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Historische Aspekte der Seifenherstellung
unter Einbeziehung natürlicher Rohstoffe
  
Der Gebrauch seifenähnlicher Produkte im Altertum  
  
Eines der ältesten bekannten Rezepte ist von den Sumerern um 2500 vor Christus überliefert. Auf einer in Keilschrift verfassten Tontafel wird die Herstellung eines seifenähnlichen Rezeptes aus Öl und Pottasche beschrieben. Die Pottasche wurde vermutlich durch das Verbrennen von Dattelpalmen oder Nadelbaum-Zapfen und dem nachfolgenden Auslaugen der Asche gewonnen. Allerdings diente das Produkt im Altertum zunächst nur als medizinisches Heilmittel bei Hautkrankheiten oder als Haarpomade. Im alten Ägypten gewann man alkalireiche Stoffe aus sodahaltigen Seen. Die Ägypter wuschen die Wäsche, in dem sie diese mit den sodahaltigen Substanzen tränkten und mit Keulen schlugen:  
   



Altägyptisches Wandbild: Sklaven schlagen Wäsche mit Keulen
   
  

Der römische Gelehrte Plinius der Ältere (gestorben 79 nach Christus) beschrieb in seinem Werk Historia naturalis die Benutzung eines seifenähnlichen Produkts („rutilandis capillis“) bei den Galliern und Germanen. Die Römer wuschen sich zunächst nicht mit Seife, sondern verwendeten beim Waschen der Haut Bimsstein als Scheuermittel. Die Wäsche reinigten sie mit einem ammoniakhaltigen Fäulnisprodukt des Urins. Seife wurde in Rom erst ab dem 2. Jahrhundert eingesetzt. Der römische Arzt Galenos von Pergamon (129–199 nach Christus) berichtete von der Herstellung von Seife (lat. sapo) aus Fett, Aschenlauge und Kalk. Es brauchte dann aber einige Zeit, bis sich die Seife als Reinigungsmittel durchsetzte. Die ersten Seifen der Seifensieder wurden im 4. Jahrhundert aus Ziegenfett und aus den aus Buchenasche gewonnenen Alkalien hergestellt.  
   

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Die Verwendung von Seifenkraut Saponaria officinalis lässt sich bis in der Keltenzeit zurückverfolgen. Die anspruchslose Pflanze wächst fast überall in Mitteleuropa; sie enthält vor allem in der Wurzel Saponine. Diese bilden mit Wasser seifenartige Lösungen, die kräftig schäumen und gleichzeitig reinigend wirken. Chemisch gehören die Saponine zu den pflanzlichen Glycosiden. Auch Kastanien enthalten einen hohen Anteil an Saponinen.  
  

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Die Wäsche lässt sich in einem Extrakt aus heißem Wasser und Seifenkrautwurzeln reinigen. Das Nachspülen mit Essig macht die Wäsche weich und geschmeidig. Das Seifenkraut ist auch eine alte Heilpflanze. In der Kräuterheilkunde wurden die Wirkstoffe bei Hautkrankheiten äußerlich eingesetzt. Innerlich eingenommen wirken die Saponine jedoch giftig.  
  
    
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In Indien ist der Gebrauch der Waschnuss als Reinigungsmittel schon seit Urzeiten bekannt. Der Waschnussbaum Sapindus mukorossi wird bis zu 15 Meter hoch, er blüht im März und April am Fuß des Himalayas. Nach neun Jahren trägt der Baum die ersten Früchte. Die Ernte der Waschnüsse findet im Herbst statt. Die gesammelten Nüsse werden geknackt, von den Kernen befreit und die so gewonnenen Schalen an der Luft getrocknet. Die Nussschalen und das Fruchtfleisch enthalten wie die Wurzeln des Seifenkrauts Saponine, die als traditionelles Waschmittel geeignet sind. Die Schalen und die ganzen Nüsse sind in Drogerien, Apotheken, Bioläden oder Internetshops als umweltfreundliches Naturprodukt erhältlich. Drei bis sieben Nüsse werden dabei einfach in einem Baumwollbeutel zur Wäsche in die Waschmaschinentrommel gelegt.  
   
  
Seifensiederei bei den Arabern und in den Zünften des Mittelalters   Die Araber brachten die Kunst des Seifensiedens im 7. Jahrhundert nach Andalusien. Als Rohstoffe verwendeten sie Olivenöl und die Asche von Meerespflanzen. Den Arabern gelang es auch, durch das Kaustifizieren von Pottasche mit gelöschtem Kalk Kalilauge oder mit Soda Natronlauge herzustellen. Ab dem 9. Jahrhundert entstanden daher auch in Sevilla und Alicante die ersten Seifenzentren.  
   
Im Mittelalter bildeten die Seifensieder ab dem 14. Jahrhundert eine eigene, handwerkliche Zunft. Da bei ihnen oft üble Gerüche entstanden, wurden sie oft vor die Stadtmauern verbannt. Die Städte Köln, Augsburg, Prag und Wien waren im Mittelalter bedeutende mitteleuropäische Handelsplätze für Seifen. Badhäuser waren im Mittelalter sehr beliebt. Mit dem Aufkommen der Pest wurde das Waschen mit Wasser jedoch zurückgestellt, da man den genauen Übertragungsweg der Seuche nicht kannte. Besonders in adligen Kreisen wusch man sich nur noch selten und setzte stattdessen auf die Trockenreinigung mit Parfüms und Puder. Als Folge vermehrten sich Flöhe und Läuse praktisch ungehindert. Erst im 17. Jahrhundert wurde diese irrige Meinung von den Ärzten wieder aufgegeben.  
   
  
Die Blütezeit der Seifenzentren bis ins 19. Jahrhundert  
   
Marseille galt schon früh als Hochburg der Seifenherstellung. Die Franzosen verbreiteten auch den Einsatz von Olivenöl zur Seifenherstellung bis nach England.

  
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Olivenbäume und blühender Mohn in der Provence.
  

Im Jahr 1688 wurde das Edikt von Colbert erlassen, das die Herstellung der Marseiller Seife („Savon de Marseille“) aus Olivenöl regelte und die Verwendung von tierischen Fetten verbot. Mit dieser Regelung erwarb sich die Stadt Marseille ein Gütesiegel, das die Marseiller Seife bis heute bewahrt hat. Das Olivenöl wird nach alter Tradition durch Pressen des Fruchtfleisches der Olive gewonnen. Der Olivenbaum Olea europaea wächst überall in Südeuropa. Das Öl der Steinfrucht ist reich an Fettsäuren. Außerhalb von Frankreich entwickelten sich in den oberitalienischen Städten Savona, Genua und Venedig blühende Handelszentren der Seifenindustrie. In Deutschland waren es zu dieser Zeit die Städte Hamburg, Stettin, Magdeburg und Berlin.  
    
 
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Lavendelfeld bei Sault (Provence).  
  

Die Verarbeitung der provenzialischen Rohstoffe zu Parfümen und Seifen fand natürlich auch in der Parfümstadt Grasse statt. Die etherischen Öle für die Düfte lieferten die großen Lavendelfelder in den Bergen der Provence, beispielsweise bei Sault am Fuße des Mont Ventoux. Das wohlriechende, reine etherische Öl wird durch eine Wasserdampfdestillation der frisch geernteten Lavendelblüten gewonnen. Die Blütenstände des echten Lavendels Lavandula angustifolia enthalten ein etherisches Öl, dessen Zusammensetzung je nach Pflanzensorte und Anbau-Art stark variiert. Das Öl riecht charakteristisch blumig bis süßlich und hat eine Dichte von 0,88 bis 0,90 Gramm pro Kubikzentimeter. Es besteht aus einer Mischung verschiedener Stoffe, die gute Qualität hat einen hohen Anteil an Estern. In der Provence wird häufig Lavandin angebaut, eine Kreuzung aus zwei Lavendelarten. Diese Pflanze ist größer, sie ergibt eine höhere Ausbeute, aber die Qualität des Öles ist nicht so gut.  
   

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Auch in der Parfümstadt Grasse wurde Seife hergestellt.
  

Das Aufkommen industrieller Verfahren im 19. Jahrhundert   Der schwedische Privatgelehrte und Apotheker Carl Wilhelm Scheele (1742–1786) gewann im Jahre 1783 erstmals Glycerin durch das Erhitzen von Olivenöl mit Bleioxid. Den süß schmeckenden Stoff nannte er zunächst „Ölsüß“. Der französische Chemiker Michel-Eugène Chevreul (1786–1889) untersuchte die chemischen Eigenschaften der Fette und Öle. Er legte im Jahr 1823 die Grundlage für die Aufklärung der chemischen Reaktion bei der Verseifung. Die Fette verbinden sich nicht direkt mit den Alkalien, sondern sie zerfallen zunächst in Fettsäuren und Glycerin, so seine Entdeckung. Im 18. und 19. Jahrhundert reichten die verfügbaren Mengen an Holzasche zur Seifenherstellung nicht mehr aus, was zu einem Raubbau an den Wäldern führte. Durch die synthetische Herstellung von Soda – nach dem Verfahren von Nicolas Leblanc im Jahre 1790 – konnte die Seife im 19. Jahrhundert günstiger und umweltfreundlicher produziert werden. Die großtechnische, noch heute angewandte Produktion von Soda gelang Ernest Solvay (1838–1922) im Jahre 1861.  
  

  
   

Die Einfuhr tropischer Pflanzenfette ab dem Jahr 1830 revolutionierte die Seifenherstellung. Das aus der Kokosnuss gewonnene Kokosfett erzeugt beim Verseifungsprozess eine Eigenwärme, die den Prozess erheblich beschleunigt (>siehe Kaltverfahren). Die Kokospalme Cocos nucifera blüht in Ostindien, Sri Lanka oder auf den Philippinen. Sie bringt jährlich etwa einen Ernteertrag von 50 bis 400 Kokosnüssen. Die Ernte erfolgt durch Palmkletterer oder mit Hilfe von dressierten Makaken-Affen.


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Kokospalme Cocos nucifera mit Kokosnüssen.


Nach der Ernte werden die Steinfrüchte getrocknet und aufgeklopft. Der hohle Kern der Kokosnuss ist mit einem ein bis zwei Zentimeter dicken Fruchtfleisch ausgekleidet. Nach dem Trocknen des Fruchtfleisches in der Sonne erhält man die sogenannte Kopra mit einem Fettgehalt von bis zu 70 Prozent. Durch Pressen und nachfolgende Extraktion mit reinem Hexan lässt sich reines Kokosfett gewinnen. Das seit 1894 unter dem Handelsnamen Palmin® erhältliche Kokosfett ist chemisch gehärtet und mit anderen Fetten vermischt. Dadurch ist es besonders hitzebeständig.


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Kokosfett und intakte Kokosnuss.  
  

Die Seife wurde allmählich ein Produkt, das einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich war. Heute gibt es aber nur noch sehr vereinzelte, meist kleinere Betriebe, die die Seife durch das Verseifen von Fetten und Ölen mit Laugen nach altem Rezept herstellen. In der Seifenstadt Marseille wird das traditionelle Verfahren bei der Herstellung der „Savon de Marseille“ noch heute angewandt. Bei der modernen, industriellen Seifenproduktion werden Fette durch eine Hydrolyse zunächst zu Fettsäuren umgewandelt und diese mit Soda zu Seife umgesetzt.  
   
   
Vollwaschmittel und Waschmaschinen im 20. Jahrhundert  
   
Im 20. Jahrhundert setzten sich die heute gebräuchlichen Vollwaschmittel durch. Ab 1880 kamen erste, aus verschiedenen Substanzen komponierte Waschmittel auf den Markt, so um 1878 „Henkels Bleichsoda“, ein Gemisch aus Soda und Natriumsilicat im Verhältnis 4 zu 1.


Bleichsoda


1907 erfand Fritz Henkel das Persil®. Es war aus Seifenpulver, aus Soda a
ls Enthärter-Substanz, aus Natriumperborat als Bleichmittel und aus Natriumsilicat (Wasserglas) als Stabilisator zusammengesetzt. Schon um 1932 war das erste, seifenfreie Feinwaschmittel („Fewa“) mit Fettalkoholsulfaten (FAS) erhältlich. Dieses Waschmittel war pH-neutral und eignete sich für das Waschen von empfindlichen Geweben wie Seide oder Wolle. In den 1930er Jahren waren auch erstmals Phosphate im Persil® enthalten, später ersetzten Polyphosphate das Soda als Enthärter, und weitere Hilfsstoffe wie optische Aufheller (1950), Parfüms (1954), Enzyme (1966) und Bleichaktivatoren (1977) kamen hinzu. Aufgrund der durch die Phosphate verursachten Umweltprobleme ersetzte man ab den 1980er Jahren diese durch die umweltfreundlicheren Zeolithe. Mit dem steigenden Umweltbewusstsein erschienen gleichzeitig auch erste Waschmittel nach dem Baukastensystem. In den 1980er Jahren kamen erstmals flüssige Waschmittel und in den 1990er Jahren die Kompaktwaschmittel auf den Markt. Durch den Einsatz von Tabletten, den  Tabs oder von Dosierbeuteln, den Flüssig-Tabs, konnte der Einsatz von Waschmitteln weiter optimiert und damit auch reduziert werden. Außerdem wurden zunehmend Tenside mit guter biologischer Abbaubarkeit entwickelt, beispielsweise die Fettalkoholsulfate (FAS) – diese konnten sich um 1930 noch nicht durchsetzen – oder die Alkylpolyglucoside (APG). Derartige Waschmittelkomponenten können zudem aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden.  
    
Die erste, serienmäßig hergestellte Trommelwaschmaschine konnte man ab 1912 kaufen. Dabei wurde die Wäsche beim Waschvorgang in einer großen Zentrifuge geschleudert. Davor wusch man die Wäsche in großen Waschtrögen unter dem Einsatz von Waschhilfsmittel wie Waschbürste, Waschbrett oder Wäschebleuel (eine Art Holzbrett). Die Wäschestücke wurden im Wasser zusammen mit dem Waschmittel in einer krafttreibenden Prozedur gerieben und geschlagen. So konnte man den Schmutz allmählich entfernen. Der Waschtag in der Waschküche oder im Waschhäuschen war mit einem enormen Arbeitsaufwand für die Frauen verbunden. Das Trocknen und Bleichen der Wäsche erfolgte an der Sonne. In Deutschland setzte sich die Trommelwaschmaschine erst nach dem Zweiten Weltkrieg während dem „Wirtschaftswunder“ in den 1950er Jahren für die breite Bevölkerungsschicht durch. Allerdings stellte der Einsatz von Waschmaschinen neue Anforderungen an ein Waschmittel. Auch elektrisch betriebene Wäschetrockner fanden zunehmend den Einzug in die modernen Haushalte.


Weitere Infos
Umgang mit Waschmitteln im Haushalt unter ökologischen Aspekten


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