Der Stoffbegriff in der Chemie
Betrachtet man
verschiedene Gegenstände des Alltags, dann sind sie oft aus
unterschiedlichen Stoffen aufgebaut. Es kann aber auch sein, dass
verschiedene Gegenstände mit unterschiedlicher Form aus gleichen
Stoffen aufgebaut sind. Die Form ist also kein sicheres Merkmal,
aus welchem Stoff ein Gegenstand besteht. Oft wird die Form mit der
Stoffbezeichnung verbunden, zum Beispiel bei der Eisen-Wolle oder beim Gold-Ring.
Ein Stoff, der keine Verunreinigungen enthält, wird als Reinstoff bezeichnet. Stoffgemische bestehen dagegen aus mehr als einem Reinstoff. Reinstoffe kann man auch in elementare Stoffe („Elemente“) und Verbindungen unterteilen. Letztere lassen sich aus den elementaren Stoffen herstellen, die ja die Grundbausteine des Universums darstellen. Eine bestimmte Stoffportion wird in Masse oder Volumen angegeben. Sie enthält auch Energie. Stoffportionen sind mit Waage und Messzylinder messbar. Der Begriff Stoffportion darf nicht verwechselt werden mit dem Begriff Stoffmenge: Dies ist eine relative Größe, die vom Kohlenstoff abgeleitet wird. Sie gibt die Zahl der aufbauenden Komponenten wie Atome, Moleküle oder Ionen in einer Stoffportion an. Physikalische Eigenschaften bezeichnen Stoffeigenschaften, die durch Messung eine physikalische Größe ergeben, ohne dass bei der Untersuchung eine Veränderung des Reinstoffes auftritt. Dazu zählen zum Beispiel:
Der traditionelle
Stoffbegriff der Chemie Nach der früheren
DIN-Norm 32629 vom November 1988 (im Jahr 2004 aufgelöst) sind
zwei Stoffportionen einander gleich, wenn sie in allen stofflichen
Eigenschaften
übereinstimmen. Nach dem aktuellen Verständnis der IUPAC ist
der Begriff chemical substance charakterisiert durch seine Entität („entities“), also dem atomaren und molekularen Aufbau, und durch seine physikalischen Eigenschaften „...such as density, refractive index, electric conductivity, melting point, etc.“ (IUPAC, Golden Book 2014). Nach beiden Definitionen wären der Diamant und der Graphit also zwei verschiedene Stoffe. IUPAC orientiert sich mit dem Stoffbegriff an der Laborpraxis. Laborchemikalien sind meistens hoch rein, es sind
„präparierte Stoffe“ oder Reinstoffe. Sie lassen sich mit einer
präzisen Formel angeben und sind von hoher Homogenität.
Der phänomenologische
Stoffbegriff
Stoffe kommen in der
Natur praktisch nie in ihrer reinen Form vor. Im Gegensatz zu den reinen
Chemikalien im Chemielabor sind die meisten Stoffe der Natur untereinander
verunreinigt. Diese Verunreinigungen sind es auch, die beim Mineral
Calcit die faszinierende Vielfalt der Farben und der Kristalle ausbilden.
Sie machen die Eigenarten des Calcits aus und bestimmen das Kristallwachstum.
Der Calcit ist ein Gebilde
mit einer festen Eigenform, zu dem er aufgrund der vorherrschenden Bedingungen
geworden ist. Dabei spielt vor allem auch der Zufall eine Rolle. Die besonderen
Umstände des Wachstums führen zu besonderen und einmaligen Varietäten.
Aus systemischer Sicht stellen die präparierten Stoffe nichts anderes
als das Kompositionsmaterial für die natürlichen Stoffe dar.
Zur entstandenen Komposition sagen wir zum Beispiel Calcit oder Aragonit.
Tritt noch die Kristalltracht einer Kristallstufe hinzu, und dies in einer
Weise, dass Gefühle von Schönheit, Perfektion, Einmaligkeit oder
Assoziationen bei uns erzeugt werden, erleben wir die Materie in einer
kosmischen Harmonie, in die wir selbst eingebunden sind. Wir kennen dies
aus der musikalischen Welt: Während die Harmonielehre ein Ordnungsprinzip
für die Welt der Noten darstellt, bildet die Natur aus der zur Verfügung
stehenden Materie eine „Symphonie der Stoffe“.
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