Eigenschaften
Der reine Strontianit ist weiß, durch Fremdbeimengungen erscheint das Mineral gelblich oder grünlich. Die Kristalle zeigen Glasglanz, die Bruchflächen auch Harzglanz. Besonders typisch sind verwachsene Zwillinge oder keulenartige Büschel der nadeligen oder spießigen Kristallgruppen. Der Strontianit löst sich wie der Calcit unter Aufbrausen in Salzsäure. Bei der Flammprobe entsteht eine karminrote Flamme, beim Calcit ist diese eher orangerot. Der Strontianit bläht sich vor dem Lötrohr wie zu einem Blumenkohl auf. Manche Stücke zeigen Thermolumineszenz, sie beginnen beim Erhitzen zu leuchten. In langwelligem UV-Licht kann eine rötliche Fluoreszenz auftreten.
Pseudomorphose Strontianit nach Coelestin oder einfach nur „Coelestin nach Coelestin“? Portage Quarry, Ohio, USA
Der Strontianit kann Fremdbeimengungen mit Barium- oder Calcium-Ionen enthalten. Die Varietät mit Calcium-Ionen nennt man Emmonit. Früher wurden solche Stücke als „Strontiumcalcit“ oder „Strontio-Calcit“ angeschrieben. Allerdings ist es auch möglich, dass ein Calcit Strontium-Ionen enthalten kann. Daher ist eine exakte Zuordnung nur mit Hilfe von chemischen Analysen möglich.
Die trüb weißen, sogenannten „Marshmallow“-Coelestine aus Ohio werden oft als Pseudomorphosen von Strontianit nach Coelestin bezeichnet. Sie werden so wegen der Farbe und der Form nach der bekannten Süßigkeit aus Schaumzucker benannt. Einige der bisher untersuchten Stücke haben sich aber als Coelestin erwiesen, bei dem das Mineral während der geologischen Prozesse wahrscheinlich angelöst und danach wieder neu auskristallisiert wurde.
Kristallformen und Wachstum
Der Strontianit kristallisiert nach dem orthorhombischen System. Der Habitus der Kristalle ist häufig nadelig oder spießig. Gerne bilden sich büschelige Kristallgruppen. Auch faserige, massige, derbe oder erdige Aggregate kommen vor. Begleitminerale sind zum Beispiel Baryt, Calcit, Chalkopyrit, Coelestin, Magnetit, Pyrit, Schwefel oder verschiedene Zeolithe.
Geschichte
Das Mineral wurde erstmals beim schottischen Ort Strontian entdeckt. Dieser liegt in den westlichen Highlands. In den Bergwerken der Gegend wurde vor allem Bleiglanz abgebaut. 1790 untersuchten der schottische Chemiker und Arzt Adair Crawford (1748−1795) und sein damaliger Assistent William Cruickshank ein neues Mineral aus dieser Lokalität. Sie hielten es zunächst für einen Baryt. Bei Untersuchungen fanden sie heraus, dass ein daraus hergestelltes Chlorid abweichende Wasserlöslichkeit und auch andere Kristallformen beim Auskristallisieren zeigte als Bariumchlorid.
1791 beschrieb der deutsche Arzt und Naturforscher Friedrich Gabriel Sulzer (1749−1830) das Mineral und benannte es nach dem Ort der ersten Entdeckung. Die Entdeckung des Elements Strontium wird Crawford im Jahr 1795 zugeschrieben. 1808 gelang es Humphry Davy als erstem, Strontium in unreiner Form herzustellen. Er benannte das neue Element nach dem Mineral.
Vorkommen
Das Mineral tritt weltweit neben seiner Typlokalität in Strontian im Westen Schottlands recht häufig auf. In Deutschland kommt der Strontianit zum Beispiel bei Claustahl im Harz oder im Mergel bei Drensteinfurt im Münsterland vor. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden im Münsterland über 600 Gruben betrieben. Die letzte davon stellte 1945 ihren Betrieb ein.
In der Schweiz findet man den Strontianit im Jura bei Frick oder im Salzbergwerk Bex. Der Strontianit aus der Cavradischlucht in Graubünden bildet schöne, büschelartige Aggregate. In Österreich gibt es Vorkommen bei Oberdorf-Niederdorf an der Laming in der Steiermark oder in den Hohen Tauern. Im französischen Département Drôme gibt es mehrere Fundstellen, bei denen der Strontianit zusammen mit dem Coelestin vorkommt, zum Beispiel in Beauvoisin bei Buis-les-Baronnies.
Verwendung
Zusammen mit dem Coelestin stellt der Strontianit ein verwertbares Erz zur Gewinnung von Strontium und seiner Verbindungen dar. Heute wird aber hauptsächlich der Coelestin zur Strontiumgewinnung eingesetzt. Früher diente der Strontianit im Strontianverfahren zur Restzuckergewinnung aus der Melasse, die bei der Zuckergewinnung anfällt. Heute ist dieses Verfahren nicht mehr rentabel.