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Jöns Jakob Freiherr von Berzelius
 
Berzelius
 
geboren am 20. August 1779 in Väversunda/Schweden
gestorben am 07. August 1848 in Stockholm

 
Lebenslauf

Berzelius studierte ab dem Jahr 1796 Medizin an der Universität Uppsala. 1807 wurde er Professor für Pharmazie und Medizin in Stockholm, ein Jahr später erlangte er die Mitgliedschaft der Königlichen Akademie der Wissenschaften und 1835 wurde er zum Baron geadelt. Entscheidend war die Berufung als Professor an das Karolinska Institutet in Stockholm im Jahre 1815, denn dort gelangen ihm die bedeutendsten Forschungsergebnisse. Im Jahre 1823 ging der junge Friedrich Wöhler für knapp ein Jahr bei Berzelius in die Lehre. Daraus entstand in der Folgezeit ein reger Austausch.  
 

Theorien und Werk

Zunächst wollte Berzelius ein Lehrbuch zur Chemie für seine Schüler schreiben. Bei dieser Arbeit stieß er auf Experimente, die der Chemiker Jeremias Benjamin Richter (1762-1807) durchgeführt hatte. Das von Richter (und auch vom Engländer William Prout) entdeckte Gesetz der konstanten chemischen Proportionen war für Berzelius Ausgangspunkt für weitere Experimente. Das Gesetz besagt, dass bestimmte Stoffportionen in einem bestimmten Verhältnis miteinander reagieren. So reagieren zum Beispiel 2g Schwefel immer mit 2g Sauerstoff zu 4g Schwefeldioxid oder mit 3g Sauerstoff zu 5g Schwefeltrioxid. Als Folge treten die Anteile der beteiligten Atome in den chemischen Verbindungen in ganz bestimmten Verhältnissen auf, so dass man die Anteile theoretisch auch vorherberechnen kann. Derartige Berechnungen mit der Annahme, dass Atome mit festen Atomgewichten existieren, waren um 1808 von John Dalton durchgeführt worden. Auch das Volumengesetz von Gay-Lussac, dass Gase stets in Volumenverhältnissen kleiner ganzer Zahlen reagieren, galt Berzelius als Grundlage.  
  
Berzelius war aber ein Empiriker und stützte seine Theorien hauptsächlich auf seine experimentellen Beobachtungen und Ergebnisse. Er führte eine Vielzahl an Analysen durch. Er verfeinerte chemische Arbeitsverfahren, die heute Standard sind, beispielweise das Trocknen im Exsikkator, der Einsatz von Filterpapieren oder das Erhitzen im Wasserbad. Im Jahre 1814 veröffentlichte er eine "Atomgewichtstabelle", in der die Atommassen von damals 43 bekannten Elementen aufgelistet waren. Gleichzeitig erschien eine Tabelle mit der chemischen Zusammensetzung von Oxiden, die Berzelius analysiert hatte. Somit konnte er die Zusammensetzung von mehr als 2000 Substanzen, die zu jener Zeit bekannt waren, bestimmen. Berzelius führte die Elementsymbole ein und entwickelte die heute gültige chemische Zeichensprache. Durch dieses System erhielt jeder Stoff eine chemische Formel und man konnte damit chemische Reaktionsgleichungen aufstellen. 
 


 
Ausschnitt aus der "Atomgewichtstabelle"
in: Berzelius, Lehrbuch der Chemie 1828

  

Bei der Bestimmung der organischen Stoffe stieß das System von Berzelius jedoch an seine Grenzen, was er selbst aufgrund der vielen Kombinationsmöglichkeiten durchaus erkannte. Für Berzelius noch sind die Stoffe der organischen Chemie diejenigen Stoffe, die von der Natur aufgebaut werden können (Anmerkung: Heute sprechen wir von der Chemie des Kohlenstoffs). Erst mit Hilfe der technischen Entwicklung der organischen Elementaranalyse durch Liebig konnte die Zusammensetzung der organischen Stoffe bestimmt werden. 
   
Berzelius konnte eine ganze Reihe an neuen Stoffen isolieren, beispielsweise das Casein oder das Fibrin und viele noch nicht bekannte Salze. Aufgrund seiner Versuche zur Elektrolyse entwickelte er die Theorie, dass Salze aus unterschiedlich geladenen Komponenten bestehen.  
   
Der schwedische Chemiker gilt als Entdecker mehrerer Elemente: Im Jahre 1817 fiel ihm im Schlamm der Bleikammern einer schwedischen Schwefelsäurefabrik in Gripsholm eine ungewöhnliche Rotfärbung auf. Durch analytische Untersuchungen des Schlamms entdeckte er das Element Selen. 1823 isolierte er das von ihm entdeckte Element Silicium aus Siliciumtetrafluorid. Ein Jahr später gelang ihm als erster die Herstellung von Zirconium durch die Reduktion von Kaliumhexafluorozirconat mit Kalium. Im Jahr 1828 fand er bei Untersuchungen des Minerals Thorit ein Oxid, aus dem er durch Reduktion des Fluorokomplexes mit Kalium das Element Thorium in unreiner Form herstellen konnte.  
   
1836 führte Berzelius den Begriff "Katalysis" bei der Oxidation von Schwefeldioxid mit glühendem Platin ein. Er erkannte, dass das Platin als zusätzlicher Stoff (als Katalysator) im Reaktionsgemisch die Reaktion einleitet: "Die katalytische Kraft scheint eigentlich darin zu bestehen, dass Körper durch ihre bloße Gegenwart, nicht durch ihre Verwandtschaft, die bei dieser Temperatur schlummernden Reaktionseigenschaften zu erwecken vermögen..." Berzelius erkannte auch die Phänome der Allotropie - dass beispielsweise vom Kohlenstoff mehrere Modifikationen existieren - und der Isomerie 
   
Berzelius' Lehrbuch zur Chemie (Lärebok i kemien) wurde in viele Sprachen übersetzt und übte großen Einfluss auf die Entwicklung der Chemie im 19. Jahrhundert aus. Von 1808 bis 1830 erschien das Werk in einer sechsbändigen, deutschsprachigen Ausgabe mit einer Übersetzung von Friedrich Wöhler. In den späteren Auflagen nach 1830 wurde eine zehnbändige Ausgabe herausgegeben. 
    
 
 Empfehlenswerte Literaturquellen
  • Berzelius, Jacob: Versuch, die bestimmten und einfachen Verhältnisse aufzufinden, Ostwalds Klassiker, Frankfurt a.M. 1998
  • Söderbaum, H.G.: Berzelius, in Günther Bugge: Das Buch der großen Chemiker, Weinheim 1929

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