zum Periodensystem
 
Erläuterungen zum Periodensystem
von Thomas Seilnacht
 
Die folgenden Erläuterungen sollen mit Hilfe der drei elementaren chemischen Grundbegriffe "Stoff", "Element" und "Atom" den Aufbau des Periodensystem unter drei verschiedenen Gesichtspunkten darstellen und erklären. Innerhalb der Erläuterungen werden weitere gebräuchliche chemische Fachbegriffe erörtert.
 
1. Der Stoffbegriff im Hinblick auf das Periodensystem  
  
Das Wasser kennen wir als Eis, Wasser oder Wasserdampf. Im reinen chemischen Sinne handelt es sich um ein oder denselben Stoff, da bei der Zufuhr von Wärme, wenn Eis schmilzt, keine Umwandlung im Grundaufbau des Stoffes stattfindet. Jedoch besitzt Eis physikalisch gesehen eine niedrigere Dichte als Wasser und unterscheidet sich damit wesentlich. Ob es sich um ein oder denselben Stoff handelt, ist somit reine Definitionssache. Wenn ein "normaler Bürger" von dem Stoff "Eis" spricht, meint er den Stoff wie er ihn leibhaftig vor sich sieht oder spürt, für ihn existieren vom Wasser durchaus verschiedene Stoffbegriffe. Die Eskimos beispielsweise kennen für das Wort Eis mindestens 10 verschiedene Wörter! Dieses Beispiel zeigt, dass Begriffe niemals als endgültig und absolut gesehen werden dürfen.
 
Eiskristalle an einem Fenster
 
Der bisherige, traditionelle Stoffbegriff der Chemie versuchte, in der Natur elementare Gesetzmäßigkeiten zu finden und sie mit Modellen zu erklären. Der chemische Stoffbegriff ist ein Kunstbegriff, der nicht den leibhaftigen Stoff meint, sondern anhand des Begriffes bestimmte Grundeigenschaften von beispielsweise Wasser herleiten möchte. Das Periodensystem ist ein Werkzeug zur Sortierung und Übersicht über eine Vielzahl derartiger Ableitungen. Es ist so angelegt, dass Elemente mit stofflich ähnlichen Eigenschaften in Gruppen aufgeteilt sind. In der Hauptgruppe I stehen alle Alkalimetalle untereinander, wobei Wasserstoff nicht zu diesen Metallen zählt. Alle Elemente der Gruppe (Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium, Cäsium) besitzen metallische Eigenschaften wie Stromleitfähigkeit oder Glanz und reagieren mehr oder weniger heftig mit Wasser und Luft. Die Elemente der Hauptgruppe VII  - die Halogene Fluor, Chlor, Brom und Iod - zeichnen sich ebenfalls durch große Reaktionsfähigkeit und Aggressivität aus. Dagegen reagieren die Elemente der VIII. Hauptgruppe (Edelgase Helium, Neon, Argon, Krypton, Xenon, Radon) kaum mit anderen Stoffen, sie gelten als sehr reaktionsträge.

Übersicht an Elementgruppen im Periodensystem

a) Hauptgruppenelemente

 
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
H
 
 
 
 
 
 
He
Li
Be
B
C
N
O
F
Ne
Na
Mg
Al
Si
P
S
Cl
Ar
K
Ca
Ga
Ge
As
Se
Br
Kr
Rb
Sr
In
Sn
Sb
Te
I
Xe
Cs
Ba
Tl
Pb
Bi
Po
At
Rn
Fr
Ra
 
Uuq
 
Uuh
 
Uuo
I. Hauptgruppe (Alkalimetalle, Ausnahme: H gehört nicht dazu!)
Lithium, Natrium, Kalium, ...            weiche Metalle, heftige Reaktion mit Wasser oder Luft

II. Hauptgruppe (Erdalkalimetalle)
Beryllium, Magnesium, Calcium,...  langsame Reaktion mit Wasser oder Luft
 
VII. Hauptgruppe (Halogene)
Fluor, Chlor, Brom, Iod                   aggressive, reaktionsfähige Elemente
 
VIII. Hauptgruppe (Edelgase)
Helium, Neon, Argon, ...                 sehr reaktionsträge Gase
 
 
b) Nebengruppenelemente
 
Sc
Ti
V
Cr
Mn
Fe
Co
Ni
Cu
Zn
Y
Zr
Nb
Mo
Tc
Ru
Rh
Pd
Ag
Cd
6
Hf
Ta
W
Re
Os
Ir
Pt
Au
Hg
7
Rf
Db
Sg
Bh
Hs
Mt
Uun
Uuu
Uub
 
6
La
Ce
Pr
Nd
Pm
Sm
Eu
Gd
Tb
Dy
Ho
Er
Tm
Yb
Lu
Lanthanoide
7
Ac
Th
Pa
U
Np
Pu
Am
Cm
Bk
Cf
Es
Fm
Md
No
Lr
Actinoide
 
Lanthanoide (Nr. 57 bis 71)
Alle Elemente sind dem Element Nr. 57 (Lanthan, La) sehr ähnlich: silberweiße, reaktionsfähige Metalle, die an feuchter Luft oxidieren und mit Wasser oder verdünnten Mineralsäuren unter Wasserstoffentwicklung reagieren. Viele Lanthanoide sind im fein verteilten Zustand pyrophor, d.h. sie entzünden sich von selbst. Alle Lanthanoide sind sehr unedel, wobei das Lutetium (Lu) das am wenigsten unedle ist.
 
Actinoide (Nr. 89 bis 103)
Alle Elemente sind dem Element Nr. 89 (Actinium, Ac), aber auch dem Lanthan sehr ähnlich: silberweiße, reaktionsfähige Metalle
 
 
2. Der Elementbegriff im Hinblick auf das Periodensystem
 

Das Periodensystem, wie wir es heute kennen, listet 118 verschiedene Stoffe auf, die im Vergleich zu den anderen Hunderttausenden von Stoffen, die heute bekannt sind oder künstlich hergestellt wurden, eine besondere Gemeinsamkeit haben. So grundverschieden wie sie sich in ihren äußerlichen Eigenschaften teilweise unterscheiden, so lassen sich alle auf etwas "Elementares" zurückführen.  
  
Dass in der Natur aus einem Stoff ein anderer werden kann, ist dem Menschen erst nach und nach bewusst geworden.  Der menschliche Körper ist ein riesiges und von der Natur genial ausgedachtes Umwandlungssystem von tausenden von Stoffen. Aus Sauerstoff und Kohlenhydraten entsteht unter Energieerzeugung Kohlendioxid und Wasser, welches die Pflanzen in der Fotosynthese wieder "zurückverwandeln" und das Kreislaufsystem vervollständigen. 
 
Gold und Gangquarz aus Australien
 
Etwas nüchterner stellt sich ein solcher Umwandlungsprozess im chemischen Labor dar: Ein Stoff wie Wasser ("chemische Verbindung") lässt sich auf chemischem Wege in zwei Stoffe, nämlich zu den Elementen Wasserstoff und Sauerstoff umwandeln. Man sagt auch "Wasser reagiert zu Wasserstoff und Sauerstoff".  Diese Produkte können chemisch nicht mehr weiter  "aufgespalten" werden, um einen weiteren Stoff im chemischen Sinne zu erhalten, es sei denn man zerstört ihre Systemstruktur und erhält die kleineren Aufbausteine, aus denen sie zusammengestzt sind, aber dann geraten wir in die Begriffswelt der Atome.  Um sie in andere Stoffe umzuwandeln, sind immer weitere Reaktionspartner notwendig. Das Element Wasserstoff benötigt beispielsweise Sauerstoff oder Stickstoff, um einen neuen Stoff bilden zu können. Ein chemisches Element ist im chemischen Sinne ein Stoff, der ohne einen Reaktionspartner nicht mehr umwandlungsfähig ist. Die 118 chemischen Elemente sind elementares "Baumaterial" zur Herstellung sämtlicher Stoffe, die wir heute kennen. Interessanterweise kommen die meisten Elemente in der Natur nur sehr selten elementar vor, sondern meistens ihre Bauprodukte, die chemischen Verbindungen (vgl. die Mineraliengalerie).
 
Damit das Periodensystem international verständlich ist, werden die Elementbezeichnungen in chemischen Symbolen angegeben. Die Symbole und Namen leiten sich von griechischen und lateinischen Wörtern ab:
 
Nr
Symbol
deutscher Name
englischer Name
Bedeutung/Herkunft
1
H
Wasserstoff
hydrogen
hydrogenium (lat. "Wasserbildner")
2
He
Helium
helium
helios (griech. "die Sonne")
3
Li
Lithium
lithium
lithos (griech. "der Stein")
4
Be
Beryllium
beryllium
nach dem Edelstein Beryll
5
B
Bor
boron
boron (lat.)
6
C
Kohlenstoff
carbon
carbo (lat. "Kohle")
7
N
Stickstoff
nitrogen
nitrogenium (lat. "Salpeterbildner")
8
O
Sauerstoff
oxygen
oxygenium (lat. "Säurebildner")
9
F
Fluor
fluorine
fluere (lat "fließen")
10
Ne
Neon
neon
neos (gr. "neu")
 
 
3. Der Atombegriff im Hinblick auf das Periodensystem
 
Im Menschen sind durchschnittlich folgende Stoffe enthalten:

40 Liter Wasser, 7 kg Fett, 8 kg Eiweiß, 2 kg Kalk, 200 g Traubenzucker, 100g Kochsalz, Mineralstoffe und Enzyme

Es wird aber wohl niemand behaupten, dass die Summe oder die Mischung dieser Stoffe ein menschliches Wesen ergeben. Erst wenn diese Stoffe in einem komplizierten System von Molekülen, Zellen und Organen lebendig miteinander in Beziehung treten, entsteht ein Lebewesen. Das Schaubild zeigt, wie die einzelnen Systemebenen nach ihrer Komplexität zusammenhängen: Atome bilden Moleküle. Moleküle bilden Zellen, Zellen bilden Organe, usw.. Unsere Welt ist ein verschachteltes System von Systemen:
 

 
 
Atome sind in unserer Vorstellung sehr kleine, grundsätzlich nicht wahrnehmbare Untersysteme der stofflichen und sichtbaren Materie. Sie haben keine einheitliche Form und können sich wie eine Wolke relativ schnell verändern. Ein wesentliches Merkmal von Untersystemen (z.B. Atome) ist ihre völlige Verschiedenartigkeit zu den Obersystemen (z.B. sichtbarer Stoff), in welche sie eingebaut sind. So kann ein sichtbarer Stoff für unser Auge farbig erscheinen, dessen Atome weisen aber überhaupt keine Merkmale auf, welche mit Farbe zu tun haben. Die Farbe ergibt sich erst aus dem Zusammenwirken vieler Systemglieder.
 
Ähnlich wie die Elemente Aufbausteine für die Welt der Stoffe darstellen, sind die Atome für die individuelle Existenz der 118 Elemente verantwortlich. Die Atome wiederum sind aus noch kleineren Aufbausteinen, den sogenannten Elementarteilchen aufgebaut:
 
Name
Abkürzung (Ladung)
Ort
Ruhemasse
Proton
p+
Atomkern
 1,6724 x 10-24g
Neutron
n (keine)
Atomkern
 1,6748 x 10-24g
Elektron
e-
Atomhülle
9,109 x 10-28g
 
 
Auch den Atombegriff der Chemie müssen wir als Kunstbegriff ansehen, denn wie ein Atom in Wirklichkeit aussieht, kann niemals genau vorhergesagt werden. Als sicher gilt jedoch: Die Art wie die Elementarteilchen miteinander verknüpft sind, bildet ein System verschiedenartiger Atome. Im Periodensystem sind die Elemente in aufsteigender Reihenfolge nach der Zahl ihrer Protonen in den jeweils einzelnen Atomen geordnet. Das Element Nr. 1, Wasserstoff, mit der Ordnungszahl 1, besitzt demnach 1 Proton, das Element Nr, 2, Helium 2 Protonen, usw.. Die positive Ladung der Protonen im Atomkern wird durch die negative Ladung der Elektronen ausgeglichen. Das Element Nr. 1 besitzt immer 1 Proton und 1 Elektron, es gilt:
 
Ordnungszahl = Protonenzahl = Elektronenzahl.
 
Zur besseren Übersicht wurden die Zahlen der Elementarteilchen links neben die einzelnen Elementsymbolen geschrieben. Die Zahl links nach unten versetzt gibt gleichzeitig die Ordnungszahl, die Protonenzahl und die Elektronenzahl des jeweilgen Atoms an. Ein C-Atom besitzt 6 Protonen im Atomkern und 6 Elektronen in der Atomhülle.
 
Die Zahl links nach oben versetzt wird auch als Massezahl bezeichnet. Sie gibt an, wie schwer ein Atom des jeweiligen Elements ist. Da die Elektronen im Vergleich zu den Kernteilchen eine verschwindend geringe Masse besitzen, können sie vernachlässigt werden. Daher gilt:
 
Massezahl - Protonenzahl = Neutronenzahl
 
Oft schreibt man auch nur die Massezahl rechts neben ein Elementsymbol, z.B. C-12 für das Element Kohlenstoff. Mit aufsteigender Reihenfolge der Elemente im Periodensystem nimmt die Masse ihrer Atome zu. Aus der Massezahl kann die Masse in Gramm eines Atoms errechnet werden. Sie ist aber gleichzeitig in der Chemie eine neue Maßeinheit (u = unit), mit deren Hilfe der Chemiker chemisch rechnen kann. Es gilt:
 
1 u = 0,000 000 000 000 000 000 000 001 660 Gramm, 
das entspricht einem Zwölftel der Masse eines Kohlenstoffatoms. 
Das Kohlenstoffatom besitzt demnach in der unit-Einheit eine Masse von 
12u  (=1,66 x 1/1024 Gramm).
 
Diese Zahl steht auch als Massezahl neben dem Elementsymbol von Kohlenstoff. Meistens wird aber im Periodensystem als Massezahl eine Zahl mit Kommastellen angegeben. Dies ist dann der Fall, wenn das in der Natur vorkommende Element in einer Mischung von zwei verschiedenen Atomsorten vorkommt. Die beiden Atomsorten besitzen zwar immer gleich viele Protonen im Kern, sie unterscheiden sich jedoch in ihrer Neutronenzahl. In diesem Fall spricht man von zwei verschiedenen Isotopen (Nukliden) eines Elements, die Kommastelle gibt den Durchschnittswert der beiden Isotope an. Das Element Kalium (mit der Massezahl 39,1) kommt in der Natur aus einem Atomgemisch dreier verschiedener Isotope mit folgenden Prozentanteilen vor:
 
natürliches Kalium  =  Mischung aus 90% K-39 und 10% K-40 und K-41
 
Die Zahl 39,1 ist eine Durchschnittszahl, die prozentual aus den vorkommenden natürlichen Isotopen gebildet wird. In der Natur kommen nicht alle Isotope der Elemente vor. Diese künstlich hergestellten Radioisotope (Radionuklide) sind radioaktiv, d.h. die Atome zerfallen nach und nach und wandeln sich in andere Elemente um. Die Halbwertszeit gibt den radioaktiven Zerfall an: Beträgt die Halbwertszeit von radioaktivem Plutonium-244 70 Millionen Jahre, dann sind erst nach dieser Zeit die Hälfte der Atome zerfallen. Andere Radionuklide besitzen eine sehr kurze Halbwertszeit, die nur wenige Minuten beträgt. Diese sind bei Atomversuchen oder bei Abfällen aus Kernkraftwerken weniger problematisch.