Inhaltsverzeichnis 1. Freiarbeit im historischen Zusammenhang 2. Die Freiarbeit
im bildungs- und lerntheoretischen Zusammenhang
4. Überlegungen
zur Durchführung der Freiarbeit
5. Die Organisation
der Freiarbeit
6. Die vorbereitete
Umgebung
7. Fortführung
der Freiarbeit
1. Freiarbeit im historischen Zusammenhang Die Freiarbeit geht historisch auf verschiedene Pädagogen zurück. Die Beschreibung eines Erlebnisses von Maria Montessori soll dies verdeutlichen: "Als ich meine ersten Versuche mit der Anwendung der Grundsätze und eines Teiles des Materials, dessen ich mich viele Jahre vorher bei der Erziehung schwachsinniger Kinder bedient hatte, bei den kleinen normalen Kindern von S. Lorenzo machte, fiel mir ein kleines Mädchen von etwa drei Jahren auf, das tief versunken war in eine Übung mit kleinen Holzzylindern, die es aus den Vertiefungen des Holzblockes herausnahm und dann wieder an ihren richtigen Platz brachte. Der Ausdruck des Kindes zeugte von einer so intensiven Aufmerksamkeit, dass es für mich eine Offenbarung war: Bis dahin hatten die Kinder noch nie eine derartige Stetigkeit der Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand gezeigt... Ich beobachtete die Kleine mit Spannung, ohne sie zu stören, und begann zu zählen, wie oft sie die Übung wiederholte; als ich aber sah, dass sie sehr lange bei der Arbeit verharrte, hob ich das Sesselchen, auf dem sie saß, mitsamt dem Kinde auf den Tisch; die Kleine ergriff in Eile den Holzblock, stellte ihn auf die Armlehnen des kleinen Sessels, nahm die kleinen Zylinder auf den Schoß und fuhr in ihrer Arbeit fort. Da forderte ich alle Kinder auf, zu singen; sie taten es, aber jene Kleine fuhr unentwegt mit der Wiederholung der Übung fort, auch als der kurze Gesang zu Ende war. Ich zählte 44 Wiederholungen; und als sie endlich aufhörte, tat sie das ganz unabhängig von den Ablenkungen um sie her, die sie hätten stören können, und blickte glücklich umher, als ob sie von erquickendem Schlaf erwacht wäre." (M. Montessori: Erziehung für Schulkinder, Stuttgart 1926) Maria Montessori sprach vom Phänomen
der "Polarisation der Aufmerksamkeit". Sie beobachtete eine stetige Aufmerksamkeit
und stetige Wiederholungen (44x) des Kindes am Material. Ausgelöst
wird das Phänomen durch die "vorbereitete Umgebung". Die vorbereitete
Umgebung wird vor allem durch die Lehrerpersönlichkeit, den Raum und
das Material bestimmt.
2. Die Freiarbeit im bildungs- und lerntheoretischen Zusammenhang 2.1 Schüler und Lehrkräfte
als Lernende
Montessoris Leitmotiv "Hilf mir, es selbst zu tun!" orientiert sich daran, dass jedes Kind einen Bauplan in sich hat. Freiheit für den Menschen bedeutete für sie, dass das Kind bzw. der Mensch auf seinem eigenen Weg, seinem eigenen Bauplan, vorwärts schreitet. Das Kind kann nur auf diesem Weg schreiten, wenn es unabhängig wird. Damit lehnte sich Montessori an die Vorstellung Rousseaus an, der Erziehung als Wachsenlassen und nicht als ein Instrument der Anpassung an die Gesellschaft sah. Während Rousseau Anpassung ablehnte, nahm Montessori eine Differenzierung vor: Jedes Lernen erfolgt immer in Beziehung zu anderen Personen, in der Schule vor allem im Umgang mit anderen Kindern. Sie stellte Umgangsregeln zur gegenseitigen Hilfe und Unterstützung auf. Sie versuchte auch, Behinderte in die Schule zu integrieren. Montessori verstand unter Bildung die Entfaltung jedes individuellen Menschen, welcher sich gegenüber seinen Mitmenschen sozial und loyal verhält. Gemeinschaftsbildung war für sie soziales Lernen mit verpflichtendem Charakter. Die Freiarbeit ist eine Arbeitsform, die
Individualisierung und Gemeinschaftsbildung ermöglicht, da sie dem
Schüler ein differenziertes Lernangebot macht, ihm Verantwortung für
seinen eigenen Lernprozess überträgt und ihn soziale Rollen vor
allem mit den Gleichaltrigen erfahren lässt.
Martin Wagenschein Bei Martin Wagenschein steht am Anfang des Unterrichts eine die Spontanität des Lernenden herausfordernde Staunensfrage. Im Staunen ist der Staunende ganz bei den Dingen. Er ist emotional so stark angesprochen, dass er vielleicht beginnt, die Dinge zu hinterfragen und daraus Erkenntnisse zu ziehen. Der Staunende bei Wagenschein ist ähnlich wie das Kind im Kinderheim S. Lorenzo mit den Holzzylindern ganz bei sich selbst und gleichzeitig ganz bei den Dingen. Das Ergriffensein des Staunenden über die Schönheit der Natur und ihrer Phänomene ist eine Polarisation der Aufmerksamkeit auf die Dinge, wie sie real und unmittelbar existieren. Der Begriff "Enracinement", oder "Einwurzelung", ist in diesem Zusammenhang bei Wagenschein, in Anlehnung an Simone Weil, von zentraler Bedeutung (Lit.: Weil, Wagenschein, Buck). Das Freiarbeitsmaterial kann zwar die unmittelbare Begegnung mit der Natur und seinen Phänomen nicht leisten, doch es besitzt als Medium einen starken Aufforderungscharakter, sich mit den Dingen zu beschäftigen. Außerdem ermöglicht das Schreiben der Berichte in der Freiarbeit (vgl. mit Kapitel 5.2.4) einen "freien Ausdruck". Die Schüler reflektieren mit freien Texten und Bildern (z. B. fotografische oder zeichnerische Dokumentation) über ihre Arbeit und den Unterricht, sie gestalten ihre Lernumgebung aktiv mit und schaffen sich eine eigene Wirklichkeit. Jeder Freiarbeitsposten sollte exemplarisch ein Problem oder einen Sachverhalt darstellen, ganz im Sinne von Wagenschein. "Das exemplarische Betrachten ist das Gegenteil des Spezialistentums. Es will nicht vereinzeln; es sucht im Einzelnen das Ganze." (Wagenschein 1968, S. 32 f.) Aus diesem Grunde ist die Konzentration auf wesentliche Themeninhalte von zentraler Bedeutung. Das Wort Vollständigkeit bedeutet in diesem Sinne nicht die Erfüllung aller Themeninhalte eines Bildungsplanes, sondern die ganzheitliche Durchdringung eines Unterrichtsinhaltes durch vertiefendes Lernen (siehe Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg, S. 11). Dazu gehört auch der fächerverbindende Unterricht, der ein vernetztes Lernen ermöglicht. Eine Freiarbeitseinheit sollte in diesem Sinne immer mit einen offenen Blick auf andere Fächer geplant werden. Beim Thema "Wasser" könnten zum Beispiel folgende fächerverbindende Themeninhalte ins Auge gefasst werden (vgl. auch: Buck, Kranich, Weinheim/Basel 1995).
„Mut zur Lücke sagten wir anfangs, leicht missverständlich, wir meinten: Mut zur Gründlichkeit, Mut zum Ursprünglichen. An die Stelle des Idols der breiten und statischen Vollständigkeit, die uns ängstlich Vorratskammern füllen lässt, suchen wir offenbar etwas Neues, einen entschlossenen Durchbruch zu den Quellen. Nicht Vollständigkeit der letzten Ergebnisse, sondern die Unerschöpflichkeit des Ursprünglichen." (Wagenschein 1968, S. 52 f.) Dadurch, dass der Schüler mit dem
Freiarbeitsmaterial unmittelbar arbeitet, wird genetisches Lernen (Wagenschein)
ermöglicht. Bei der Freiarbeit ist die Selbststrukturierung des Lernprozesses
durch den Lernenden genetisch. Er kann eine Sache oder ein Themeninhalt
aus der Funktion und Entstehung des eigenen Lernprozesses heraus ergründen.
2.2 Die Bedeutung der Freiarbeit in der Gegenwart Nach Klafki können in einer demokratischen Gesellschaft denkfähige, mitbestimmungsfähige und handlungsfähige Menschen ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten nur verwirklichen, wenn sie untereinander kooperieren. Deshalb spielen für Klafki Bildungsfragen eine entscheidende Rolle, wenn das Individuum die Gesellschaft und die Zukunft mit gestaltet. Ein Zitat von Klafki verdeutlicht dies: „Allgemeinbildung bedeutet, (...) ein geschichtlich vermitteltes Bewusstsein von zentralen Problemen der Gegenwart und - soweit voraussehbar - der Zukunft zu gewinnen, Einsicht in die Mitverantwortlichkeit aller angesichts solcher Probleme und Bereitschaft, an ihrer Bewältigung mitzuwirken.“ (Klafki, Neue Bildungstheorien und Didaktik, S. 56) Nach Klafki muss die Gesellschaft die Probleme der Gegenwart - er nennt sie epochaltypische Schlüsselprobleme - bewältigen, um eine lebenswerte Zukunft in Aussicht zu haben. Schlüsselprobleme nach Klafki sind: 1. Die Friedensfrage, er fordert für
die Schule deshalb Friedenserziehung;
Die Freiarbeit ist kein Patentrezept gegen
die vielen Probleme der Gegenwart. Sie alleine ist kein Mittel gegen Gewalt,
Rassismus oder gegen das Verschwinden der Wirklichkeit (Hentig) und die
Medienmanipulationen. Sie leistet jedoch einen ganz erheblichen Beitrag:
Sie macht den Schüler mündig und verantwortungsfähig, Lernprozesse
selbst zu steuern. Wer lernfähig ist, wird ein später auf ihn
zukommendes Problem leichter bewältigen.
Es wurde gezeigt, dass der Freiarbeit eine bestimmte Geisteshaltung zugrunde liegt. Die Freiarbeit ist keine beliebige Methode, trotzdem unterliegt sie bestimmten Gesetzen des methodischen Handelns. In dieser Hinsicht kann Freiarbeit folgendermaßen definiert werden. Freiarbeit ist:
4. Überlegungen zur Durchführung der Freiarbeit 4.1 Begründung der Freiarbeit für den naturwissenschaftlichen Unterricht Die Freiarbeit bietet auch für den naturwissenschaftlichen Unterricht eine Vielzahl von Möglichkeiten an. Viele Elemente wie fachpraktische Fertigkeiten, das Einüben instrumenteller Arbeitsweisen, das freie Experimentieren oder das Untersuchen von Stoffen und ihrer Eigenschaften lassen sich in Freiarbeit verwirklichen. Abstrakte Stoffinhalte wie die Atomtheorie oder die Einführung in naturwissenschaftliches Modelldenken halte ich jedoch für die Freiarbeit weniger geeignet. Die Aufstellung von Zielekatalogen ist
immer problematisch. Trotzdem soll versucht werden, mögliche Ziele
der Freiarbeit für den naturwissenschaftlichen Unterricht zu formulieren.
Die Auflistung der Ziele zeigt, dass Freiarbeit sehr vielschichtig sein
kann. Die Lernziele dürfen allerdings nicht missbraucht werden, indem
man sie absolutiert. Sie sollten sich immer am Kinde, dem Jugendlichen
und dem Lernenden individuell orientieren. Der Zugewinn an Bildung für
jeden einzelnen ist letztendlich entscheidend und nicht das möglichst
gleichrangige Erreichen eines gemeinsamen Bildungszieles. Insofern ist
eine Notengebung, welche sich ausschließlich an dem Ziffernsystem
orientiert und alle Beteiligten gleichsetzt, für die Freiarbeit völlig
unsinnig. Viel besser ist die persönliche Rückmeldung in Form
eines Gesprächs oder einer ausführlichen Stellungsnahme.
Mögliche Ziele der Freiarbeit im naturwissenschaftlichen Unterricht Bildungsziele:
4.2 Orientierung der am Lernprozess Beteiligten Das Gelingen der Freiarbeit hängt von speziellen Merkmalen der Lernenden und der Lernumgebung ab. Arbeiten Sie die zehn Fragen des Fragekataloges durch! Zu meiner Person 1. Was hat mich bewegt, diesen Aufsatz
zu lesen?
Zur Ausgangslage der Schüler und der Klasse 7. Wie stehe ich zu meiner Klasse und zu
einzelnen Schülern?
5. Die Organisation der Freiarbeit 5.1 Das Umfeld der Klasse Ideal wäre, wenn die Freiarbeit von ganzen Umfeld der Klasse getragen würde. Zum Umfeld gehören die Arbeitskollegen, der Rektor, der Hausmeister, die Schule und die Eltern. Wenn Sie die Eltern von Ihrer Arbeit überzeugen können, dann erlangen Sie einen Bonus. Viele Eltern sind dann sogar bereit, aktiv an der Erstellung von Freiarbeitsmaterialien mitzuhelfen. Das Überzeugen der Eltern gelingt im Regelfall jedoch nur, wenn die Schüler hinter Ihrer Person und der Methode stehen. Im Idealfall arbeiten mehrere Kollegen von verschiedenen Fächern zusammen. Dann besteht die Möglichkeit, die Freiarbeit fächerübergreifend anzulegen. Zur Materialerstellung können die Schüler beteiligt werden. Werden Stunden von mehreren Fächer zusammengelegt, besteht die Möglichkeit, eine Unterrichtseinheit im Block zu unterrichten. Außerdem kann es von Vorteil sein, feste und regelmäßige Freiarbeitsstunden innerhalb des wöchentlichen Stundenplanes fest einzuplanen. Das Gewinnen der Akzeptanz von Kollegen ist oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Viele sperren sich gegen eine derartige Unterrichtsform, welche traditionelle und vielerorts festgefahrene Meinungen in Frage stellt. Leider sind viele Lehrer und Lehrerinnen nicht bereit, eigene Positionen neu zu überdenken, da sich ihr Unterrichtsprinzip schon längst bewährt hat, auch wenn es auf Ablehnung bei den Schülern stößt. Ich schlage hierfür zwei mögliche Wege vor: 1. Arbeiten Sie mit den Kollegen so offen
und kooperativ wie möglich. Dann fühlt sich niemand übergangen
und ausgegrenzt. Die kooperative Vorgehensweise ist jedoch nur bei einem
halbwegs offenen Kollegium möglich.
5.2 Methodische Überlegungen 5.2.1 Handlungsformen und soziales Lernen Die Aufstellung eines Planes zu Beginn des Schuljahres, welcher Überlegungen zur zeitlichen und methodischen Organisation für das laufende Schuljahr in einer Klasse beinhaltet, ist sehr sinnvoll. Die Umstellung von herkömmlichem Unterricht auf selbstverantwortende Arbeitsformen ist auch für die Schüler eine erhebliche Umstellung, vor allem dann, wenn sie derartige Arbeitsformen nicht gewohnt sind. Die Öffnung des Unterrichts beginnt nicht mit der Freiarbeit, sondern sie sollte schon vorher stattfinden. Eine wichtige Sozialform ist der Gesprächskreis oder Stuhlkreis. Hier tauschen die Schüler und Schülerinnen ihre Erlebnisse des vergangenen Wochenendes aus, sie kommen miteinander ins Gespräch und berichten sich über aktuelle Interessen und Gefühlsbeziehungen. Die durch den Gesprächskreis zustande kommende Atmosphäre einer gegenseitigen Verbindlichkeit und von Vertrauen wirkt sich sehr positiv auf die Lehrer-Schüler-Beziehung und auf die Schüler-Schüler-Beziehung aus, die beste Grundlage für das Gelingen des nachfolgenden Unterrichts. Eine weitere Sozialform, welche sich zur Öffnung des Unterrichts eignet, ist die Partner- oder Gruppenarbeit. Die Schüler übernehmen kleinere Aufgaben, welche sie zusammen mit anderen vorbereiten sollten. Aufgabenstellungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten führen zu einer Differenzierung, welche ein wichtiger Bestandteil der Freiarbeit ist. Ausgehend von dem Leitgedanken, dass Lernen immer individuell ist - gebunden an Gemeinschaftserfahrung - gestattet eine Differenzierung dem Lernenden,
1. Im „Heft für Unterrichtsmitschriebe“
tragen die Schüler Tafelanschriebe und Unterrichtsinhalte,
welche frontal vermittelt wurden, ein.
In einer Klasse, welche die Freiarbeit nicht gewohnt ist, empfiehlt es sich auch, mit einem Lernzirkel einzusteigen. Der Lernzirkel ist eine freie Arbeitsform des Lernens in Stationen. Die Aufgaben der Stationen sollten nicht mehr als eine Viertelstunde in Anspruch nehmen. Bei der Freiarbeit können sich Schüler mit einem Posten auch mehrere Stunden beschäftigen, wenn er ansprechend gestaltet ist. Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist die
wichtigste Grundlage für das Gelingen der Freiarbeit (Näheres
siehe im Kapitel „Vorbereitete Umgebung, Lehrerpersönlichkeit“). Wichtig
ist auch die Vernetzung aller unterrichtlichen Aktionsformen. Gelingt das
Gespräch im Frontalunterricht nicht, werden sich voraussichtlich auch
bei der Freiarbeit Schwierigkeiten ergeben. Andererseits kann aber gerade
die Freiarbeit dazu beitragen, den „herkömmlichen“ Unterricht positiv
zu beeinflussen.
5.2.2 Fachliche Vorbereitungen Der Einsatz der Freiarbeit im fachlichen Zusammenhang zu einer Unterrichtseinheit kann im naturwissenschaftlichen Unterricht unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen: Die Freiarbeit kann:
Bei der Durchführung von Freiarbeit können Umgangsregeln erarbeitet werden. Diese lauten beispielsweise:
5.2.4 Lernkontrolle durch Arbeitsplan und Arbeitsheft Die Lernkontrolle wird durch einen Arbeitsplan, welcher im Raum aushängt, und durch das Arbeitsheft gesteuert. Am Lehrertisch befindet sich ein Korb, in den fertige Arbeiten gelegt werden können. Im Arbeitsheft sollen die Schüler folgende Einträge verbindlich vornehmen: 1. Titelblatt, Inhaltsverzeichnis 2. Einzelberichte: Tagesprotokoll:
Datum, Name des Postens, Zeitdauer
3. Abschlussbericht: nach Abschluss der Freiarbeitseinheit Im Abschlussbericht reflektieren die Schüler über die Unterrichtseinheit:
Zur Lernkontrolle gehören auch regelmäßige „Fixpunkte“ in Form eines Gesprächs. In diesen Gesprächen können folgende Inhalte zur Sprache kommen:
5.2.6 Der Einstieg Sobald die pägagogisch-methodische Vorbereitungsphase abgeschlossen ist, kann die Freiarbeit beginnen. Zur Einführung ist eine Vorbereitungsstunde, die eine Woche vor dem tatsächlichen Beginn liegen sollte, empfehlenswert: 1. Zuerst stelle ich den Schülern
die Materialposten, welche in einem Schrank numerisch geordnet
sind, vor. Die Aufmerksamkeit der Schüler richtet sich dadurch schon
zu Beginn auf das Material.
Durch diese Vorgehensweise wird die Spannung
auf die erst in einer Woche beginnende Freiarbeit erhöht und Zielstrebigkeit
erreicht. Es genügen dann in der Regel nur noch kurze Hinweise, bevor
die Freiarbeit wirklich beginnt und der Schrank aufgeschlossen wird. Die
Gruppeneinteilung sollte dann aber geregelt sein. Die Ankündigung
zum Beenden einer Freiarbeitsstunde erfolgt etwa 5 Minuten vor dem tatsächlichen
Ende, damit die Gruppen genügend Zeit haben, um eine begonnene Arbeit
abzuschließen und aufzuräumen bzw. das Material auf Vollständigkeit
zu überprüfen.
6.1 Die Lehrkraft als Beraterin, Vermittlerin und Entfalterin Die Lehrkraft ist ganz wesentlich am Geschehen der Freiarbeit beteiligt. Nur wenn sich eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung bereits entwickelt hat, ist Freiarbeit überhaupt möglich. Nach Montessoris Leitsatz „Hilf mir es selbst zu tun!“ ist die Lehrkraft Entfalterin derjenigen Möglichkeiten, welche im Kind verborgen sind. Sie schafft die vorbereitete Lernumgebung zur Entfaltung des Lernenden. Ausgehend von der Vorstellung, dass jeder Mensch bereits einen Bauplan in sich habe, ist das Erwecken der still schlummernden Kräfte im Menschen oberstes Ziel im Unterricht der Freiarbeit. Die Lehrkraft berät die Schüler auf Wunsch oder nach eigenem Ermessen bei fachlichen und inhaltlichen Fragen, in Konfliktsituationen und bei Problemen der Schüler. Obwohl sie sich bei der Freiarbeit stark zurücknimmt und die Schüler sich vorwiegend direkt mit dem Material und den Inhalten beschäftigen, wird sie nie aus der Rolle der Vermittlerin von fachlichen Inhalten einerseits und kulturellen Normen andererseits aussteigen. Sie sorgt, zusammen mit den Schülern, dafür, dass Umgangsregeln eingehalten werden und dass etwas gearbeitet wird. Sie sucht geeignetes Material für die Freiarbeit aus und stellt es zur Verfügung. Sie bleibt Ansprechpartnerin für fachliche Fragen und Probleme. Bei Freiarbeit gilt natürlich das Gebot: zurückhaltend, viel Freiräume eingestehend, aber dennoch konsequent im Äußern von Erwartungen. In der Freiarbeit ist die Lehrkraft mit ihrer ganzen Person gefordert. Sich in Schüler hineinversetzen zu können ist eine Grundvoraussetzung. Sie muss merken, wann sie sich zurücknehmen muss und wann welche Probleme auftauchen. Eine Voraussetzung für das Sich-zurücknehmen-Können ist die Fähigkeit, andere Personen unabhängig von seiner eigenen, egozentrischen Sichtweise sehen zu können. Sie braucht eine ganze Portion Selbstkritik- und Selbstreflexionsfähigkeit. Dadurch wird sie lernfähig und kann selbst zur Lernenden werden. Sie wird unabhängig von äußeren Abhängigkeiten, wenn sie ihre persönlichen Schwächen und „Schattenseiten“ kennt. Trotz allem werden Lehrer und Lehrerinnen
Menschen mit Schwächen bleiben. Aber sie sollten auf jeden Fall Fachmann
und Fachfrau für das Lehren und Lernen sein und kompetent genug, um
Konfliktsituationen zu meistern. Wie man Konflikte analysiert und auf kooperativem
Weg löst, können Sie in meinem Beitrag
zur Konfliktbewältigung nachlesen.
6.2 Der Raum Die Beziehung der Schüler zu dem sie beim Lernen umgebenden Raum wird oft unterschätzt. Ein Raum, in dem sich Schüler wohl fühlen, wirkt sehr positiv auf die Entwicklung der Schüler. Der Raum ist am Lernklima und am Klassenklima maßgeblich beteiligt. Ein enger, steriler Fachraum mit festgeschraubten Tischen wirkt auf Lernprozesse stark einengend. Die Grundregel für einen „idealen“ Raum bei der Freiarbeit lautet: Die Schüler sollen sich im Raum frei bewegen und trotzdem einen Platz haben, zu dem sie sich zurückziehen und ungestört arbeiten können. Ein Raum für die Freiarbeit im naturwissenschaftlichen Unterricht könnte folgendermaßen aussehen:
6.3 Das Material An das Material, mit welchem die Schüler arbeiten, sollten bestimmte Ansprüche gestellt werden:
Das Übersichtsplakat, welches neben
dem Arbeitsplan an der Schranktür hängt, informiert kurz über
den Inhalt und den Aufgabenbereich jedes einzelnen Materialpostens. Es
wird von den Schülern vor jeder Materialauswahl gelesen. Die Lehrkraft
sollte sich auch überlegen, ob die Durchführung aller oder einer
Mindestanzahl der Materialposten verpflichtend ist.
7.1 Auswertung der Arbeit Eine Zwischenbilanz wird von den Schülern in den immer wieder die Freiarbeit unterbrechenden Gesprächen gezogen. Sie berichten kurz über ihre bisherige Arbeit und stellen erste Ergebnisse vor. Die Einführung der Freiarbeit im naturwissenschaftlichen Unterricht im Gesamtzusammenhang könnte sich folgendermaßen darstellen: 1.-4. Unterrichtswoche:
5. Unterrichtswoche: doppelstündiger Lernzirkel (z. B. „Der Stoffparcours“) 6.-8. Unterrichtswoche: Unterricht wie zu Beginn ab 9. Unterrichtswoche: Freiarbeitseinheit z.B. Thema „Wasser“ oder „Feuer“ In einer Auswertungsstunde am Ende jeder Freiarbeitseinheit lesen sich die Schüler gegenseitig aus ihren Berichten vor und äußern Anregungen zu den einzelnen Posten. Die Berichte werden eingesammelt und durchgelesen. Sollen sie beurteilt werden, gelten folgende Kriterien:
7.2 Handlungsorientierung Die Schüler sollten immer wieder ermuntert werden, eigenes Material oder eigene Freiarbeitsposten zu basteln und herzustellen. Eine wirkliche Handlungsorientierung ist nur erreicht, wenn eine getane Arbeit zu einer längerfristigen Veränderung innerhalb und außerhalb des Unterrichts führt. Unter Veränderung ist jede Form einer neuen Erkenntnis oder eines Lernzuwachses im Sinne des hermeneutischen Zirkels zu verstehen. Nach John Dewey ist ein „Denkakt“, und im übertragenen Sinne ein Lernabschnitt, erst dann abgeschlossen, wenn er in der Wirklichkeit überprüft und praktisch erprobt wurde. Der in der Freiarbeit stattfindende Lernprozess
sollte innerhalb und außerhalb des Unterrichts zu Veränderungen
führen. Wenn die Schüler beginnen, selbst Material herzustellen
und den Unterricht mit ausgestalten, hat eine Veränderung im Sinne
Deweys stattgefunden.
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