Expressionismus | ||
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Fauvismus | Brücke | Blauer Reiter | Marc | Macke |
Das
Bild Tierschicksale von Franz Marc (siehe oben) zeigt eine Landschaft
mit Tieren, deren Umrisse sich aus abstrakten und geometrischen Formen
zusammensetzen. Es scheint, als ob sich die Tiere mit aller Macht gegen
etwas aufbäumen, was ihnen jemand angetan hat. Vielleicht ist der
Mensch die Ursache für ihre Situation? |
Der Fauvismus |
Im
Herbst 1905 zeigten an der berühmten und jährlich stattfindenden
Kunstausstellung im Pariser „Salon“ junge Maler neue Bilder, die die Öffentlichkeit
genauso schockierten wie die der ersten Impressionisten-Ausstellung im
Jahre 1874. Ein Kritiker bezeichnete die Künstler als „les fauves“ („die wilden Tiere“), da sie grelle, schreiende und für das Publikum
ungewohnte Farben einsetzten, die französischen "Fauvisten" hatten
ihren Namen. Sie lehnten den Impressionismus ab und verstärkten die
Ausdrucksmittel von Malern wie Vincent van Gogh
(1853–1890) oder Paul Gauguin (1848–1903) in hohem Maße. Sie verwendeten
schrille und unrealistische Farben, Häuser erschienen plötzlich
in sattem Grün und Bäume in flammenden Rot. Der Fauvismus war
eine Auflehnung gegen etablierte Kunstvorstellungen. Wichtige Vertreter
waren: Henri Matisse (1869–1954), André Derain (1880–1954) und Georges
Rouault (1871–1958). Die Fauvisten entdeckten auch die Formen der afrikanischen
Plastiken und Masken, die sie in ihren Gemälden einarbeiteten, so
auch bei Amedeo Modigliani (1864–1920). |
Der Blaue Reiter | |||
Im
März 1909 gründete sich die "Neue Künstlervereinigung München"
mit dem vorrangigen Ziel, Kunstausstellungen zu organisieren. Erster Vorsitzender
war der Russe Wassily Kandinsky (1866–1944) und zweiter Vorsitzender sein
Landsmann Alexej von Jawlensky (1864–1941). Im Jahre 1911 kam es jedoch
zu Meinungsverschiedenheiten über künstlerische Auffassungen
– für manche waren die Bilder Kandinskys zu abstrakt. Daraufhin erklärten
Kandinsky und Marc ihren Austritt. Sie schlossen sich zu einer neuen Künstlergruppe
zusammen, die sie „Der Blaue Reiter“ nannten.
„Den Namen 'Der Blaue
Reiter' erfanden wir am Kaffeetisch in der Gartenlaube in Sindelsdorf.
Beide liebten wir Blau, Marc - Pferde, ich - Reiter. So kam der Name von
selbst.“ (W. Kandinsky, in: H. Richter 1977, S. 27)
Nur kurze Zeit später
präsentierten sie in der Münchener Galerie Thannhauser eine eigene
Ausstellung, auf der Bilder von Wassily Kandinsky, Franz
Marc (1880–1916), August Macke (1887–1914),
Gabriele Münter (1877–1962) und Henri Rousseau (1844–1910) zu sehen
waren. Eine zweite Ausstellung fand im März 1912 in der Münchener
Kunsthandlung Goltz statt, an der auch Paul Klee (1879–1940) teilnahm.
Im Mai des gleichen Jahres erschien der Almanach Der Blaue Reiter als Programmschrift,
in dem aktuelle Beiträge zur Kunst, Musik und Literatur erschienen.
Während die Maler
der „Brücke“ noch am „Stofflichen“ und den dinglichen Gegenständen
festhielten, wandten sich die Maler des „Blauen Reiters“ dem Geistigen
zu. Sie sprachen das innere Gefühlsleben an und versuchten beim Betrachter
geistige Prozesse in Gang zu bringen. Sie wählten nicht Farbdissonanzen,
sondern liebten eher Farbharmonien. Franz Marc versuchte, mit seinen blauen
Pferden eine Beziehung zu den Träumen und den Sehnsüchten herzustellen
und assoziierte damit beim Betrachter eine geistige Beziehung zu den inneren
Prozessen der Natur.
Einen wesentlichen Einfluss
auf die Kunsttheorien des Blauen Reiters hatte das 1910 erschienene Buch
Kandinskys Über das Geistige in der Kunst. Der Maler hatte eine
große geistige Nähe und später auch eine Freundschaft zu
dem Komponisten Arnold Schönberg. Er versuchte, eine enge Beziehung
zwischen der Malerei und der Musik herzustellen. So wurde er immer wieder
durch Konzerte des Komponisten zum Malen seiner drei Gruppen von Bildern
angeregt: Die „Impressionen“ als äußerer Eindruck von der Natur,
die „Improvisationen“ als Ausdruck spontaner, innerer Regungen und
die „Kompositionen“, die nach einem langen inneren Prozess des Schauens
entstehen. In dem Kapitel „Wirkung der Farbe“ begründete er die Notwendigkeit
des geistigen Elementes in der Kunst:
„Wenn man die
Augen über eine mit Farben besetzte Palette gleiten lässt, so
entstehen zwei Hauptresultate: 1. Es kommt eine rein
physische Wirkung zustande, d.h. das Auge selbst wird durch Schönheit
und andere Eigenschaften der Farbe bezaubert. Der Schauende empfindet ein
Gefühl von Befriedigung, Freude, wie ein Gastronom, wenn er einen
Leckerbissen im Munde hat. Oder es wird das Auge gereizt, wie der Gaumen
von einer pikanten Speise (...)
Nur die gewohnten Gegenstände
wirken bei einem mittelmäßig empfindlichen Menschen ganz oberflächlich.
Die aber, die uns zum ersten Mal begegnen, üben sofort einen seelischen
Eindruck auf uns aus. So empfindet die Welt das Kind, welchem jeder Gegenstand
neu ist. Es sieht das Licht, wird dadurch angezogen, will es fassen, verbrennt
sich den Finger und bekommt Angst und Respekt vor der Flamme. Dann lernt
es, dass das Licht außer feindlichen Seiten auch freundliche hat,
dass es die Dunkelheit verscheucht, den Tag verlängert, dass es wärmen,
kochen und lustiges Schauspiel bieten kann. Nach der Sammlung dieser Erfahrungen
ist die Bekanntschaft mit dem Lichte gemacht, und die Kenntnisse über
dasselbe werden im Gehirn aufgespeichert. Das stark intensive Interesse
verschwindet, und die Eigenschaft der Flamme, ein Schauspiel zu
bieten, kämpft mit voller Gleichgültigkeit gegen sie. Allmählich
wird auf diesem Wege die Welt entzaubert. Man weiß, dass Bäume
Schatten geben, dass Pferde schnell laufen können und Automobile noch
schneller, dass Hunde beißen, dass der Mond weit ist, dass der Mensch
im Spiegel kein echter ist.
Und nur bei einer höheren Entwicklung des Menschen erweitert sich immer der Kreis derjenigen Eigenschaften, welche verschiedene Gegenstände und Wesen in sich einschließen. Bei hoher Entwicklung bekommen diese Gegenstände und Wesen inneren Wert und schließlich inneren Klang. Ebenso ist es mit der Farbe, die bei niedrigem Stand der seelischen Empfindsamkeit nur eine oberflächliche Wirkung verursachen kann, eine Wirkung, die bald nach beendigtem Reiz verschwindet. Aber auch in diesem Zustand ist diese einfachste Wirkung verschiedener Art. Das Auge wird mehr und stärker von den helleren Farben angezogen und noch mehr und noch stärker von den helleren, wärmeren: Zinnoberrot zieht an und reizt, wie die Flamme, welche vom Menschen immer begierig angesehen wird. Das grelle Zitronengelb tut dem Auge nach längerer Zeit weh, wie dem Ohr eine hochklingende Trompete. Das Auge wird unruhig, hält den Anblick nicht lange aus und sucht Vertiefung und Ruhe in Blau oder Grün. Bei höherer Entwicklung aber entspringt dieser elementaren Wirkung eine tiefergehende, die eine Gemütserschütterung verursacht. In diesem Falle ist 2. das zweite Hauptresultat
des Beobachtens der Farbe vorhanden, d. h. die psychische Wirkung derselben.
Hier kommt die psychische Kraft der Farbe zutage, welche eine seelische
Vibration hervorruft. Und die erste, elementare physische Kraft wird nun
zur Bahn, auf welcher die Farbe die Seele erreicht.“ (W. Kandinsky, 1952,
S. 59–61)
Die Formen und Farben
der Gemälde sind nach Kandinsky Ausdruck der inneren, geistigen Welt
des Künstlers, genau wie die Kompositionen eines Musikers. Beim Betrachter
(und beim Hörer) lösen die Farben und Formen emotionale und letztendlich
geistige Prozesse aus. Die Kunst soll innere Schau und Reflexion bewirken.
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Der Expressionismus in der Zeitgeschichte | |||
Mit
dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 brach der Blaue Reiter als Künstlergruppe
auseinander. Die Kämpfenden Formen von Marc können als Vorahnung
auf die Schrecken des bevorstehenden Krieges gedeutet werden. Das
Bild kann aber auch philosophisch gedeutet werden: Man glaubt, einen roten
Adler zu erkennen, der sich im Kampf mit einer anderen Kreatur befindet.
Licht und Finsternis, als polare Kräfte des Lebens, verkörpern
den Widerstreit zwischen materieller und geistiger Welt.
Marc, der 1916 im Krieg
fiel, wandte sich zusammen mit seinem Freund Kandinsky immer mehr der abstrakten
Malerei zu. Kandinsky löste sich vollständig vom Gegenständlichen.
Die Abstraktion der Form verband sie mit Malern des Kubismus wie Pablo
Picasso, der 1904 mit dem Bild Les Demoiselles d'Avignon diese Stilrichtung
eingeleitet hatte.
Obwohl die Künstlervereinigung
nur wenige Jahre existiert und nur zwei Ausstellungen durchgeführt
hatte, übte sie einen entscheidenden Einfluss auf alle nachfolgenden
Kunstrichtungen aus. In Österreich schrieb Oskar Kokoschka (1886–1980)
expressionistische Lyrik und Prosa. Aufgrund seiner engen Verbindung zum
Theater fertigte er zahlreiche Plakate und Bühnenbilder an. Er malte
auch Städteportraits. Der deutsche Maler und Graphiker Max Beckmann
(1884–1950) gehörte keiner Künstlergruppe an und schuf expressionistische
Gemälde von deutschen Großstädten und zahlreiche Holzschnitte.
Zu den Bildhauern, die expressionistische Plastiken schufen, gehörten
Georg Kolbe (1877–1947) und Käthe Kollwitz (1867–1945), die 1933 von
den Nationalsozialisten ein Arbeitsverbot erhielt und deren Werke wie viele
andere Werke des Expressionismus zur sogenannten "entarteten Kunst" diffamiert
wurden. Die expressionistische Literatur wurde von Else Lasker-Schüler
vertreten, und in der Musik komponierten Arnold Schönberg und Igor
Strawinsky expressionistische Stücke. Die Entstehung der Stilrichtung
muss im Zusammenhang mit der Zeitgeschichte gesehen werden.
Horst Richter sieht im Expressionismus eine „Antwort der Künstler auf die bedrohlich gewordene Materialisierung und Reglementierung des Lebens“. Die Kunstrichtung trat auch für die Belange der gesellschaftlich Benachteiligten und Ausgestoßenen ein. [Lit Horst Richter 1997, S. 16-17] Nach Ende des Zweiten
Weltkrieges erlebten die Kunstwerke des Expressionismus einen Boom. Ein
Poster von Franz Marc hing in den 1960er Jahren in fast jedem deutschen
Wohnzimmer. Der Expressionismus ermöglichte eine Kunst, die alle Individuen
und eine große Bandbreite von gesellschaftlichen Fragen mit einbezog.
Gleichzeitig eröffnete er für alle nachfolgenden Kunstrichtungen
neue Möglichkeiten der freien Farbgestaltung und löste sich somit
von engen Form- und Farbzwängen der vorangegangenen, gegenständlichen
Malerei.
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Portrait
Vincent van Gogh
Merkmale des Impressionismus Portrait Franz Marc Portrait August Macke Symbolik und Wirkung der Farbe Blau Farbenprojekt: Das Projekt Blau |