Technische Anwendungen |
Bild vergrößern Rotweintropfen auf Textilmaterial mit Nano-Beschichtung Bildbreite 5 cm; Foto: Thomas Seilnacht Das Prinzip des Lotoseffekts
dient als Vorbild für Antihaftbeschichtungen im Haushalt, im Bauwesen
oder bei Kraftfahrzeugen. Pfannen oder Backbleche müssen nicht mehr
aus Teflon hergestellt und können viel leichter geputzt werden. Winzige,
noppenartige Strukturen auf der Oberfläche verhindern das Ankleben
von Wasser und Schmutz. Das Putzen von Fenstern und Böden könnte
in Zukunft überflüssig werden. Antihaftbeschichtungen werden
auch bei speziellen Dachziegeln eingesetzt: Der Regen und der Schmutz wäscht
sich einfach von selbst ab, so dass die Dachziegel jederzeit glänzen.
Das Phänomen kann man in manchen Autowaschanlagen beobachten: Vor
dem Trocknungsprozess wird eine Flüssigkeit aufgespritzt, die Nanopartikel
enthält. Dabei perlt das Wasser auf den Scheiben schlagartig ab und
das Auto lässt sich danach leicht durch ein Gebläse trocknen.
Mit Hilfe der Nanotechnologie lassen sich auch Textilien herstellen, die
extrem wasserabweisend sind. Bei optischen Spiegeln kann man auch Schichten
herstellen, die fettabweisend sind, so dass Fingerabdrücke erst gar
nicht entstehen.
Bild vergrößern Baumwollfasern mit Nanopartikeln beschichtet REM koloriert, Bildbreite ca. 20µm; Foto: eyeofscience.de Für die Mikroelektronik
bedeutet die Nanotechnologie eine Revolution. Speicherchips aus ferromagnetischen
Speicherzellen (MRAMs) ermöglichen das Unterbringen von Schaltungen
auf wesentlich kleinerem Raum. Die Miniaturisierung der elektronischen
Bauelemente ermöglicht den Bau wesentlich leistungsfähigerer
Computer.
Die Revolution findet auch in der Chemie statt: Quarz ist ein Mineral, das aus Siliciumdioxid aufgebaut ist. Durch den Einsatz von nanoskaligem Siliciumdioxid in Kunstharzdispersionen erhält man ein Material, mit dem Oberflächen extrem kratzfest beschichtet werden können. Nanoporöse Katalysatoren sind viel leistungsfähiger als herkömmliche. [Lit 1] Die Oberfläche von Nanopartikeln ist viel größer, daher sind Stoffe aus Nanopartikeln viel reaktionsfähiger. Nanoskaliges Aluminiumpulver wird beispielsweise als Raketentreibstoff eingesetzt. [Lit 24] Die Zeolithe sind aus der Mineralogie bekannt. Die Mineralien aus der Stilbit-Gruppe gehören beispielsweise dazu. Sie bestehen aus Alumosilicaten, die aus SiO4 und AlO4-Tetraedern aufgebaut sind. Durch die regelmäßig aufgebauten Hohlräume sind die Zeolithe sehr aufnahmefähig für andere Stoffe. Moderne Katalysatoren bestehen beispielsweise aus Tantal, auf dem ein Zeolith aufgetragen ist oder aus einem Zeolith und einem Binder, der eine Tantal enthaltene saure Verbindung enthält. [Lit 20] Bild vergrößern Mit Zeolith beschichtetes Tantal eignet sich als Katalysator REM koloriert, Bildbreite ca. 500µm; Foto: eyeofscience.de Das Weißpigment
Titandioxid enthält Partikel
in der Größenordnung von 300-500nm. Dünne Schichten aus
nanoskaligem Titandioxid in der Größenordnung von 10-15nm erscheinen
nicht mehr weiß, sondern transparent. Sie remittieren kein sichtbares
Licht mehr. Trägt man das nanoskalige Titandioxid als Trägermaterial
auf eine Glasplatte auf, lassen sich daraus TCO-Platten für Farbstoffsolarzellen
herstellen. [Lit 9,
10] Durch Variation der Dicke und in
Kombination mit Glimmerschichten und anderen Pigmenten kann man Farblacke
mit vielen verschiedenen Farbnuancen kreieren. Auch Spezialeffekte wie
Metallglanz oder eine Helligkeits- oder Farbänderung je nach Betrachtungswinkel
sind möglich. [Lit
22]
Bild vergrößern Nanoskalige Titandioxid-Plättchen REM koloriert, Bildbreite ca. 5µm; Foto: eyeofscience.de In Sonnenschutzmitteln
wirken Titandioxid, Zinkoxid und auch Magnesiumoxid als Barriere für
bestimmte Wellenlängenbereiche der UV-Strahlung. Nanoskaliges Titandioxid
lässt sich als anorganisches, mineralisches Sonnenschutzmittel einsetzen.
Dieser Typ schirmt die UVB-Strahlung (Wellenlänge 280 bis 320 Nanometer)
und die energiereiche UVC-Strahlung (Wellenlänge 200 bis 280 Nanometer)
relativ gut ab. Bei der UVA-Strahlung (Wellenlänge 320 bis 400 Nanometer)
fällt die Leistung ab, so dass manche Hersteller ein Kombinationspräparat
anbieten. [Lit
8] Organische Sonnenschutzmittel enthalten
hormonaktive oder allergieauslösende Stoffe, sie dringen gut in die
Haut ein. [Lit 7]
Nanoskaliges Titandioxid kann aber theoretisch auch in die Haut eindringen.
Ob dabei ein Risiko besteht, ist noch nicht abschließend geklärt.
[Lit 21]
In der Medizin werden Implantate im Miniformat entwickelt. Biochips sind von außen steuerbar und können an den Körper Wirkstoffe verabreichen oder sie dienen als Messinstrumente. Nanomaschinen wie Ventile oder Pumpen können im Blutkreislauf oder in das Herz eingebaut werden. Nanobeschichtete Oberflächen an künstlichen Gelenken führen zu einer besseren Verträglichkeit, sie verhindern Abstoßungsreaktionen des Körpers und verlängern die Lebensdauer der Gelenkprothese. Ferrofluide bestehen aus nanoskaligem Magnetit Fe3O4, sie werden als Kontrastmittel bei der Computertomografie eingesetzt. In Mikro- oder Nanokapseln können pharmazeutische Wirkstoffe extrem klein portioniert werden, so dass die Kapseln über einen langen Zeitraum ihre Wirkstoffe gezielt abgeben. Nanobeschichtungen auf
der Oberfläche verringern Abstoßungsreaktionen bei Gelenkprothesen
aus Titan. Die bakterientötende
Wirkung von Silber ist schon seit
dem Altertum bekannt. Silber-Ionen besitzen ähnliche Eigenschaften
wie Antibiotika, sie zerstören auch Enzyme und beinträchtigen
die Zellteilung. Beschichtungen mit Nanosilber werden auf chirurgischen
Instrumenten, aber auch auf Textilien und Matratzen oder in kosmetischen
Produkten angewandt.
Bild vergrößern Nanosilber bildet Kristalle auf einem Polymer REM koloriert, Bildbreite ca. 2 µm; Foto: eyeofscience.de In der Automobilindustrie
gibt es ebenfalls zahlreiche Anwendungen. Nano-Beschichtungen auf Innenspiegeln
ermöglichen eine automatische Abblendung bei hohem Lichteinfall. Rußpartikel
im Autoreifen nehmen dem Kautschuk die Klebrigkeit und machen den Reifen
belastbarer. [Lit 1] Die Reinigung von Abgasen im Autokatalysator kann durch nanoporöse
Filter optimiert werden.Aber
auch beim Wasserstoffauto kommt
die
Nanotechnologie zum Einsatz: Verbindet man anorganische Substanzen
über
organische Streben erhält man poröse, kristalline Materialien.
Die metallorganischen Gerüststrukturen, die MOFs, besitzen
Oberflächen mit bis zu 5500 Quadratmeter pro Gramm. Aufgrund dieser
Eigenschaft können
sie erheblich mehr Wasserstoff speichern, wie Platin oder die
Metall-Legierung
Lithiumhydrid. [Lit
14 und 15]
In Brennstoffzellen optimieren Nanomaterialien die Funktion der Elektroden
und der Membran.
Bild vergrößern Metallorganische Gerüststrukturen besitzen eine große Oberfläche. REM koloriert, Bildbreite ca. 10µm; Foto: eyeofscience.de Durch eine gezielte und
gerüstartige Anordnung der Atome erreicht man eine höhere Stabilität
von Werk- und Baustoffen. Die Kieselalgen in der Natur machen es beispielsweise
vor. Ein anderes faszinierendes Beispiel stellt der Glasschwamm Euplectella
dar. Er lebt in bis zu 5000 Metern Meerestiefe und besitzt ein ganz fein
strukturiertes Skelett aus Glas. Die haardünnen Glasfäden bestehen
aus geschichteten Silicat-Nanopartikeln, diese sind mit Hilfe eines organischen
Klebematerials miteinander vernetzt. [Lit
6, S. 281]
Der künstlich hergestellte Kohlenstoff-Nanoschaum besitzt Poren, die nur wenige Nanometer groß sind. Ein Liter dieses Materials wiegt nur zwei Gramm. Als Nanofasern bezeichnet man Fasern, deren Durchmesser geringer als 500 Nanometer sind. Sie werden vor allem in Luftfiltern zum Filtern von Feinstaub eingesetzt. Bild vergrößern Der Durchmesser von Nanofasern beträgt weniger als 500 Nanometer. REM koloriert, Bildbreite ca. 5µm; Foto: eyeofscience.de Hohlfasern besitzen einen
Hohlraum. Sie eignen sich zum Bau von extrem saugfähigem Material
oder zur Herstellung von isolierenden Dämmstoffen. Aus Nano-Hohlfasern
lässt sich ein Dialysegerät herstellen, das als künstliche
Niere zum Filtern von Blut bei Dialysepatienten eingesetzt wird. Durch
die haarfeinen Röhrchen fließt das Blut, Stoffwechselgifte und
überschüssiges Wasser werden über feinste Poren gefiltert
und abtransportiert. Die Blutzellen und die lebensnotwendigen Eiweiße
verbleiben im Blut. [Lit
19]
Bild vergrößern Hohlfasern bestehen aus haarfeinen Röhrchen mit feinsten Poren. REM koloriert, Bildbreite ca. 40µm; Foto: eyeofscience.de Man stellt sich vor,
dass bei den Wänden von Kohlenstoff-Nanoröhrchen die Kohlenstoff-Atome
wie bei den Fullerenen wabenartig
in einem Sechseck angeordnet sind. Jedes Kohlenstoff-Atom ist mit drei
weiteren Kohlenstoff-Atomen verbunden. Die Gebilde haben einen Durchmesser
von 1 bis 50 nm. Ihre Zugfestigkeit übertrifft die von Stahl, dafür
beträgt ihre Dichte nur etwa 1,3 Gramm pro Kubikzentimeter. [Lit
3, Stichwort Kohlenstoffnanoröhrchen] Stahl
hat im Vergleich dazu eine Dichte von 7,8 Gramm pro Kubikzentimeter. Es
lassen sich je nach Struktur Typen herstellen, die elektrisch leitfähig
sind oder die Eigenschaften von Halbleitern besitzen. Kohlenstoff-Nanoröhrchen
sind um ein Vielfaches belastbarer als Kupferdrähte, ihre Wärmeleitfähigkeit
übertrifft sogar die des Diamanten,
dem besten in der Natur vorkommenden Wärmeleiter.
Bild vergrößern Kohlenstoff-Nanoröhrchen: Darstellung durch ein Elektronenmikroskop REM, Bildbreite ca. 10nm; Foto: eyeofscience.de Graphen besteht aus einer einlagigen oder mehrlagigen Schicht wabenartig verknüpfter Kohlenstoff-Atome. Das Material ist extrem stabil und ermöglicht den Bau von viel leistungsfähigeren Computerchips mit einer viel höheren Taktrate im Vergleich zu den Chips, die auf Siliciumtechnologie basieren. [Lit 28 und 29] |