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Faszination Papier, ein Werkstoff der süchtig macht?
Unterrichtskonzeption für den NWA-Unterricht in einer 7. Klasse
Alexander Maier, Realschule Mühlheim an der Donau


Alexander Maier ist der Nachfolger an meiner ehemaligen Stelle an der Realschule Mühlheim. Mit großem Engagement hat er das Papierprojekt durchgeführt, das wie ehemals das Farbenprojekt den Schülern nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist. Möge das hier vorgestellte Projekt noch anderen Kolleginnen und Kollegen zur Nachahmung anregen. (Thomas Seilnacht)


Abgautschen Schöpfen von Papier


Einleitung

„ ... Ich muss ehrlich sagen, dass ich noch nie in der Schule so viel Spaß hatte, wie beim Thema Papier und ich fand, dass es sehr schöne Wochen waren. ...“ (Johanna, 13 Jahre)

Als ich die Abschlussberichte meiner Schüler las und die Ergebnisse ihrer Papiermappen betrachtete, hatte ich das Gefühl etwas Gutes geschaffen zu haben. Etwas, dass den Schülern trotz großem Einsatz und viel Arbeit, Spaß und Freude bereitet hatte und auch über die eigentliche Unterrichtszeit hinaus wirken würde. Diese Freude der Schüler an Schule, an Unterricht, an Lernen und an Arbeit haben mich angesteckt und motiviert darüber zu schreiben, um vielleicht auch andere daran teilhaben zu lassen.

   

Bezug zum Bildungsplan

Seit Beginn des Schuljahres 2004/2005 gibt es an den Realschulen in Baden-Württemberg einen neuen Bildungsplan. Dieser fand zunächst Anwendung für die Schüler, die im Schuljahr 2004/2005 in die Klassen 5, 6 und 7 eintraten. Darin heißt es im Vorwort: „Wie jeder Bildungsplan, so lebt auch dieser davon, dass Schülerinnen und Schüler in unseren Schulen ernst genommen werden – in ihrer Neugierde, ihren Talenten und auf ihrer Suche nach Identität und Orientierung. Bildung und Erziehung stehen daher in einem untrennbaren Zusammenhang.“In dem neu geschaffenen Fächerverbund „Naturwissenschaftliches Arbeiten (NWA)“ entdeckte ich gleich viele Möglichkeiten, diese in den Schülern angelegte, innere Neugierde zu nutzen und deren Talente zu fördern, sie aber auch zu erziehen und sozial und emotional zu stärken.

Auch die Leitgedanken des Bildungsplans zum Kompetenzerwerb, ermutigten mich in meinem Vorhaben und räumten mir Freiheiten ein, wie ich sie bislang nicht kannte. So findet man im neuen Bildungsplan weiter folgende Aussage: Der Fächerverbund wurde bewusst „Naturwissenschaftliches Arbeiten“ (NWA) genannt, um zu verdeutlichen, dass Kenntnisse und Fähigkeiten durch eigenes Experimentieren, Recherchieren und Reflektieren erworben werden. ... Für das Verständnis unserer Kultur und Lebensweise ist sowohl der emotionale Bezug zur Natur, als auch das verstandesmäßige Durchdringen natürlicher und technischer Phänomene wichtig.“ Um die oben genannten Leitgedanken möglichst gut umzusetzen und eine emotionale Bindung zu einer Thematik herzustellen, viel mir ein Themenvorschlag, des neuen Fächerverbundes NWA im Bildungsplan sofort auf: Vom Rohstoff zum Produkt. Immer wieder habe ich bereits im Technikunterricht festgestellt, welche Faszination von einer Sache ausgeht, die selbst hergestellt wurde. Diese positiven Erfahrungen aus dem Technikunterricht wollte ich den Schülern nun auch im NWA-Unterricht nicht vorenthalten und fand dann auch bald einen geeigneten Werkstoff für mein Vorhaben: Das „Papier“.
Ich hatte mich also für den Werkstoff „Papier“ entschieden, weil ich der Meinung war, dass dieser für uns so alltägliche Werkstoff geradezu prädestiniert dafür war, Theorie und Praxis miteinander zu verbinden. So fing ich zunächst damit an erste Gedanken und Ideen im Kopf zu sammeln. Das Ergebnis war diese Mindmap:
 




Anschließend begann ich damit, die ersten Ideen im Kopf zu strukturieren, in Tabellen zeitlich anzuordnen und die einzelnen Punkte mit Inhalten zu füllen. Das Projekt wurde über einen längeren Zeitraum hinweg durchgeführt. Dabei kamen folgende Elemente zum Einsatz:
  • Papier - Werkstoff unserer Zeit
  • Schreibuntergründe aus historischen Zeiten, z.B. Höhlenmalerei, Wachstafeln, Papyrus, Pergament
  • Geheimschriften
  • Druckwerkstatt
  • Papierschöpfen
 
Box mit Drucklettern Schöpfrahmen in Box
 

Die ganze Beschreibung des Papierprojekts - mit einer Vielzahl an didaktischen Anregungen - können Sie als Word-Datei downloaden. Die Worddatei enthält eine Vielzahl an Ideen und Anregungen zur Durchführung eines eigenen Papierprojekts. Im Technik- und NWA-Unterricht haben wir Gegenstände hergestellt, um sie dann auf dem Weihnachtsmarkt zu verkaufen. Auch die Eltern der Schüler wurden einbezogen und waren angehalten, je nach Talent und Neigung Gegenstände für diese Sache herzustellen. Die Schüler waren mit großem Eifer und Begeisterung dabei und haben sich sehr engagiert. Außerdem habe ich rückblickend festgestellt, dass sich die Klassengemeinschaft durch dieses Vorhaben verbessert hat. Im Rahmen des Papierprojektes wurden Geschenkpapiere, Weihnachtskarten, Briefumschläge, Papiertüten und kleine Fotoalben von den Schülern hergestellt.


   
 

So haben es Schüler erlebt

„ … Im Rahmen des Papierprojekts in NWA erfuhren wir eine Menge über das Papier. Es gab viele verschiedene Themen, die wir durchgearbeitet haben. Einmal vom Ursprung des Papiers, über die Herstellung von Papier bis zur Nutzung von Papier. Wir hatten uns auch vorgestellt was passieren würde, wenn es auf einmal kein Papier mehr geben würde. Die Ergebnisse waren interessant und es hat uns erstaunt, wie oft man zu etwas greift, das aus Papier hergestellt wurde. Wir lernten den Kreislauf des Papiers kennen und erfuhren, wie eine Papiermaschine funktioniert. Sogar eigenes Papier hatten wir mit Hilfe von einem Papierschöpfrahmen hergestellt. … Ich weiß jetzt vieles mehr über Papier. Zum Beispiel, wo es seinen Ursprung fand, wie es früher hergestellt wurde, bis zur Herstellung heute mit einer Papiermaschine. … Am besten fand ich das Papierschöpfen und das Schreiben auf verschiedenem Schreibmaterial. Dies waren zum Beispiel Wachstafeln oder Papyrus. … Bei dieser Gemeinschaftsarbeit konnten wir sehr gut in Erfahrung bringen, wie umständlich es früher war Papier herzustellen und wie selbstverständlich es heute zu unserem täglichen Leben gehört. Ich lernte auch, wie einfach es sein kann, bei vielen Sachen in Gruppen zu arbeiten, als wenn man alles alleine machen müsste. Es wurde uns bewusst gemacht, wie wertvoll Papier ist und welche Rohstoffe man zur Herstellung benötigt. Auch ich werde in Zukunft sorgsamer mit Papier umgehen und es nicht nutzlos und verschwenderisch benutzen. … Das Papierprojekt war auf jeden Fall für mich und ich denke auch für die anderen Schüler ein tolles Erlebnis. Ich würde es jederzeit auch anderen Schulklassen weiterempfehlen. … (Julia, 13 Jahre)

„ … Ja, meine Erwartungen sind voll erfüllt worden. Ich hatte sehr viel Spaß an dem Projekt, habe neue Erfahrungen gesammelt und am Ende habe ich tolle Papiere mit nach Hause genommen. Papierschöpfen macht wirklich sehr viel Spaß. … Inhaltlich habe ich gelernt, wie man aus altem Papier, auch zu Hause, neues Papier herstellen kann und wie eine moderne Papiermaschine funktioniert. Sozial habe ich gelernt, mich mit meinem Partner auf eine Papiergestaltung zu einigen, dass man sich gegenseitig hilft und dass man mit Papier sorgfältig und nicht verschwenderisch umgehen sollte. …“ (Jana, 13 Jahre)

„ … Die Wochen des Papierschöpfens haben mir sehr gut gefallen, weil im Fachraum immer eine schöne Atmosphäre herrschte und jeder hilfsbereit war. … Was ich gelernt habe ist, dass es viel mehr Spaß macht, wenn mehrere zusammen ein Projekt machen, statt jeder alleine und das man erfahren durfte, wie die großen industriellen Papiermaschinen das Papier herstellen. Natürlich ist auch klar, dass Maschinen das viel schneller machen wie wir und auch vielleicht glatter hinbekommen. Dafür ist es bei unserer Papierherstellung mehr Aufwand, aber unsere Papiere sind eben einzigartig und es macht mehr Spaß. … An dem Projekt würde ich überhaupt nichts verändern, weil es so wie es ist, super ist. Deshalb würde ich es auch unbedingt anderen Klassen empfehlen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich noch nie in der Schule so viel Spaß hatte, wie beim Thema Papier und ich fand, dass es sehr schöne Wochen waren. …“ (Johanna, 13 Jahre)

„ … Was mir besonders gefallen hat, waren die gestalterischen Möglichkeiten, die man z.B. bei einem Weihnachtspapier oder einer Geburtstagskarte hat. Hier konnte man seinen Ideen freien Lauf lassen und schauen, was möglich war. … Mir hat das Projekt viel Spaß gemacht und ich habe viel gelernt. Man hat ja z.B. keine Vorstellung, wie aufwendig es ist ein Stück Papier von Hand herzustellen. Seit unserem Papierprojekt gehe ich auch mit industriell gefertigtem Papier viel sparsamer und sorgsamer um. Eine tolle Erfahrung war auch das Arbeiten im Team. Da lernt man sich aufeinander einzustellen und Kompromisse einzugehen. Man bekommt auch eine andere Sichtweise aufgezeigt was manchmal nützlich ist. Man lernt auch seine Meinung zu vertreten und andere Meinungen zu respektieren. … Alles in allem war das Papierprojekt sehr lehrreich und ich kann es nur jedem empfehlen!!! …“ (Anna-Lena, 13 Jahre)


 


„ … Jetzt denke ich, dass meine Erwartungen an das Papierprojekt voll erfüllt wurden. Ich fand es sehr interessant und überhaupt nicht langweilig. Es war sogar sehr spannend zu sehen, was für schönes Papier man selber herstellen kann. Außerdem war es einfach mal etwas anderes. … Wir konnten auch mit unserem Tischnachbar zusammenarbeiten. Das fand ich gut, weil wir auch unser Material und verschiedene Ideen austauschen konnten. Wenn man zusammenarbeitet, dann kommen meistens schöne Sachen dabei heraus, weil jeder etwas dazu beitragen kann. … Wir konnten bei der Herstellung der verschiedenen Papiersorten frei nach unserer Fantasie arbeiten und das finde ich für die Entwicklung unserer eigenen Ideen besonders wichtig. Vor diesem Projekt war mir überhaupt nicht bewusst, wie viel Papier in die Mülltonne geworfen wird, das man noch verwenden könnte, um Papier nach eigenem Geschmack und für einen bestimmten Zweck herzustellen. In den Pfingstferien habe ich bei mir zu Hause mit zwei jüngeren Nachbarkindern noch einmal Papier geschöpft. Es hat uns allen riesigen Spaß gemacht und wir waren einen ganzen Nachmittag damit beschäftigt Papier, Papierbälle und auch Papiergefäße zu formen. Ich werde das in Zukunft wahrscheinlich öfters machen, da ich jetzt weiß, dass Papier ein sehr wertvoller Rohstoff ist und wenn ich ihn nicht selber zum Papierschöpfen brauche, dann werde ich ihn wenigstens in der richtigen Mülltonne entsorgen, damit es in einer Fabrikanlage recycelt werden kann. … Ansonsten fand ich das Projekt inhaltlich und sozial absolut lehrreich und kann es zur Nachahmung nur empfehlen. …“ (Ronja, 13 Jahre)
 

Weitere Informationen
 
Das Papierprojekt als Worddatei

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