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Höhlenmalerei
 
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Die Höhlenkunst ist das älteste Zeugnis für die Verwendung von Pigmenten und Bindemitteln. Sie entstand in der Steinzeit mit dem Ausgang der Eiszeit, einer Klimaperiode, in der weite Teile Europas mit Gletschern überzogen waren. Der Eingang der Grotte Cosquer in Südfrankreich liegt heute unter dem Meeresspiegel. Dies beweist, dass mit der Erwärmung des Klimas viel Eis abgeschmolzen ist und der Meeresspiegel anstieg. Die meisten Fundorte in Europa befinden sich in Frankreich (150 Orte), gefolgt von Spanien (128) und Italien (21). Auch aus Afrika und den anderen Kontinenten sind Funde bekannt.
  
 
Material Techniken Funktion Fundstellen Zeitdatierungen
    
Verwendete Pigmente und Bindemittel 
Farbe wurde mit Hilfe von Erdfarben, Gesteinen oder Erzen hergestellt. Sind in den Gesteinen Eisenoxide oder Eisenhydroxide enthalten, dann sind sie rot gefärbt. Gelbe Gesteine enthalten Goethit oder Ton. Brauneisenerz diente zur Gewinnung von braunen Farbtönen. Schwarze Pigmenten ließen sich aus Mangandioxid, aus der Kohle von Knochen, aus Horn und Zahnbein oder aus der Holzkohle des Wachholders gewinnen. Zur Verbesserung der Haftfähigkeit auf der rauen Felsoberfläche mischten die Künstler der Steinzeit Kalk und Wasser als Bindemittel zu den Pigmenten. Der Kalk bildete Kristalle, die das Pigment dauerhaft umhüllten. Auch pflanzliche Harze und Blut wurden als Bindemittel verwendet. Meistens vermischten die Maler aber nur ein Pigmentpulver mit Wasser und trugen diese Paste auf den Fels auf. Im Laufe der Zeit tränkte das Sickerwasser aus der Felswand die Farbkunstwerke. Das darin gelöste Calciumhydrogencarbonat zersetzte sich beim Verdunsten des Wassers zu Kohlenstoffdioxid und Kalk. Letzterer bildete einen Kalksinter in den Farbschichten, der das Kunstwerk extrem dauerhaft konservierte.
   
Techniken 
Die Felszeichnungen handeln meist von Tieren und Menschen, wobei Pferde und Wisente den Hauptanteil ausmachen. Zeichen und unbestimmte Linien ergänzen die Vielfalt der Felskunst, die auch als „Kunst einer Jagdkultur“ bezeichnet wird. Striche und Punkte wurden mit der gefärbten Fingerspitze oder mit Pinseln aus Tier-Haar gezeichnet. Bei der Versprüh-Technik zerrieb man das Pigment zu einem feinen Pulver, das mit dem Mund oder mit Hilfe eines Röhrchens auf die Wand gesprüht wurde. Hielt der Künstler eine Hand dazwischen, entstanden durch diese Schablonentechnik Handnegative. In der Grotte Chauvet wurde auch die Verwisch-Technik angewandt. Flachreliefe entstanden durch das Abmeiseln der umliegenden Fläche. Die wahre Meisterschaft der Höhlenkünstler bestand darin, dass sie die dreidimensionale Wirkung von Rissen und Vorsprüngen des Felsuntergrundes in das Bild mit einbezogen. 
 
 
Gepunktete Pferde aus Peche Merle
  
Zeichnung Thomas Seilnacht
 
    
Funktion und Bedeutung der Malereien 
Für manche stellte die Kunst wohl eine Verschönerung des Wohnraumes dar, doch sie hatte auch eine andere Bedeutung: Das Auffinden von künstlerisch bearbeiteten Kultgegenständen wie Zähne oder Knochen und die Tatsache, dass sich viele Höhlenbilder an Stellen mit einer besonders guten Akustik befinden, lässt auf eine kultische und religiöse Bedeutung der Höhlenkunst schließen. Die Australischen Ureinwohner haben ihre Kultur bis in die heutige Zeit erhalten. Sie gibt Aufschluss über die religiöse Bedeutung der Höhlenkunst. Nach ihren Vorstellungen sind in den Felsbildern die Seelen der dargestellten Wesen erhalten und können durch das Malen, Berühren und durch das Abhalten von Kulthandlungen in den Höhlen zu neuer Verkörperung und Fruchtbarkeit angeregt werden. Die geometrischen Zeichen auf den Felsbildern in Südfrankreich sind Tiersymbole, die auch auf Kulthölzern angebracht wurden. Die Symbole sollen die Förderung der Fruchtbarkeit und des Jagderfolgs durch die symbolische Kraft des Zeichens in besonderem Maße anregen. Um dies zu verdeutlichen wurden die Tiere mit „Lebenslinien“ versehen: Innere Organe, Herz, Lunge, Magen fasste man zu einer Linie zusammen. 
  
 
Tiermensch aus Les Trois Frères
 
Zeichnung Thomas Seilnacht
 
 
Die älteste fassbare Religion der Menschheit ist der Schamanismus. Sie entstand in der Zeit, als die Jagd für den Menschen von zentraler Bedeutung war. Auf manchen Höhlenbildern zeigen sich Darstellungen von Menschen, die in Tierhäute eingehüllt sind oder als Kopfaufsatz Geweihe oder Tierkappen tragen. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um die Darstellung von Schamanen. Nach der alten Vorstellung besaß der Schamane zu den Tierseelen und zu den Naturkräften eine besonders enge Verbindung. Er konnte durch das Malen von Felsbildern oder auch durch das Schlagen von Trommeln in Trance auf die Geister und Tierseelen einwirken, sie zur Fruchtbarkeit anregen oder die Naturkräfte zur Anwendung von Heilungen benützen. 
    
Fundstellen in Europa 
Dass die Steinzeitmenschen Kunstwerke schufen, ist dem modernen Menschen erst seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts bewusst. Die im Jahr 1880 entdeckte Höhlenkunst in der spanischen Höhle von Altamira wurde zuerst nicht als Steinzeitkunst anerkannt. Erst nach und nach führten weitere Entdeckungen zu einer wissenschaftlichen Akzeptanz. Im Jahr 1940 entdeckten spielende Kinder in der Nähe des Ortes Montignac in der Dordogne einen Zugang zu der Höhle von Lascaux, die in einer Gesamtausdehnung von über 100 Metern Bilder von zahlreichen Pferden, Rindern, Wisenten, Katzen und Steinböcken enthält. Diese Höhle kann heute zu ihrem eigenen Schutz nicht mehr besichtigt werden. Stattdessen werden die Besucher in eine originalgetreue Kopie der Höhle geführt. 
  
Altamira 
(Kantabrien/Spanien, 14000 bis 9500 Jahre) 
  
Die Höhlen von Altamira liegen 30 Kilometer westlich von Santander und sind die wohl bedeutendsten Zeugnisse der paläolithischen Kunst Spaniens. Ein Jäger fand im Jahr 1869 die Höhle zufällig. Die Malereien wurden erst 10 Jahre später entdeckt. In der 270 Meter langen Höhle befinden sich ungefähr 930 Malereien oder Gravierungen. Die meist mehrfarbigen Darstellungen zeigen an den Wänden und Decken überwiegend Bisons, Pferde, Wildschweine und Hirsche. Die Original-Höhle kann nur mit einer Sondergenehmigung besichtigt werden. Im Deutschen Museum in München befindet sich eine Kopie der Höhle. 
 
 
Höhlenmalereien in Altamira
   
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links: Wisent, rechts: Pferd und Auerochse aus Altamira
 
 
Grotte Lascaux 
(Montignac/Dordogne, 15000 bis 9000 Jahre) 
  
Die Höhle wurde von dem siebzehnjährigen Marcel Ravidat und drei seiner Kameraden im Jahre 1940 zufällig entdeckt. Die Höhle zeigt eine außergewöhnliche Vielfalt an Darstellungen von Tieren. Man findet Bisons, Auerochsen, Pferde, Hirsche, Steinböcke, Rentiere, Nashörner, Löwen, Bären und Mammuts. Die Original-Höhle wurde 1963 für die Öffentlichkeit geschlossen, da grüne Algen die Höhlenkunstwerke überwucherten und viele Besucher Beschädigungen anrichteten. Heute können die Besucher in der Nähe eine Kopie besichtigen. 
  
Grotte Chauvet 
(Vallon Pont d’Arc/Südfrankreich, 31500 Jahre) 
  
Einen vorläufigen Höhepunkt in der Forschung stellte die Entdeckung der Grotte Chauvet im Vallon Pont d’Arc in Südfrankreich durch die Höhlenforscher Chauvet, Deschamps und Hillaire am 18. Dezember 1994 dar. Die heute für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Höhle gilt zugleich als die bisher älteste und bedeutendste Bilderhöhle aller Höhlenkunstwerke. Im Inneren der Höhle befinden sich mehrere ausgedehnte Wandgemälde mit großflächigen und ausladenden Darstellungen von Tieren und Tiergruppen. Die Fähigkeit der ausführenden Künstler zur Abstraktion und Bildgestaltung zeugt von einer hohen künstlerischen Qualität. Die Anordnung der Löwen- und Pferdeköpfe ist sehr außergewöhnlich. Die Höhle ist nicht frei zugänglich. 
 
 
Höhlenmalereien in der Grotte Chauvet
   
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links: Löwenköpfe; rechts: Pferdeköpfe in der Grotte Chauvet (Zeichnungen T. Seilnacht)
 
 
Felsgravierungen in Skandinavien 
(Bronzezeit, 4000 bis 3000 Jahre) 
  
An zahlreichen Orten Skandinaviens finden sich Felsgravierungen, die über das damalige Wirtschaftssystem Zeugnis geben. Sie handeln von der Viehzucht, vom Ackerbau, vom Fischfang, von der Jagd oder von der Seefahrt. In Bohuslän in Schweden kann man an zahlreichen Orten die Felsgravierungen besichtigen. Sie liegen oft an Wasserläufen und wenden sich zur Sonne hin. Ob die Gravierungen früher schon mit Farbe ausgefüllt waren, ist nicht bekannt. Die Farbe wurde zur Kontrastverbesserung nachträglich hinzugefügt. 
  
 
 Felszeichnungen in Schweden
   
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 links: Sonnensymbol in Aspeberget; rechts: Schiff in Aby
 
  
Auf der schönsten Sonnendarstellung Skandinaviens in Aspeberget sind Frauen mit langen Haarzöpfen sehen. Die Sonne war bei den Völkern Skandinaviens ein Symbol der Fruchtbarkeit und Ergiebigkeit. In der Nähe der Felsgravierungen von Aspeberget kann man ein Museum besuchen. In Aby findet man mehrere Gravierungen von Schiffen, die mit Männern beladen sind. Auf dem Bild oben rechts sieht man, wie die Männer Äxte und Speere nach oben halten. Die Felsgravierungen liegen in der Nähe des Tierparks Nordens Arks und sind leicht zu besichtigen. 
   
 Zeitdatierungen  
Das Alter der Grotte Chauvet wurde mit Hilfe der Radiokarbonmethode auf etwa 31500 Jahre datiert. Das Prinzip dieser Methode beruht auf der Messung der Kohlenstoff-Isotope aus zersetztem Material ehemaliger Lebewesen. In der oberen Erdatmosphäre entsteht aus dem Stickstoff-Isotop N-14 durch Neutronen-Beschuss aus der kosmischen Strahlung das radioaktive Kohlenstoff-Isotop C-14. Dieses gelangt in den Kohlenstoff-Kreislauf der Erde und macht einen winzigen Anteil des in der Atmosphäre vorkommenden Kohlenstoffdioxids aus. So gelangt es in die Lebewesen und in den Nahrungskreislauf. Solange die Lebewesen leben, hält sich bei Ihnen das Verhältnis zwischen den Isotopen C-14 und C-12 in einem Gleichgewicht.
 
 
 

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Mit dem Tod wird kein Kohlenstoff mehr aufgenommen. In den Zersetzungsprodukten der Lebewesen sinkt der Anteil des radioaktiven Isotops C-14, während das stabile Isotop C-12 erhalten bleibt. Die Halbwertszeit von C-14 beträgt 5730 Jahre. Innerhalb dieses Zeitraums hat sich die Hälfte des Isotops C-14 durch radioaktiven Zerfall zum stabilen Stickstoff-Isotop N-14 umgewandelt. Das Verhältnis von C-14 zu C-12 nimmt in dem aus den ehemaligen Lebewesen gebildeten Kohlenstoff ab. Aus dem Verhältnis lässt sich anhand einer aktuellen Vergleichsprobe das Alter des ehemaligen Lebewesens bestimmen. Die Genauigkeit beträgt etwa 1000 Jahre. Nach einer bestimmten Zeit ist nicht mehr genügend C-14 vorhanden, um es mit analytischen Methoden nachweisen zu können: Nach der Radiokarbonmethode ist eine Altersbestimmung bis maximal 57300 Jahre möglich.
   
Weitere Infos
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