Startseite  >>  Lexika  >>  Chemikerportraits

Carl Wilhelm Scheele
 
Scheele
 
geboren am 9. Dezember 1742 in Stralsund
gestorben am 21. Mai 1786 in Köping

 
Lebenslauf

Carl Wilhelm Scheele wurde am 9. Dezember 1742 als Sohn eines Kaufmannes und angesehenen Bürgers der Stadt Stralsund geboren. Im 18. Jahrhundert gehörte Vorpommern zu Schweden. Nach dem Besuch im Gymnasium ging Scheele 1757 nach Göteborg und machte bei dem Apotheker Martin Andreas Bauch eine Lehre. Dort studierte er mit großem Eifer die apothekeneigene Biblikothek und experimentierte mit zahlreichen Rohstoffen und Substanzen. 1765 wechselte Scheele mit einem Gesellenbrief in der Tasche nach Malmö und bekam eine Anstellung in der Apotheke des damals bekannten Apothekers P.M. Kjellström. 1768 zog Scheele nach Stockholm und 1770 nach Uppsala. In der Apotheke "Zum Wappen von Uppland" knüpfte er als Laborant erste Kontakte zu den Wissenschaftlern der Universität Uppsala, so auch zu dem Chemiker Torbern Olof Bergmann (1735-1784) und zu dem damals noch studierenden Johan Gottlieb Gahn (1745-1828). Zu beiden entwickelte sich später eine Freundschaft. In dieser Zeit erschienen auch die ersten Veröffentlichungen, die ihm die Anerkennung der Fachwelt einbrachten und später die Aufnahme in die Akademie der Wissenschaften ermöglichten.  
  
1777 hielt Scheele die Antrittsrede vor der Akademie der Wissenschaften in Stockholm. Der Chemiker erhielt darauf ein königliches Stipendium zur Unterstützung seiner Forschungen. 1782 baute er eine neue Apotheke mit einem besser augestattenen Labor und ein eigenes Wohnhaus. Bis dahin hatte der einstige Apothekergehilfe seine Forschungen in unzulänglichen Kellerräumen und Gartenschuppen vornehmen müssen. Zwei Tage vor seinem Tod am 19. Mai 1786 heiratete er seine Haushaltsgehilfin Sara Margarethe Pohl und machte sie so zu seiner alleinigen Erbin. Scheele litt vor seinem frühen Tode zunehmend an rheumatischen Erkrankungen, doch möglicherweise hatten auch Vergiftungen mit Chlor, Blausäure oder mit verschiedenen Arsenverbindungen der Gesundheit des Forschers schweren Schaden zugefügt.

Theorien und Werk

Die erste bedeutende Untersuchung von Scheele war eine Arbeit über den Weinstein (heute: ein Gemisch aus Kaliumhydrogentartrat und Calciumtartrat). Die Veröffentlichung darüber erfolgte in einer Abhandlung im Jahre 1770. Durch das Behandeln mit Schwefelsäure erhielt er die Weinsäure. Bis dahin ordnete man alle Stoffe aus pflanzlicher Herkunft, die einen sauren Charakter hatten, der Essigsäure zu. Scheele konnte beweisen, dass es neben der Weinsäure noch mehr andere Säuren gab, die man aus Pflanzensäften gewinnen konnte, beispielsweise die Citronensäure (1784), die Äpfelsäure (1785) und die Gallussäure (1786). Beim Erhitzen von Gallussäure erhielt er 1786 Pyrogallol (1,2,3-Trihydroxybenzol). Bei der Untersuchung von Harnsteinen stieß Scheele auf die Harnsäure (1776) und bei Experimenten mit saurer Milch entdeckte er die Milchsäure (1780). Auch gelang ihm zusammen mit Bergmann erstmals die Herstellung von Oxalsäure durch das Einwirken von Salpetersäure auf Zucker (1776). Diese Säure, die J.C. Wiegleb (1732-1800) im Jahr 1769 im Sauerklee entdeckt hatte, bekam daher zunächst den Namen "Zuckersäure" (Anmerkung: Der Name Zuckersäure wird heute für die Glucarsäure verwendet).  
  
Die Beschäftigung mit den in den Apotheken erhältlichen Rohstoffen führte 1783 auch zur Entdeckung des Glycerins. Bei der Einwirkung von Bleiglätte (Blei(II)-oxid) auf Olivenöl erhielt er eine süß schmeckende, ölige Flüssigkeit, die er zunächst "Ölsüß" nannte. Später konnte er zeigen, dass dieser Stoff auch in anderen Fetten und Ölen enthalten ist. Die Rolle des Glycerins bei der Seifenbildung erkannte Scheele noch nicht. Früher handelten die Apotheken auch mit Farbpigmenten, so hatte er Zugang zu dem von dem Berliner Farbenmacher Diesbach erfundenen Berliner Blau. Bei Experimenten mit Berliner Blau und mit gelbem Blutlaugensalz erhielt er durch die Behandlung mit verdünnter Schwefelsäure die flüchtige "Berlinerblausäure", die später Blausäure genannt wurde.  
  
Scheele hat eine ganze Reihe an weiteren, bedeutenden Substanzen hergestellt, entdeckt oder deren Zusammensetzung untersucht. Durch das Erhitzen von Schwefel in Wasserstoff konnte er Schwefelwasserstoff herstellen und bewies damit, dass Schwefel am Aufbau der Zusammensetzung dieses übel riechenden Gases beteiligt ist. 
  
Bei der Einwirkung von Chlor oder Königswasser auf Arsenik (Arsentrioxid) erhielt er die "Arseniksäure" (heute Arsensäure, H3AsO4), die bei der Zugabe von Zink das knoblauchartig riechende Gas Arsenwasserstoff entwickelte. Die extrem toxische Wirkung dieses Gases - es ist wesentlich giftiger als Blausäure - war dem Entdecker des Arsenwasserstoffs wohl noch nicht so bewusst. Durch die Reaktion von Arsensäure mit Kupfer erhielt er ein grünes Pigment, das unter dem Namen "Scheeles Grün" in den Handel kam. Scheeles Grün ist wie das später entwickelte "Schweinfurter Grün" ein Kupferarsenat und hochtoxisch. Beide Pimente sind heute als Malerfarbe verboten. 
 
Ein weiterer bedeutender Versuch gelang ihm, als er Salzsäure auf das Mineral Braunstein (heute: Pyrolusit) einwirken ließ und so ein stechend riechendes, gelbgrünes Gas erhielt. Der elementare Charakter des Chlors wurde jedoch erst im Jahre 1810 von Davy entdeckt.  
  
Bei diesen Experimenten fand Scheele im Braunstein eine neue unbekannte Erde (ein unbekanntes Oxid, heute: Manganoxid). Bis dahin hielt man die verschiedenen Braunstein-Minerale für Eisenverbindungen, Scheele konnte nachweisen, dass diese Minerale kein Eisen enthielten. Im Jahr 1774 gelang seinem Freund Gahn durch eine Reduktion des Pyrolusits mit Kohle die Darstellung von unreinem Mangan 
  
Im gleichen Jahr gelang es den beiden auch, aus Schwerspat (Baryt) durch Schmelzen mit Kohle und Alkalien ein weitere, bis dahin unbekannte Erde zu isolieren. Erst aber als Humphry Davy im Jahr 1808 daraus Barium elementar darstellen konnte, galt das entdeckte Element als nachgewiesen.  

Scheele war auch an der Entdeckung der Elemente Molybdän und Wolfram beteiligt. Aus dem Mineral "Tung Sten" (schwed. schwerer Stein) isolierte er 1781 die Wolframsäure. Den spanischen Studenten und Brüdern Fausto de Elhúyar (1755-1833) und Juan Jose de Elhúyar (1754-1796) war es dann vorbehalten, 1783 im Labor von Bergmann daraus elementares Wolfram herzustellen. Zu Ehren Scheeles wurde das Mineral "Tungstein" im Jahre 1820 in Scheelit umgetauft.  

Aus dem Mineral Molybdänglanz stellte Scheele durch das Erhitzen mit Salpetersäure eine weiße Erde her. Diese benannte er aufgrund seiner sauren Wirkung "acidum molybdaenae" (Molybdänsäure). Die erstmalige Herstellung des Elements Molybdän gelang dem schwedischen Chemiker Peter Jakob Hjelm (1746-1813) im Jahre 1781. Er reduzierte Molybdän(VI)-oxid mit Braunstein und Graphit und erhielt stark verunreinigtes Molybdän. 
  
Die bedeutendste Arbeit Scheeles ist das im Jahre 1777 erschienene Buch "Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer". Das Buch war aufgrund von Fehlern beim Verlag mit einer Verspätung erschienen, so dass Scheele darum fürchten musste, dass ihm Zeitgenossen wie Priestley in England oder Lavoisier in Frankreich mit ihren Veröffentlichungen über den Sauerstoff zuvorgekommen waren. Die darin beschriebenen Versuche sind zum Teil möglicherweise schon vor 1770 durchgeführt worden. In dem Buch werden zur Untersuchung der Zusammensetzung der Luft eine ganze Reihe an Experimentalanordnungen vorgestellt, die heute noch in jedem Chemieunterricht vorgeführt werden. In eine mit Wasser gefüllte Schale wird umgekehrt ein mit Luft gefüllter Kolben gestellt, in dem eine Wasserstoff- oder Kerzenflamme brennt. Es werden einfache Apparate wie Ochsenblasen zum Auffangen von Gasen beschrieben, aber keine pneumatische Wannen mit Messgefäßen zur exakten Messung der Volumina.  
  

aus Scheeles Abhandlung
 
Experimentalanordnungen zur Luftuntersuchung aus:
"Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer"
  

Die Experimente mit brennendem Wasserstoff, Phosphor, Schwefel oder Kohle im abgeschlossenen Kolben zeigen, dass beim Verbrennen ein Teil der Luft verbraucht wird. Die im Kolben zurückbleibende Luft bezeichnet Scheele als "verdorbene Luft" (heute: Stickstoff), den die Verbrennung fördernden Anteil der Luft nennt er "Feuerluft" (heute: Sauerstoff). Er nennt mehrere Möglichkeiten, wie diese Feuerluft hergestellt werden kann, beispielsweise durch das Erhitzen von Braunstein (Mangandioxid) mit konzentrierter Schwefelsäure. In weiteren Versuchen wird gezeigt, dass die Feuerluft für die Atmung von Tieren und beim Mensch von Bedeutung ist. Die dabei gebildete "Luftsäure" (heute: Kohlenstoffdioxid) wird mit Kalkwasser nachgewiesen. Exakte quantitative Bestimmungen werden dabei nicht durchgeführt, es wird lediglich geschätzt (dass ein Drittel bis ein Fünftel der Luft verbraucht wird). 

Völlig unabhängig davon entdeckte der englische Gelehrte Joseph Priestley, dass sich beim Erhitzen von Quecksilberoxid ein Gas bildete, das mit der "Feuerluft" Scheeles identisch war. Priestley nannte dieses Gas "dephlogistisierte Luft". Die Ausführungen von Scheele zum Licht, das "aus Feuerluft" und dem bei der Verbrennung entweichenden "Phlogiston" besteht, sind noch ganz mit der Phlogistontheorie behaftet und erwiesen sich als Irrweg. Erst Lavoisier konnte mit seiner Oxidationstheorie im Jahr 1789 die Vorgänge richtig deuten und die von Priestley und Scheele entdeckten Elemente als solche erkennen. Die Bezeichnung Sauerstoff geht auf Lavoisier zurück.  
     
    
Empfehlenswerte Literaturquellen

  • Lockemann, Georg: Scheele; in Günther Bugge: Das Buch der großen Chemiker, Weinheim 1929
  • Scheele, Carl Wilhelm: Chemische Abhandlung von der Luft und dem Feuer, Ostwalds Klassiker, Leipzig 1894

© Thomas Seilnacht / Benutzerhandbuch / Lizenzbestimmungen / Impressum / Datenschutz