Pulver wird heute für Schulen nicht mehr empfohlen. Es entstehen dabei toxische Nebenprodukte. Solche Gemische dienten lange Zeit als Lichtquelle beim Fotografieren.
Das Herstellen und Abbrennen des
Schwarzpulvers ist zwar nicht so problematisch wie die Herstellung
anderer Explosivstoffe, es wird aber auch hier der Einsatz eines Filmes
empfohlen. Schwarzpulver ist nicht so stark reibungsempfindlich, daher
kann man es besser handhaben. Allerdings kann es sich schon durch einen
Zündfunken aus statischer Aufladung entzünden, beispielsweise
durch Reibung der Haut an Kleidungsstücken. Ein Abbrennen in einem
geschlossenen Behälter ist sehr gefährlich, da sich hier ein
großer Überdruck aufbaut. Informationen zur Geschichte des
Schießpulvers
findet man beim Chemikalienportrait Kaliumnitrat.
Während kleine Mengen Schwarzpulver
unter Bildung großer Gasmengen relativ langsam abbrennen, verbrennen
Chloratsprengstoffe wie Chloratit 3 mit der zehnfachen Geschwindigkeit.
Der Knall bei einem Silvesterkracher wird nicht durch das Abbrennen des
Schwarzpulvers erzeugt, sondern durch den beengten Papierbehälter,
der das Ausbreiten der Gase verhindert, wobei ein Überdruck und
eine
Stoßwelle entstehen. Schwarzpulver explodiert ab einer Menge von etwa einem Kilogramm mit einem Knall. Bei einem stärkeren Sprengstoff knallt
es
auch ohne Behälter, da die entstehende Stoßwelle auch ohne
Behälter
die Schallgeschwindigkeit überschreitet. Die Grafik vergleicht die
Detonationsgeschwindigkeit bekannter Explosivstoffe.
Einer der stärksten
bekannten Explosivstoffe ist das im Jahre 1990 entdeckte
Hexanitro-Isowurtzitan CL20, das mit 9,38 Kilometer pro Sekunde
detoniert. Das entspricht etwa der dreißigfachen
Schallgeschwindigkeit. Manche
Sprengstoffe wie das in Granaten und Bomben enthaltene TNT
oder das von Alfred Nobel erfundene Dynamit
können relativ gefahrlos gelagert werden, man kann sie sogar in das
Feuer werfen, ohne dass sie explodieren. Zur Zündung ist ein Initialsprengstoff
wie Bleiazid und eine sekundäre Zündladung mit Nitropenta notwendig. Heute verwendet man im Bergbau oder beim Abriss von Gebäuden Detonationszünder
mit elektronischer Steuerung und hohem Sicherheitsstandard. Diese Attrappe stammt aus einem alten Schaukasten: Ammon-Gelit mit Detonationszünder und Zünder alleine. TNT ist toxisch und umweltgefährlich. Munitionsreste können den Boden verseuchen. In modernen Handgranaten der Deutschen Bundeswehr werden heute nicht mehr TNT sondern etwa 60 Gramm Nitropenta eingesetzt. Octogen ist Bestandteil der luft- oder einschlagszündenden Gewehrgranaten. Beim Plastifizieren von Hexogen mit einem Wachs oder einer Knetmasse erhält man den Plastiksprengstoff C4, der absolut handhabungssicher ist. Semtex ist ein hochbrisanter Plastiksprengstoff, der Hexogen und Nitropenta enthält. Auch Sprengstoffe auf der Basis von Ammoniumnitrat gelten als relativ handhabungssicher. Sie kommen hauptsächlich im Bergbau zum Einsatz. Ein binärer Sprengstoff wie Tannerite (engl.) besteht aus zwei Komponenten wie Ammoniumnitrat und einem Zusatzstoff. Beide werden erst unmittelbar vor dem Zünden gemischt. Unter einer Explosion versteht man allgemein eine chemische Reaktion, die mit einer Druckwelle einhergeht. Eine Verpuffung ist eine langsam ablaufende Explosion: Dabei beträgt die Abbrenngeschwindigkeit nicht mehr als ein Meter pro Sekunde. Liegt die Abbrenngeschwindigkeit über ein Meter pro Sekunde und die Schallgeschwindigkeit wird nicht überschritten, dann handelt es sich um eine Deflagration. Bei einer Detonation wird die Schallgeschwindigkeit überschritten, gleichzeitig baut sich ein sehr hoher Druck mit bis zu 500 Kilobar auf. In einer solchen Druckwelle explodiert der gesamte Explosivstoff auf einen Schlag. Gegenstände, die unmittelbar daneben liegen, können vollständig zerstört und pulverisiert werden. TNT oder Nitropenta detonieren. Bei einer Implosion entsteht ein plötzlicher Unterdruck, die zerstörerische Wirkung wird durch das Einwirken des äußeren Luftdrucks auf den Innenraum mit dem Unterdruck erreicht. Eine Implosion kann zum Beispiel auftreten, wenn ein Benzintank brennt, der mit kaltem Wasser gelöscht wird und die verbleibenden Benzindämpfe im Tank durch das Kühlen schnell kondensieren. Nirgends kommt die Ambivalenz von chemisch-technischen Erfindungen so zur Geltung wie bei den Explosivstoffen. Nützlich sind sie im Straßen- oder Bergbau, beim gezielten Gebäudeabriss oder im Airbag beim Kraftfahrzeug. In Waffen werden sie gegen materielle Ziele oder gegen Menschen eingesetzt. Im Airbag für Kraftfahrzeuge wird ein Gas innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde freigesetzt, das dann einen Sack aufbläst, der dem Fahrer bei einem Aufprall Schutz gewährt. Bei pyrotechnischen Gasgeneratoren wird eine Tablette eingesetzt, die nach der Zündung ein heißes Gas durch einen Metallfilter in den Airbag presst. Früher verwendete man Natriumazid oder ein Gemisch aus Natriumnitrat und amorphem Bor, das mit Hilfe von Bleiazid zur Explosion gebracht werden kann. Statt Bor eignet sich auch 5-Aminotetrazol. So entstehen große Mengen Stickstoff, die den Airbag bei einem Unfall aufblasen. Die Zündtabletten in neueren Airbags verwenden kein Blei- oder Natriumazid, sie enthalten zum Beispiel Schießbaumwolle und Nitroglycerin oder eine Mischung aus Citronensäure und einem Chlorat. Bei Kaltgasgeneratoren wird eine Helium-Argon-Mischung unter Druck in einem kleinen Behälter im Vorrat gehalten und beim Auslösen mit einem Sprengstoff freigesetzt. Die traditionellen Explosivstoffe werden durch Anordnungen mit Implosionswirkung erheblich übertroffen: In thermobarischen Waffen werden nanoskalige Brennstoffe an der Luft fein zerteilt und zur Zündung gebracht. Dabei kommen zum Beispiel Isopropylnitrat und Magnesiumpulver zum Einsatz. Die Wirkung entspricht einer Aerosolbombe: Der Brennstoff wird zuerst fein verteilt und zündet dann zusammen mit der Luft. Durch die schnelle Reaktion mit dem Luftsauerstoff und teilweise auch mit dem Luftstickstoff entstehen zuerst ein großer Feuerball und dann durch plötzliche Abkühlung des Reaktionsgases ein Unterdruck. Die dabei auftretende Implosion drückt Gebäude, Bunker und Kellerräume ein. Menschen werden auch durch die extremen Druckunterschiede getötet. Thermobarische Waffen stellen aufgrund ihrer weitreichenden und extrem zerstörerischen Wirkung einen Grenzbereich zwischen herkömmlichen Waffen und Massenvernichtungswaffen dar. Hier müssen neue, international gültige Abkommen getroffen werden. In einer Railgun werden Projektile mit Hilfe elektrischer Energie auf vielfache Schallgeschwindigkeit beschleunigt. Die Wirkung enfaltet ein solches Geschoss beim Aufprallen: Die Energie kann die Wirkung eines Sprengkopfes erheblich übertreffen. Munition mit Explosivstoffen muss dann zum Beispiel auf einem Schiff nicht mehr gelagert werden, allerdings benötigt eine Railgun große elektrische Batteriesysteme zum Betrieb. |