Kautschuk, Gummi |
Natur-Kautschuk (NR) Gummi als technisches Material wurde 1851 auf der Weltausstellung in London erstmals einem breiten Publikum
präsentiert. Der US-amerikanische Chemiker und Erfinder Charles Nelson Goodyear (1800–1860) erzeugte es aus dem
weißen Milchsaft des Kautschukbaumes Hevea brasiliensis. Beim Anritzen
der Rinde fließt eine weiße Milch heraus, die auch als Latex bezeichnet wird. Der Baum wird bis zu 20 Meter hoch und wächst in
den Tropengebieten Afrikas, Südamerikas und Asiens. Goodyear versetzte
das Naturprodukt mit Schwefel und erreichte
in einer Vulkanisation die Elastizität
des Gummis:
Vulkanisation: Vernetzung der Polyisoprenkette durch Schwefelbrücken Die Verwendung von wenig Schwefel führt zu einem Weichgummi, ein hoher Schwefel-Anteil zu Hartgummi. Der aus dem Latex gewonnene Gummi wird auch als Natur-Kautschuk bezeichnet. Er ist leichter als Wasser und leitet Elektrizität und Wärme schlecht. Beim Abkühlen auf 3 °C oder darunter wird er spröde. Beim Erhitzen auf 145 °C wird er klebrig. Oberhalb 170 °C zerfließt er und verbrennt mit stark rußender Flamme. In Ether, Benzol oder Benzin löst er sich, gegen verdünnte Säuren und Laugen ist er beständig. Im Natur-Kautschuk sind bis zu 30000 Grundeinheiten zu einem Makro-Molekül verknüpft. Die erste bedeutende Arbeit zur Aufklärung der Strukturformel des hochmolekuren Kautschuks gelang Hermann Staudinger im Jahr 1920. Polyisopren: Eine Grundeinheit des Natur-Kautschuks Das zur Verhütung eingesetzte Kondom
aus Gummi wurde von Charles Goodyear im Jahr 1855 erfunden. Latex besitzt
heute noch eine zweite Bedeutung: Es bezeichnet die Kurzform von Latexgummi,
der meist aus Synthese-Kautschuk hergestellt und für Kondome oder
für Fetischkleidung verwendet wird.
Die Geschichte des Natur-Kautschuks reicht
aber wesentlich weiter zurück. Bereits die Kultur der Mayas benutzte
elastische Bälle, die aus Natur-Kautschuk hergestellt waren. Der Franzose
Charles Marie de La Condamine (1701–1774) bereiste im 18. Jahrhundert die
Amazonasgebiete und beschrieb 1755 die Gewinnung von Natur-Kautschuk aus
dem Kautschukbaum der Eingeborenen. Sie benutzten den Natur-Kautschuk als
Klebemittel zur Herstellung von Schuhen und fertigten daraus wasserdichte
Gefäße an. Der Chemiker Joseph
Priestley (1733–1804) zeigte um 1770, dass man mit Natur-Kautschuk
Bleistift-Striche wegradieren kann. Zwei Jahre später wurden erstmals
kleine Würfel aus Natur-Kautschuk als Radiergummis in den Läden
von Paris und London verkauft. Heute wird ein Großteil des Gummis
zur Herstellung von Reifen, Pufferteilen, Dichtungen, Luftballons, Handschuhen,
Schläuchen, Schuhen und Schuhsohlen verarbeitet. Von Bedeutung sind
auch Latex-Matratzen, die aus Natur-Kautschuk hergestellt werden.
Synthese-Kautschuk (SR) Natur-Kautschuk ist gegen Alterung relativ
empfindlich. Daher wurde schon frühzeitig versucht, einen künstlichen
und beständigeren Kautschuk herzustellen. Synthese-Kautschuke werden heute in großer
Vielfalt hergestellt. Mit Hilfe der Ziegler-Natta-Katalysatoren
(siehe >Polyethen) lassen sich Butadien oder
Isopren polymerisieren. Mit Isopren (2-Methyl-1,3-butadien) entsteht ein Isopren-Kautschuk, der dem natürlichen
Kautschuk sehr ähnlich ist:
Butadien-Kautschuk
oder Polybutadien wird meistens mit anderen Kautschuk-Arten vermischt.
Er wird zum Beispiel in Auto- oder Fahrrad-Reifen verwendet. Chloropren-Kautschuk oder Polychloropren wird durch Polymerisation von
Chloropren (2-Chlor-1,3-butadien) synthetisiert. Dieser Kautschuk ist auch
unter dem Namen Neopren bekannt. Eine
geschäumte Form davon wird für Surf- und Taucheranzüge verwendet.
Die roten Stopfen und Laborschläuche
im chemischen Labor bestehen auch aus diesem Kautschuk. Sie sind temperatur-
und lösungsmittelbeständiger als die normalen Gummistopfen aus
Natur-Kautschuk, die in grauer Farbe erhältlich sind.
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