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Gedichte zur Farbe Blau

Ägypten Mörike Eichendorff Allmers
Rilke Heym Trakl Redewendungen
   

Ägyptische Sonnenhymne
  
Sei gegrüßt, der du im Urwasser aufgeht!    
Bei deinem Anblick frohlocken die Götter.    
Erscheine doch in deiner Sonnenbarke,    
wenn der Himmel dir zur Seite erglänzt    
im Blau des Lapislazulis.    
Die Himmlischen preisen dich,    
alle Herzen jubeln bei deinem Anblick.    
Der Himmel ist voller Gold    
wegen deiner Schönheit,    
der Urozean ist aus Lapislazuli    
weil du in ihm aufgehst.
 
 
  
Eduard Mörike: Er ist's
   
Frühling läßt sein blaues Band 
Wieder flattern durch die Lüfte 
Süße, wohlbekannte Düfte 
Streifen ahnungsvoll das Land 
Veilchen träumen schon, 
Wollen balde kommen 
– Horch, von fern ein leiser Harfenton! 
Frühling, ja du bist's! 
Dich hab' ich vernommen!
 
 
 
 
Joseph von Eichendorff: Aus Jugendandacht (1841)
   
Was wollen mir vertraun die blauen Weiten, 
Des Landes Glanz, die Wirrung süßer Lieder, 
Mir ist so wohl, so bang! Seid ihr es wieder 
Der frommen Kindheit stille Blumenzeiten? – 
  
Wohl weiß ich's – dieser Farben heimlich Spreiten 
Deckt einer Jungfrau strahlend reine Glieder; 
Es wogt der große Schleier auf und nieder, 
Sie schlummert drunten fort seit Ewigkeiten. 
  
Mir ist in solchen linden, blauen Tagen, 
Als müßten alle Farben auferstehen, 
Aus blauer Fern sie endlich zu mir gehen. 
  
So wart ich still, schau in den Frühling milde, 
Das ganze Herz weint nach dem süßen Bilde, 
Vor Freud, vor Schmerz? – ich weiß es nicht zu sagen. 
 
 
 
 
Hermann Allmers: Feldeinsamkeit (1852)
 
Ich ruhe still im hohen grünen Gras   
sende lange meinen Blick nach oben,   
Grillen ringsumschwirrt ohn' Unterlass,   
Himmelbläu wundersam umwoben.   

Und schöne weiße Wolken ziehn dahin   
durch's tiefe Blau, wie schöne stille Träume; –   
mir ist, als ob ich längst gestorben bin,   
und ziehe selig mit durch ew'ge Räume.  

 
 
 
  
Rainer Maria Rilke: Blaue Hortensie (1906)
   
So wie das letzte Grün in Farbentiegeln 
sind diese Blätter, trocken, stumpf und rauh, 
hinter den Blütendolden, die ein Blau 
nicht auf sich tragen, nur von ferne spiegeln. 

Sie spiegeln es verweint und ungenau, 
als wollten sie es wiederum verlieren, 
und wie in alten blauen Briefpapieren 
ist Gelb in ihnen, Violett und Grau; 

Verwaschenes wie an einer Kinderschürze, 
Nichtmehrgetragnes, dem nichts mehr geschieht: 
wie fühlt man eines kleinen Lebens Kürze. 

Doch plötzlich scheint das Blau sich zu verneuen 
in einer von den Dolden, und man sieht 
ein rührend Blaues sich vor Grünem freuen.

 
 
 
 
Georg Heym: Träumerei in Hellblau
   
Alle Landschaften haben 
Sich mit Blau gefüllt. 
Alle Büsche und Bäume des Stromes, 
Der weit in den Norden schwillt. 

Blaue Länder der Wolken, 
Weiße Segel dicht, 
Die Gestade des Himmels in Fernen 
Zergehen in Wind und Licht. 

Wenn die Abende sinken 
Und wir schlafen ein, 
Gehen die Träume, die schönen, 
Mit leichten Füßen herein. 

Zymbeln lassen sie klingen 
In den Händen licht. 
Manche flüstern, und halten 
Kerzen vor ihr Gesicht.

 
 
 
 
Georg Trakl: Rondel (1913)
   
Verflossen ist das Gold der Tage, 
Des Abends braun und blaue Farben; 
Des Hirten sanfte Flöten starben, 
Des Abends braun und blaue Farben; 
Verflossen ist das Gold der Tage.
 
 
 
 
Redewendungen
 
 „Blau machen“ (von der Arbeit fernbleiben)  
 „Der blaue Planet“ (unsere Erde aus dem Weltall betrachtet)  
 „Blau sein“ (betrunken sein)  
 „Das Blaue vom Himmel herunter versprechen“ (Unmögliches versprechen)  
 „Das Blaue vom Himmel herunterlügen“ (lügen)  
 „Das Blaue vom Himmel herunterreden“ (viel reden)  
 „Ins Blaue hinein gehen“ (ohne klare Zielvorstellung etwas machen)  
 „Sich grün und blau ärgern“ (sich furchtbar ärgern)  
 „Grün und blau schlagen“ (gehörig verprügeln)  
 „Grün und blau vor den Augen werden“ (übel werden, Seekrankheit)  
 „Mit einem blauen Auge davonkommen“ (glimpflich davonkommen)  
 „Blaues Blut in den Adern haben“ (adlige Herkunft)  
 „Blauen Dunst vormachen“ (etwas vorgaukeln)  
 „Sein blaues Wunder erleben“ (große, unangenehme Überraschung)
 
 
Diese Texte sind gemeinfrei, da die Verfasser mehr als 70 Jahre tot sind.
 

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