Eigenschaften
Rutil besitzt die gleiche chemische Zusammensetzung wie Anatas und Brookit, er dient wie diese zur Herstellung des Pigments Titanweiß. Die drei Modifikationen des Titandioxids unterscheiden sich im Kristallbau. Der Rutil ist die einzige der drei Modifikationen, die bei hohen Temperaturen beständig ist. Die Rutilform besitzt im Titandioxid-Pigment ein besseres Deckvermögen als die Anatasform. Reiner Rutil wäre farblos, meist enthält er Ionen der Elemente Eisen, Niob, Vanadium oder Chrom. Der Rutil ist in Säuren nicht löslich, vor dem Lötrohr ist er nicht schmelzbar.
Varietäten
Gitterartig verwachsene Drillinge im Winkel von 60° werden als Sagenitgitter bezeichnet. Der Nigrin ist ein schwarzer Rutil mit einem hohen Eisenanteil. Der Nb-Rutil ist niobhaltig. Rutil kommt pseudomorph nach Anatas oder Brookit vor.
Kristallformen und Wachstum
Der Rutil kristallisiert nach dem tetragonalen System, die Kristalle werden aus Basispinakoid, Prismen oder Dipyramiden gebildet. Der Habitus ist oft prismatisch dicksäulig-langgestreckt oder nadelig, Es kommen auch V-förmige Zwillinge und Drillinge, sowie sich zyklisch wiederholende Viellinge vor. Sechslinge und Achtlinge können sogar einen geschlossenen Ring bilden. Auch Herzzwillinge sind bekannt. Kristalle sind nicht so häufig, meistens findet man derbe, körnige oder nadelige Aggregate, die auch als Einschlüsse in Quarz vorkommen. Die eingeschlossenen Nadeln glänzend rötlich oder golden. Diese sind auch unter dem Namen „Venushaar“ bekannt.
Geschichte
Das Mineral Rutil wurde 1803 von dem deutschen Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749-1817) nach dem lateinischen Wort rutilus („rötlich“) benannt. Noch bis 1795 hielt man den Rutil für ein Mineral aus der Turmalin-Gruppe. Durch das um 1938 entwickelte Verfahren nach Kroll konnte man das Weißpigment Titandioxid im industriellen Maßstab herstellen. Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg der Bedarf für Rutilerz aus diesem Grund stark an.
Vorkommen
In den Alpen gibt es zahlreiche sammelwürdige Vorkommen. Schweizer Fundstellen befinden sich zum Beispiel in der Cavradischlucht, in der Rhoneschlucht und im Binntal. Verzwillingter Nb-Rutil kommt am Wannigletscher vor. In Österreich findet man Rutil aucn an vielen Stellen in den Alpen, zum Beispiel im Habachtal oder in Rauris.
Schöne Rutile mit Kristallen in allen Formen kommen aus der Umgebung der Stadt Diamantina im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Von dort stammen auch viele der geschliffenen Schmucksteine mit eingeschlossenen Rutilnadeln. Ungewöhnlich große Kristalle liefert die Graves Mountain Mine in Georgia, USA. Diese sind zum Teil mehrere Kilogramm schwer. Abbauwürdige Titanerz-Lagerstätten besitzen Norwegen, USA, Australien, Russland, Sri Lanka oder Indien.
Verwendung
Rutil ist ein bedeutendes Erz zur Gewinnung von Titan. In Elektroden für das Lichtbogenschweißen wird Rutil als Umhüllung eingesetzt. Zwillinge und Drillinge sind bei Mineraliensammlern begehrt. Klarer Quarz mit Einschlüssen von Rutilnadeln wird zu Schmucksteinen verschliffen.