Startseite  >>  Farbe  >>  Farbstoffportraits

Purpur
 
Bild vergrößern! Bild vergrößern Die im Mittelmeer lebenden Purpurschnecken enthalten in ihrer Hypobronchialdrüse eine gelbliche Flüssigkeit, die eine Vorstufe des Farbstoffes 6,6-Dibromindigo enthält. Die Schnecken leben am Meeresboden und ernähren sich räuberisch von anderen Muscheln oder Schnecken und von Aas. Das im Mittelmeer vorkommende Brandhorn und die Purpurschnecke ergeben unterschiedliche Violetts. So lassen sich Färbungen vom hellen Scharlachrot bis zum tiefsten Purpurviolett herstellen. Der Küpenfarbstoff zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Leuchtkraft und Lichtechtheit aus. 
  
 
Geschichte Gewinnung Toxikologie Portraits
   
Geschichte und Verwendung
Erste Überlieferungen berichten von der Entdeckung des Farbstoffes bei den Phöniziern. Von dem Griechen Konstantion Paleokappa ist eine Legende überliefert, wonach ein Hund am Strand eine Purpurschnecke gefressen habe und dessen Schnauze sich dabei purpurn verfärbte. Der Hirte glaubte, der Hund habe sich verletzt und wischte dessen Schnauze mit einem Tuch ab. Dabei merkte er, dass die Farbe von der Färbekraft der Schnecke stammte. Die Phönizier fingen die Schnecken und wurden durch die vielen Farbabstufungen der leuchtenden Purpurfärbungen berühmt. Daher erklärt sich der griechische Name für Phönizien, er bedeutet „Purpurland“. Die heute bekannte älteste Purpurfärberei befindet sich in Ugarit (Syrien). Noch heute kann man am Strand des Südhafens von Sidon im Libanon meterhohe Schalenreste finden.  
    
  
 Purpurschnecke Hexaplex trunculus

Bild vergrößern!
Bild vergrößern

 Früher hieß diese Purpurschnecke Murex trunculus.
 
 
Bei den Römern war der teure Purpurfarbstoff den Senatoren und Kaisern vorbehalten. Nur der Cäsar durfte ein mit Purpur gefärbtes Gewand tragen, die Senatoren mussten sich mit einem purpurnen Streifen an ihrer Toga begnügen. Da sich in der Drüse der Schnecke nur ein winziger Tropfen der gelben Flüssigkeit befindet, aus der später der Farbstoff gewonnen wird, sind zur Herstellung von einem Gramm des reinen Farbstoffes etwa 8000 Schnecken notwendig! Dies erklärt den außergewöhnlich hohen Preis und die Exklusivität des Farbstoffes. In Rom stand die Purpurfärberei unter staatlicher Aufsicht, die Kaiser waren an den Gewinnen selbst beteiligt.  
   
Purpur als leuchtendes Violett war in Rom und auch später bei den deutschen Kaisern ein Symbol der Macht. Mit dem Ende des römischen Reiches gelangte der Farbstoff zwar noch nach Konstantinopel, geriet aber dann allmählich in Vergessenheit. Später waren die Trachten der Kardinäle und die Mäntel der deutschen Kaiser eher purpurrot: Sie waren nicht mehr mit Purpur aus den Schnecken gefärbt, sondern man benutzte einen aus Kermesläusen gewonnen Farbstoff (siehe Cochenille). Schon in der Antike hatte man versucht, den aufwendig herzustellenden Purpur durch billigere Farbstoffe wie Krapp zu ersetzen. Heute besitzt der Farbstoff nur noch wenig Verwendung. In seltenen Fällen wird er eingesetzt, wenn alte, mit Purpur gefärbte Stoffe restauriert werden sollen.
  
 
Mit echtem Purpur gefärbte Wolle


Bild vergrößern


 Diese Wolle stammt aus einem alten Schauglas mit Wollproben.
 
 
Die Purpurschnecke Hexaplex trunculus liefert einen eher purpurroten Farbstoff, während das eher keulenförmige Brandhorn Haustellum Brandaris ein intensives Purpurviolett liefert. Der Farbstoff Purpur war früher oft ein Gemisch beider Purpursorten. Die Ureinwohner in Mexiko stellen noch heute Purpur aus den Schnecken her. Sie setzen die Schnecken auf die mit Meerwasser benetzte Wolle und träufeln Zitronensaft daraus. Die Schnecken sondern Schleim ab und in der Sonne und an der Luft verfärbt sich die Wolle purpurn. Dem deutschen Chemiker Paul Friedländer gelang im Jahr 1908 zwar eine Analyse des Farbstoffes, aber die künstliche Herstellung erwies sich zunächst als extrem kompliziert und sehr teuer. Erst im Jahr 2010 gelang den israelischen Chemikern Wolk und Frimer eine Synthese, die den Einsatz des Purpurs für die breite Masse in der Textilindustrie ermöglicht. Sie verwendeten für die Synthese 4-Brom-2-Nitrobenzaldehyd, das in der chemischen Industrie als Zwischenprodukt relativ kostengünstig hergestellt werden kann.
   
Gewinnung und Färbungen
Die Purpurschnecken werden zerstampft oder es werden die Drüsen herausgeschnitten. Dann werden sie mehrere Tage in Salz gelegt. Danach kocht man die Masse mit Urin solange ein, bis nur noch der sechzehnte Teil übrig bleibt. Während des Kochens werden alle Fleischteile, die an die Oberfläche treiben, entfernt. Die Stoffe können dann in die Küpe eingetaucht und gefärbt werden. Erst am Licht und durch Oxidation mit dem Luftsauerstoff entwickelt sich der Küpenfarbstoff auf dem Gewebe von einem schmutzigen Gelb über grünliche Farbtöne zum leuchtenden Purpurviolett. Dabei entsteht ein äußerst unangenehmer Geruch. Der Farbstoff der Antike ist unter der Bezeichnung „Tyrischer Purpur“ bekannt geworden.  
  
Im chemischen Aufbau ähnelt das 6,6-Dibromindigo dem Indigo, es sind lediglich zwei Wasserstoff-Atome an den beiden aromatischen Ringen durch zwei Brom-Atome ersetzt. Soll der aus den Schnecken gewonnene, purpurviolette, bereits oxidierte Farbstoff zum Färben verwendet werden, muss man ihn ähnlich wie beim Färbeprozess mit Indigo durch Natriumdithionit zuerst zu der wasserlöslichen Leukobase verküpen.
   
   
Indigo-Molekül (links) und 6,6-Dibromindigo-Molekül (rechts)
  
      
Indigo-Molekül   Dibromindigo  
      

  Im Dibromindigo-Molekül (rechts) sind im Vergleich zum Indigo (links) zwei Brom-Atome zusätzlich enthalten.
 
   
Toxikologie
Farbstoffstäube sollten grundsätzlich nicht eingeatmet werden. Sie reizen die Augen, die Atemorgane und die Haut.

© Thomas Seilnacht / Benutzerhandbuch / Lizenzbestimmungen / Impressum / Datenschutz / Literaturquellen