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Der Stoffbegriff in der Chemie

Gold
 
Betrachtet man verschiedene Gegenstände des Alltags, dann sind sie oft aus unterschiedlichen Stoffen aufgebaut. Es kann aber auch sein, dass verschiedene Gegenstände mit unterschiedlicher Form aus gleichen Stoffen aufgebaut sind. Die Form ist also kein sicheres Merkmal, aus welchem Stoff ein Gegenstand besteht. Oft wird die Form mit der Stoffbezeichnung verbunden, zum Beispiel bei der Eisen-Wolle oder beim Gold-Ring.

Ein Stoff, der keine Verunreinigungen enthält, wird als Reinstoff bezeichnet. Stoffgemische bestehen dagegen aus mehr als einem Reinstoff.
Reinstoffe kann man auch in elementare Stoffe („Elemente“) und Verbindungen unterteilen. Letztere lassen sich aus den elementaren Stoffen herstellen, die ja die Grundbausteine des Universums darstellen. Eine bestimmte Stoffportion wird in Masse oder Volumen angegeben. Sie enthält auch Energie. Stoffportionen sind mit Waage und Messzylinder messbar. Der Begriff Stoffportion darf nicht verwechselt werden mit dem Begriff Stoffmenge: Dies ist eine relative Größe, die vom Kohlenstoff abgeleitet wird. Sie gibt die Zahl der aufbauenden Komponenten wie Atome, Moleküle oder Ionen in einer Stoffportion an.

Physikalische Eigenschaften bezeichnen Stoffeigenschaften, die durch Messung eine physikalische Größe ergeben, ohne dass bei der Untersuchung eine Veränderung des Reinstoffes auftritt. Dazu zählen zum Beispiel:
  • Farbe, Glanz, Schallgeschwindigkeit
  • Verformbarkeit, Dehnbarkeit, Härte, Spaltbarkeit
  • Wärmeleitfähigkeit, elektrische Leitfähigkeit
  • Wärmekapazität
  • Magnetisierbarkeit, magnetische Leitfähigkeit
  • Schmelzpunkt, Siedepunkt
  • Dichte
  • Löslichkeit, Viskosität, Oberflächenspannung
  • Optische Aktivität, Brechungsindex
Chemische Eigenschaften kennzeichnen einen Reinstoff, wie er sich bei einer Untersuchung chemisch verändert. Dazu zählen zum Beispiel:
  • Brennbarkeit, Reaktionsfähigkeit
  • Korrosionsbeständigkeit
  • Säurestärke, Basenstärke (Säure- oder Basekonstante)
Physiologische Eigenschaften lassen sich aufgrund der Wahrnehmung und der Änderung auf die Umgebung festlegen, zum Beispiel:
  • Geruch
  • Geschmack
  • Auswirkungen auf den Stoffwechsel
  • Toxizität
Oft nicht ganz einfach zu beantworten, ist die Frage, wann zwei unterschiedliche Stoffe vorliegen. Vom Kohlenstoff existieren verschiedene Modifikationen. Diamant und Graphit sind beide aus Kohlenstoff-Atomen aufgebaut. Trotzdem haben beide unterschiedliche physikalische Eigenschaften: Der Diamant ist zum Beispiel wesentlich härter als der Graphit, auch die Farbe, die Dichte oder die Wärmeleitfähigkeit unterscheiden sich teilweise erheblich.

 
Diamant - Graphit
 
 
Der traditionelle Stoffbegriff der Chemie
 
Nach der früheren DIN-Norm 32629 vom November 1988 (im Jahr 2004 aufgelöst) sind zwei Stoffportionen einander gleich, wenn sie in allen stofflichen Eigenschaften übereinstimmen. Nach dem aktuellen Verständnis der IUPAC ist der Begriff chemical substance charakterisiert durch seine Entität („entities“), also dem atomaren und molekularen Aufbau, und durch seine physikalischen Eigenschaften „...such as density, refractive index, electric conductivity, melting point, etc.“ (IUPAC, Golden Book 2014). Nach beiden Definitionen wären der Diamant und der Graphit also zwei verschiedene Stoffe. IUPAC orientiert sich mit dem Stoffbegriff an der Laborpraxis. Laborchemikalien sind meistens hoch rein, es sind „präparierte Stoffe“ oder Reinstoffe. Sie lassen sich mit einer präzisen Formel angeben und sind von hoher Homogenität.
 
 
Der phänomenologische Stoffbegriff
 
Stoffe kommen in der Natur praktisch nie in ihrer reinen Form vor. Im Gegensatz zu den reinen Chemikalien im Chemielabor sind die meisten Stoffe der Natur untereinander verunreinigt. Diese Verunreinigungen sind es auch, die beim Mineral Calcit die faszinierende Vielfalt der Farben und der Kristalle ausbilden. Sie machen die Eigenarten des Calcits aus und bestimmen das Kristallwachstum.

Der Calcit ist ein Gebilde mit einer festen Eigenform, zu dem er aufgrund der vorherrschenden Bedingungen geworden ist. Dabei spielt vor allem auch der Zufall eine Rolle. Die besonderen Umstände des Wachstums führen zu besonderen und einmaligen Varietäten. Aus systemischer Sicht stellen die präparierten Stoffe nichts anderes als das Kompositionsmaterial für die natürlichen Stoffe dar. Zur entstandenen Komposition sagen wir zum Beispiel Calcit oder Aragonit. Tritt noch die Kristalltracht einer Kristallstufe hinzu, und dies in einer Weise, dass Gefühle von Schönheit, Perfektion, Einmaligkeit oder Assoziationen bei uns erzeugt werden, erleben wir die Materie in einer kosmischen Harmonie, in die wir selbst eingebunden sind. Wir kennen dies aus der musikalischen Welt: Während die Harmonielehre ein Ordnungsprinzip für die Welt der Noten darstellt, bildet die Natur aus der zur Verfügung stehenden Materie eine „Symphonie der Stoffe“.

 
Stoffe als Gebilde



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